Der Bundesrat hat am Freitag den Weg für die umstrittene Krankenhausreform ermöglicht. Das Vorhaben von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stand auf der Kippe. Erst eine uneinheitliche Stimmabgabe des Landes Thüringen ermöglichte das Gesetz.
Am Freitag überschlugen sich die Ereignisse in der Länderkammer. Es war die erste Sitzung von Anke Rehlinger (SPD) aus dem Saarland als Bundesratspräsidentin. In ihrer Eröffnungsrede betonte sie, wie wichtig der Zusammenhalt der Länder sei: "Hüten wir uns also alle miteinander vor der Versuchung, unsere Länderinteressen parteipolitisch einzufärben."
Entlassung im Flur
Im Flur des Bundesrates spielten sich andere Szenen ab. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) entließ dort seine Gesundheitsministerin. Ursula Nonnemacher (Grüne) bekam ihre Entlassungsurkunde noch in der laufenden Sitzung. Sie wollte nicht den Vermittlungsausschuss anrufen. Das hätte die künftige Koalition zwischen SPD und BSW in Brandenburg gefährdet. "Ich bedauere diesen Tiefpunkt der politischen Kultur", sagte ehemalige Gesundheitsministerin der Grünen in Potsdam, die ohnehin in wenigen Tagen aus dem Amt geschieden wäre.

Dietmar Woidke (links) entlässt die Gesundheitsministerin (rechts) während der Bundesratssitzung. Ursula Nonnemacher: ”Ich bedauere diesen Tiefpunkt der politischen Kultur.”
Die Abstimmung in der Länderkammer stand bis zu ihrem Ende auf der Kippe. Bayern beantragte, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Die Ressortchefin Judith Gerlach (CSU) warnte, dass bereits viele Kliniken in akuter Not seien. Der Bund hätte anstelle der Krankenhausreform ein Soforthilfeprogramm vorlegen müssen, so Gerlach.
Die Ländervertreter waren sich uneins, ob Lauterbachs Prestigeprojekt seine Ziele erreichen kann. Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister, Karl-Josef Laumann (CDU), sagte: "Wir brauchen diese Reform, aber es gibt nach wie vor Punkte, die unbedingt nachgebessert werden müssen." Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) warnte davor, dass die Reform die Unterschiede zwischen Ost und West noch weiter verschärfe. Die ostdeutschen Bundesländer haben "eine überdurchschnittlich alternde Bevölkerung und einen ausgeprägten Fachkräftemangel". Bis zur Abstimmung war unklar, ob der Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses eine Mehrheit erreicht.
Der niedersächsische Minister Andreas Philippi (SPD) sagte, dass die Anrufung des Vermittlungsausschusses gleichzeitig bedeute, dass die Reform "politisch tot" sei. Die Bremer Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) wies auf die Konsequenzen auf die Kliniken in Deutschland hin. "Die finanzielle Unterstützung unserer Krankenhäuser und Beschäftigten würde wegfallen", sagt Bernhard.
Die Abstimmung war knapp. Sechs Länder, darunter Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg, sprachen sich für den Vermittlungsausschuss aus. Sechs Länder stimmten dagegen, drei Bundesländer enthielten sich. Die Einberufung des Vermittlungsausschusses scheiterte an Thüringens uneinheitlicher Stimmabgabe. Der Staatskanzleichef Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) stimmte für den Vermittlungsausschuss. Der Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) widersprach dem.
Das Grundgesetz sieht vor, dass jedes Land im Bundesrat seine Stimmen nur einheitlich abgeben darf. Die Landesregierungen müssen sich also im Vorhinein einigen. Bei unterschiedlichem Stimmverhalten ist die Stimme des Landes ungültig.
Bundestag stimmte dem Gesetz bereits zu
Bremer Senatorin Bernhard ist froh, "dass der Vermittlungsausschuss jetzt nicht angerufen wurde". Bremen war von Anfang an für eine Krankenhausreform. "Wir werden Konzentrationen vornehmen und Kooperationen zwischen den Häusern fördern", sagt Bernhard. "Für Bremen ist eine solche Reform auch einfacher, da relativ viele Krankenhäuser in unmittelbarer Nähe sind." Insofern seien Kooperationen einfacher. "Auf der anderen Seite werden wir auch Verlagerungen vornehmen, insbesondere bei einem städtischen Träger passierte das ja schon", sagt die 63-Jährige.
Dem stimmte auch Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) zu. "Wenn wir heute das Gesetz blockiert hätten, hätte uns ein jahrelanger Reformstau gedroht." Das wäre sowohl für die Krankenhäuser, als auch für die Patientinnen und Patienten schlecht. "Im Sinne einer bestmöglichen Gesundheitsversorgung müssen wir die Kliniken stark machen, die sich auf Fachgebiete spezialisiert haben."
Auch Sarah Ryglewski (SPD) begrüßt das Gesetz. "Mit der Reform ebnen wir den Weg für die Modernisierung der Krankenhauslandschaft und für eine bessere Versorgung unserer Bevölkerung", sagt die Staatsministerin aus Bremen. Damit könne "die Behandlungsqualität erhöht, Krankenhäuser in ländlichen Gebieten gesichert, Bürokratie abgebaut und die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten verbessert werden".
Der Bundestag stimmte bereits im Oktober für die Gesetzespläne. Das Gesetz tritt zum Januar 2025 in Kraft. Es dürfte jedoch noch einige Jahre dauern, bis Bremerinnen und Bremer die Strukturen zu spüren bekommen, sagte Bernhard. Die neue Struktur soll erst über mehrere Jahre bis 2029 umgesetzt werden.