Droht jetzt auch noch der Weihnachtsruhe in Niedersachsen das Aus? Beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg liegt bereits der nächste Eilantrag gegen die Corona-Verordnung des Landes. Eine Privatperson wendet sich darin nach Informationen des WESER-KURIER gegen die Einschränkungen durch das pauschale Ausrufen der Warnstufe 3 zwischen dem 24. Dezember und 2. Januar unabhängig von den jeweiligen Indikatoren. Dadurch gelten zu den Feiertagen strengere Kontaktregeln sowie die durchgängige Pflicht zum Tragen einer FFP-2-Maske. Diskotheken müssen schließen, größere Partys und Tanzveranstaltungen sind verboten. Der 13. Senat des OVG werde in der nächsten Woche darüber entscheiden, kündigte Gerichtssprecher Heiko Leitsch an.
Sorge vor Einkaufstourismus
Erst am Donnerstag hatten die Lüneburger Richter die 2G-Regel für den Einzelhandel als ungeeignet und ungerecht gekippt. Das Zutrittsverbot für Kunden ohne Impf- oder Genesenennachweis sei für den Infektionsschutz nicht erforderlich und benachteilige wegen der vielen Ausnahmen bestimmte Branchen, befand das OVG und gab damit einer Kaufhauskette Recht. Man sehe diese Entscheidung angesichts der Gefahren durch die Omikron-Variante mit Sorge, erklärte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Freitag. In allen anderen Ländern gelte 2G weiter. „Ich hoffe nicht, dass das zu einem Einkaufstourismus der besonderen Art führt, weil ungeimpfte Menschen in Niedersachsen shoppen gehen können.“
FFP2-Maskenpflicht beim Einkaufen
Gleichwohl werde man den OVG-Beschluss respektieren und umsetzen. Dabei seien aber auch neue Corona-Auflagen für Geschäfte denkbar, kündigte der Regierungschef an. „Ich kann ausschließen, dass es so weitergeht wie bisher nur ohne 2G.“ Im Gespräch ist eine durchgängige FFP2-Maskenpflicht beim Einkaufen. Dann wären – wie schon jetzt im öffentlichen Nahverkehr – die einfachen medizinischen Masken im Einzelhandel nicht mehr erlaubt. In ihrer Entscheidung hatten die Lüneburger Richter ausdrücklich auf diese Möglichkeit hingewiesen. Eine 3G-Vorschrift, also Zutritt auch mit Negativtest, spielt bei den Überlegungen der Regierung in Hannover ebenfalls eine Rolle.
Laut Regierungssprecherin Anke Pörksen soll bereits am diesen Sonnabend der Koalitionsausschuss von SPD und CDU über neue Shopping-Auflagen beraten. „Ich bin zuversichtlich, dass wir dann in der ersten Hälfte der nächsten Woche eine geänderte Verordnung haben werden.“ Bei dem OVG-Beschluss sei es vor allem um die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen gegangen. „Es ist nicht so, dass wir da etwas Veritables falsch gemacht hätten, was man jetzt korrigieren könnte.“ Dass die Landesregierung im Lichte der Lüneburger Entscheidung jetzt die 2G-Regel auch für andere Bereiche, etwa für die Gastronomie lockern könne, schloss Pörksen mit Blick auf die hohen Ansteckungszahlen aus. „Dafür sehen wir keinen Anlass. Das würden wir freiwillig nicht tun.“
Lauterbach kritisiert Urteil
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) übte bei einer Impfaktion für Kinder im Zoo Hannover ebenfalls leichte Kritik an dem OVG-Beschluss. Es mache weder epidemiologisch noch gesundheitspolitisch Sinn, auf den Schutz der 2G-Regel zu verzichten. Am Vortag hatte Niedersachsens Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) an Einzelhändler appelliert, im Rahmen ihres Hausrechts den Zugang zu ihren Geschäften zu regulieren oder zumindest für Hygienemaßnahmen und ausreichende Abstände zu sorgen. Auch die Kunden sollten jetzt die notwendige Vorsicht walten lassen, bat die Ressortchefin.
Die Branche forderte allerdings, den Ausschluss von ungeimpften Kunden in ganz Deutschland aufzuheben. „Andere Landesregierungen müssen jetzt nachziehen, die geltenden Verordnungen überarbeiten, 2G im Handel hinter sich lassen und sich gemeinsam für eine bundesweite Lösung einsetzen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland, Stefan Genth. Am Vortag hatte bereits der Bremer Einzelhandel die Abschaffung von 2G in den Geschäften der Hansestadt verlangt. Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) hatte dagegen erklärt, vorerst daran festhalten zu wollen. Auch die Länder Hessen und Sachsen äußerten sich so. In Schleswig-Holstein hatte vor wenigen Tagen das dortige OVG die 2G-Regel im Handel für rechtens befunden.