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Ampel-Aus Kontra: Erst die Partei, dann das Land

Selbst wenn sich das vorzeitige Ende angedeutet hatte: In diesen schwierigen Zeiten war es unnötig und verantwortungslos, alles hinzuwerfen. Das schürt die Verunsicherung der Bevölkerung, meint Silke Hellwig.
07.11.2024, 21:58 Uhr
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Kontra: Erst die Partei, dann das Land
Von Silke Hellwig

Erst das Land, dann die Partei.“ Das Willy Brandt zugeschriebene Zitat ist in den vergangenen Jahrzehnten häufig bemüht worden, das ändert aber nichts an seinem wahren Kern. Im Falle der Ampelkoalition hätte man es erweitern müssen in: Erst das krisengeschüttelte Land und seine verunsicherte Gesellschaft, dann ganz lange nichts, dann die Partei und noch viel später die Person.

Wenn die Koalitionäre sich ernsthafter unter diesen Vorzeichen in den Dienst ihres verantwortungsvollen Amts gestellt hätten, wäre die Ampelregierung erst gar nicht zustande gekommen oder viele Streitereien wären unterblieben. Denn von Anfang an war klar: Eine Konstellation aus Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen wird eine Herausforderung, die nur mit äußerster politischer und persönlicher Disziplin zu bewältigen ist.

Keiner der drei Partner aber war zu solcher Teamarbeit wirklich in der Lage, von den Koalitionsverhandlungen abgesehen. Alle drei sahen sich dazu verdammt, ihre Klientel zunächst gut zu bedienen, um Zweifel an dem Bündnis zu zerstreuen. Als sich innerhalb der Partner mehr und mehr Differenzen auftaten, wurde aus Kalkül, mit Blick auf das Ende der Wahlperiode, um tatsächliche und potenzielle Wähler geworben. Wer mit dem ausgestreckten Finger auf FDP-Chef Christian Lindner zeigt, zeigt zwar auf den Richtigen, aber nur auf einen der Verantwortlichen. Alle Spitzen der Regierungsparteien haben sich aneinander abgearbeitet, um ihrer Profilierung willen. Wenn ganz neue und sehr bunte Bündnisse als Brandmauer gegen die AfD notwendig sind, werden Wählerinnen und Wähler doch wohl erwarten können, dass sich SPD, Grüne und FDP in großen Fragen zusammenraufen.

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Es war ein Ende mit Ansage, aber das Bündnis ausgerechnet in einer bundes- und weltpolitisch äußerst heiklen Phase platzen zu lassen, nur zehn Monate vor seinem natürlichen Ende, war verantwortungslos. Wer dem Bündnis attestiert, durch etliche Konflikte gelähmt gewesen zu sein, kann nicht ernsthaft glauben, dass es jetzt zügiger vorangeht. Etwa weil der Kanzler CDU-Chef Friedrich Merz generös die Zusammenarbeit in einer Art inoffizieller Großer Koalition angeboten hat? Lächerlich. Merz wäre nicht Merz, wenn er sich so billig vor den Karren der SPD spannen ließe. Schließlich will er Scholz beerben.

Von diesem Desaster, so steht zu ­befürchten, werden bei den Neuwahlen die politischen Ränder profitieren. ­Damit hätten die Ampelkoalitionäre dem Land erst recht einen Bärendienst erwiesen.

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