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Kommentar über die Rolle der SPD Nichts schönreden

Würde sich die SPD schönreden, was sie bereits 2015 im Grundsatz ablehnte, wäre das ein Kotau. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für ein kraftvolles Signal an die Union, schreibt Hans-Ulrich Brandt.
03.07.2018, 20:50 Uhr
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Nichts schönreden
Von Hans-Ulrich Brandt

Martin Schulz hat allen Grund, sich in der Tagespolitik zurückzumelden. Einmal geht es ihm um das, was er, wäre er SPD-Chef geblieben und Außenminister geworden, ins Zentrum seiner Arbeit gestellt hätte: die Stärkung Europas. Diesen Grundkonsens sieht Schulz in Gefahr, „zerhackt“ von der CSU. Er legt den Finger in eine tiefe Wunde, an der Angela Merkel noch lange wird herumdoktern müssen.

Auch deshalb, weil die Kanzlerin selbst viel zum Niedergang der EU beigetragen hat. Und es geht Schulz um die Verteidigung der Würde der SPD, wenn er der Union deutlich macht, dass sich seine Partei nicht von ein „paar Durchgeknallten“ vorschreiben lässt, mal eben einen Blankoscheck auf den von CDU und CSU ausgekungelten Flüchtlingskompromiss auszustellen.

Schulz' Machtwort kommt zur rechten Zeit, ungewöhnlich ist nur der Absender. Der neuen Parteichefin Andrea Nahles hätte es besser angestanden, Klartext in Richtung Union zu sprechen. Doch sie bleibt unerklärlich defensiv; Olaf Scholz, der starke Mann an ihrer Seite, ohnehin.

Immerhin: Parteivize Ralf Stegner kündigt an, die SPD werde nicht „auf Zuruf übers Stöckchen springen“. Sollte sie auch nicht, wenn sie noch Prinzipien hat. Sollte sie erst recht nicht, wenn sie einlösen will, was Stegner in die griffige Formel fasst: „Die SPD ist der seriöse Teil in der Bundesregierung“. Das klingt in diesen Chaoswochen zwar glaubwürdig, kann aber zur Lachnummer umschlagen, wenn die SPD das nicht schnell unter Beweis stellt.

So zu tun, als seien sie die Guten und der Schwesternstreit ginge sie nichts an, ist die falsche Taktik. Man kann zu Horst Seehofers ständigen Ultimaten stehen, wie man will: Im Ergebnis hat er Merkels Richtlinienkompetenz kassiert. Der SPD würde es gut anstehen, der Union ebenfalls mal lästig zu fallen, und – nach ausführlicher Prüfung – auch vor dem Einkassieren dieses Verlegenheitskompromisses nicht zurückzuschrecken.

Würde sich die SPD schön reden, was sie bereits 2015 im Grundsatz ablehnte, wäre das ein Kotau. Sicherlich, ohne Zugeständnisse funktioniert Politik nicht. Doch um von den selbstverliebten Koalitionsschwestern ernst genommen zu werden, braucht es ab und an kraftvolle Signale. Jetzt ist dafür der richtige Zeitpunkt.

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