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Auswahl-Wehrpflicht Die Pflicht zum Fragebogen

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius plant die Einführung einer Auswahl-Wehrpflicht. Ein Fragebogen soll dabei helfen, Interessierte für den Dienst zu gewinnen. Das schwedische Modell dient als Vorbild.
12.06.2024, 21:04 Uhr
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Die Pflicht zum Fragebogen
Von Markus Peters

Das schwedische Modell macht Schule: Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will mit dem Modell der Auswahlwehrpflicht die ausgesetzte Erfassung von Wehrfähigen wieder aufbauen und die Zahl der Grundwehrdienstleistenden erhöhen. Zunächst sollen etwa 5000 bis 7000 junge Frauen und Männer pro Jahr zusätzlich für den Dienst in der Truppe gewonnen werden. Die Zahl soll sich aber schnell erhöhen.

Dazu sollen künftig alle jungen Männer und Frauen einen Online-Fragebogen zugestellt bekommen, in dem die Interessen und Fähigkeiten der jungen Menschen abgefragt werden. Während die jungen Männer den Fragebogen verpflichtend ausfüllen müssen, ist eine Rückantwort bei jungen Frauen freiwillig, da sie nach dem Grundgesetz noch nicht zum Dienst an der Waffe herangezogen werden dürfen. Von den etwa 400.000 jungen Männern und 300.000 jungen Frauen aus dem Jahrgang sollen dann etwa 40.000 Interessierte zur Musterung eingeladen werden, die ebenfalls nur für Männer verpflichtend sei. Wo diese stattfinden soll, ist noch nicht abschließend geklärt. Fest steht: "Zum alten System der Kreiswehrersatzämter werden wir nicht zurückkehren", so Pistorius.

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Sollten sich die Interessierten dann als geeignet erweisen, macht die Bundeswehr ihnen ein entsprechendes Angebot. Pistorius geht davon aus, dass zumindest kurz- und mittelfristig ausreichend Freiwillige für den Grundwehrdienst zur Verfügung stehen werden. Nach einem ähnlichen Modell rekrutiert das skandinavische Land seit dem Jahr 2018 etwa 10.000 Frauen und Männer, was nicht einmal zehn Prozent des jeweiligen Jahrgangs entspricht.

Die Dauer dieses künftigen Grundwehrdienstes in Deutschland soll sechs bis 23 Monate betragen. "Für den einfachen Gewehrträger, der später im Verteidigungsfall im Heimatschutz eingesetzt werden könnte, reichen sechs Monate aus", so Pistorius. Wer länger bleibt, kann auch zusätzliche Qualifikationen bei der Bundeswehr erwerben, zum Beispiel einen Führerschein machen, Panzer fahren oder aber in der Informationstechnik eingesetzt werden. Die Entlohnung wird je nach persönlicher Lebenssituation zwischen 1683 Euro und 2197 Euro netto liegen. Wer sich länger als sechs Monate verpflichtet, kann zusätzlich auf eine Prämie hoffen. Insgesamt rechnet der Minister mit Kosten von 1,4 Milliarden Euro ab 2026, die wegen des Grundwehrdienstes auf die Bundeswehr zukommen werden.

Röwekamp: Schritt in die richtige Richtung

"Das ist ein Schritt in die richtige Richtung", bewertete der Bremer CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Röwekamp die Vorschläge des Verteidigungsministers, "aber ein zu kleiner Schritt. Ich hätte mir mehr Mut gewünscht. Insbesondere was die Einbeziehung junger Frauen angeht. Die erforderliche Grundgesetzänderung wäre mit der CDU schnell möglich gewesen." Pistorius wollte diesen Schritt aber nach eigenem Bekunden vor der Bundestagswahl nicht mehr gehen, um keine zusätzliche Zeit zu verlieren.

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"Ich glaube, es liegt eher an den Ampelparteien", sagt Röwekamp, der auch Mitglied im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestags ist. Speziell bei der FDP, aber auch bei den Grünen und der SPD gebe es erhebliche Bedenken bei der Einführung von verpflichtenden Elementen. Die CDU hat sich bekanntlich auf ihrem jüngsten Parteitag im Mai in Berlin für die Einführung einer Wehrpflicht ausgesprochen, die in eine allgemeine Dienstpflicht übergehen soll. Röwekamp: "Ich gehe davon aus, dass wir diese Debatte jetzt führen werden und dass dieses Thema in der nächsten Legislaturperiode auf uns zukommen wird."

Wann der erste Jahrgang angeschrieben wird, ist noch unklar. Bisher geht der Minister davon aus, dass im Herbst ein erster Referentenentwurf des Wehrpflichtgesetzes auf den Weg gebracht wird, der vor der Sommerpause 2025 endgültig verabschiedet werden könnte. Demnach dürften die männlichen Jahrgänge 2007/2008 die Ersten sein, die einen Fragebogen ausfüllen müssten.

Fast 200.000 Reservisten fehlen

Derzeit verfügt die Bundeswehr über 181.000 Soldaten und 60.000 Reservisten. Die Zielgröße, die künftig erreicht werden soll, liegt bei 203.000 Soldaten und bei 257.000 Reservisten. Pistorius wies darauf hin, dass die Grundwehrdienstleistenden nicht in erster Linie dazu da seien, die fehlenden 22.000 festen Soldaten zu ersetzen. "An dieser Stelle brauchen wir spezialisiertere Kräfte", so Pistorius, die bestenfalls aus vorherigen Grundwehrdienstleistenden gewonnen werden könnten. Die seien aber dazu da, bis 2030 die Zahl der Reservisten zu erhöhen.

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Angeschrieben werden sollen auch ehemalige Reservisten. Entsetzt äußerte sich Pistorius über die Tatsache, dass in der Vergangenheit sowohl Wehrerfassung als auch Wehrüberwachung eingestellt wurde. Dennoch wolle man in Zusammenarbeit mit dem Reservistenverband ehemalige Soldatinnen und Soldaten ansprechen und dafür werben, sie wieder in die Reserve aufzunehmen, um für den Verteidigungsfall eine entsprechende Stärke zu haben, so Pistorius. Denn: "Deutschland muss kriegstüchtig werden, um zusammen mit den Nato-Verbündeten glaubhaft abschrecken zu können."

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