Die Zahl der Wähler bei Europawahlen ist seit dem ersten direkten Urnengang 1979 massiv zurückgegangen. Daran hat auch die 2014 eingeführte Spitzenkandidatur kaum etwas geändert. Doch es wäre fatal, diesen Wandel hin zu mehr Demokratie rückgängig zu machen. Denn für die EU-Bürger ist nicht nachvollziehbar, warum sie keinen Einfluss darauf haben sollen, wer später an der Spitze der mächtigen EU-Kommission sitzt. Dass deren Präsident Jean-Claude Juncker sie nun noch mächtiger machen will, spricht umso mehr dafür, die Spitzenkandidaturen beizubehalten.
Eine Personalunion aus Kommissionschef und Ratspräsident indes dürfte ein Traum Junckers bleiben. Denn wenn der Spitzenjob auch noch auf die Leitung der Gipfeltreffen ausgeweitet würde, wäre die Unabhängigkeit der beiden Institutionen passé. Darauf werden sich die Mitgliedsstaaten kaum einlassen – zu Recht.
Juncker gießt mit dem Traum einer Personalunion Öl ins Feuer und schürt die Angst der Regierungen, in der EU Macht einzubüßen. Reformen in der EU mussten schon immer mit Bedacht vorangetrieben werden. Ihr Urgestein Juncker sollte das eigentlich wissen.