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Bremen Millionen-Streit um Kellogg-Gelände

Das Kellogg-Areal in Bremen: 15 Hektar in bester Lage, die Begehrlichkeiten wecken, seitdem klar ist, dass die Cerealien-Firma den Standort aufgibt. Doch es tun sich immer mehr Probleme auf.
21.07.2017, 22:31 Uhr
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Von Maren Beneke Jürgen Hinrichs

Die Stadt will das Gelände direkt an der Weser in Gänze kaufen und dort eine neue Entwicklung anstoßen. Doch auf dem ohnehin schwierigen Weg dahin tun sich ungeahnte Probleme auf. Eines davon: Für einen Teil der Fläche hat der benachbarte Windpark-Entwickler WPD ein Vorkaufsrecht.

Das Unternehmen will dieses Recht ausüben, wie es gegenüber dem WESER-KURIER erklärte. Bremen hätte demnach keine Chance, das komplette Areal in Besitz zu nehmen. Der Plan wäre gescheitert, ohne richtig in Gang gekommen zu sein. „Es besteht ein Vorkaufsrecht, und wir gedenken, es auszuüben“, sagte WPD-Sprecher Christian Schnibbe.

Wie groß die Fläche ist, um die es geht, wollte er nicht verraten. Sein Unternehmen könnte kaufen und später, wenn die Umgebung interessant und teuer geworden ist, zu einem saftigen Aufpreis wieder verkaufen – doch das ist offenbar nicht die Absicht. Schnibbe: „Wir würden selbst eine Nutzung anstreben.“

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Die Bremer Wirtschaftsbehörde hat auf Anfrage noch einmal betont, sich nicht mit Teilflächen zufriedenzugeben. „Wir wollen alles“, sagte eine Behördensprecherin. Kellogg habe erklärt, grundsätzlich bereit zu sein, den Handel mit der Stadt abzuschließen.

Am Vorkaufsrecht von WPD kommen die US-Amerikaner aber nicht vorbei. Für August strebt die Wirtschaftsbehörde ein Gespräch mit WPD an. Bremen besitzt auf dem Gelände ebenfalls ein Vorkaufsrecht – 3,5 Hektar im ersten Zugriff der Stadt.

Wohnungsbebauung ließe sich zurzeit nicht realisieren

Die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) hatte Geoinformation Bremen im Februar mit Berechnungen beauftragt, wie hoch der Wert des gesamten Kellogg-Geländes ist. Geoinformation ist als Landesamt etwa für die Bewertung von Immobilien zuständig. Die Behörde kommt beim Grundstückswert auf einen Betrag von gut 17 Millionen Euro.

Zugrunde gelegt hat Geoinformation einen Vergleichspreis von benachbartem Gelände, wo der Bodenwert im Schnitt bei 180 Euro pro Quadratmeter liegt. Die WFB hat laut Gutachten, das dem ­WESER-KURIER vorliegt, von Geoinformation auch wissen wollen, wie viel das Grundstück wert wäre, wenn dort Wohnungen gebaut würden.

Die Antwort ist eindeutig: Diese Berechnung sei „zurzeit noch hypothetisch, da sich eine Wohnbebauung weder nach dem geltenden Recht noch nach den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten aufgrund benachbarter Gewerbebetriebe etc. realisieren ließe“.

Werte taugen offenbar nicht als Verhandlungsgrundlage

Dennoch wurden Werte ermittelt: Vermarktbar wären demnach fast zehn Hektar, der durchschnittliche Bodenwert würde bei 550 Euro pro Quadratmeter liegen. Weil allerdings Zinsen und Kosten für die Erschließung, die Bodenaufbereitung und den Hochwasserschutz anfallen würden, kommt Geoinformation unterm Strich auf gut 18,6 Millionen Euro.

Das sind die Werte, die von den Experten aufgerufen werden, doch taugen sie tatsächlich als Verhandlungsgrundlage? Offenbar nicht, wie sich jetzt herausstellt. Sowohl die WFB als auch Kellogg und das Immobilienunternehmen Robert C. Spies, das im Auftrag der Amerikaner die Gespräche führt, zweifeln die Wertempfehlung von Geoinformation an.

Das Ergebnis bedürfe in einigen Punkten einer deutlichen Präzisierung, heißt es aktuell von allen drei Seiten. Die Verhandlungen stehen unter dem Druck, dass sie binnen sechs Monaten abgeschlossen sein müssen. Nach einer im Juni getroffenen gemeinsamen Entscheidung der Bremer Deputationen für Wirtschaft und Bau sollen für den Fall, dass bis zum Jahresende keine Einigung über den Kauf des Grundstücks erzielt wurde, baurechtliche Zwangsmittel geprüft werden.

Übergeordnetes Interesse des Gemeinwohls

Juristisch ist eine sogenannte städtebauliche Entwicklungsmaßnahme, die einer Enteignung gleichkäme, sehr umstritten. Der frühere Justizstaatsrat Matthias Stauch kommt in einem Gutachten aus dem März – da war Stauch noch im Amt – zu dem Schluss, dass eine solche Maßnahme gar nicht möglich ist. Voraussetzung wäre ein übergeordnetes Interesse des Gemeinwohls, heißt es in dem Papier, das dem WESER-KURIER vorliegt.

Was die Deputationen im Juni verabschiedet hätten, lasse jedoch, so wörtlich, „die Gemeinwohlzwecke für das in Aussicht genommene Gebiet nicht erkennen“. Die Baubehörde hat darauf am Freitag reagiert: „Unsere Verwaltungsjuristen sind anderer Auffassung. Außerdem gibt es einen Beschluss der Deputationen“, erklärte Behördensprecher Jens Tittmann.

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