Wie alle SPD-Finanzminister vor ihm, darunter Karl Schiller, Helmut Schmidt und – als der am längsten amtierende – Hans Eichel ist er das Amt pragmatisch angegangen. Das galt nicht zuletzt für den Grundansatz dieser Regierung in der Haushaltspolitik: Die schwarze Null galt auch unter Scholz als Richtschnur. Aber was hätte er sonst tun können angesichts der Haushaltsüberschüsse, die seine beiden Anfangsjahre prägten? Es war mehr Geld da, als man ausgeben konnte. Eine zügige und breite Steuersenkung – vor allem über die Abschaffung des Solidaritätszuschlags – hatten weder Union noch SPD im Sinn. Die Politik des Geldzurücklegens für eventuell schlechtere Zeiten wurde nach 2017 fortgeführt. Zu massiven Neuausgaben kam es nicht, auch wenn Scholz die Investitionsquote nach oben schrauben konnte.
Als die Corona-Epidemie begann, legte der Finanzminister einen anderen Gang ein. „Bazooka“ und „Wumms“ waren nun seine Schlagworte, erkennbar wollte er als treibende Kraft erscheinen bei der finanziellen Bewältigung der Krise durch die Milliardenprogramme, die hohe Neuverschuldung, die beiden Nachtragsetats – als der Mann, der keine Kosten scheut, um diese Herausforderung zu meistern. Seit März ist Scholz im Rettermodus. Allerdings fiel ihm auch niemand in den Arm – CDU und CSU verfolgen die gleiche Linie.
Vorwärtsverteidigung
Was den Ausblick betrifft, muss der Kandidat vor allem einen Wirecard-Untersuchungsausschuss fürchten, der sich anbahnt. Mit dem Ankündigen von Reformen bei der Finanzaufsicht ist Scholz in die Vorwärtsverteidigung gegangen. Ob und wie lange mögliche Pannen in seinem Ressort oder in der Bafin an ihm kleben bleiben, bleibt abzuwarten. Ein oder zwei unangenehme Vorladungen in den Ausschuss könnten aber im Wahlkampf auf ihn zukommen.
Und im Rückblick? Neben der soliden Haushaltspolitik bis März und dem „Bazooka-Wumms“ seither hat Scholz zumindest bei drei größeren Projekten weniger souverän agiert. Die Finanztransaktionssteuer hat er noch vorangetrieben, als längst klar war, dass sie ein Flop sein wird. Die Aktiensteuer, die dann als Torso übrig blieb, sollte vor allem das SPD-Projekt der Grundrente mitfinanzieren. Bei der Grundsteuerreform überraschte er im Herbst 2018 alle Seiten mit einem eigenen Vorschlag, den außer ihm kaum jemand akzeptabel fand – Herr des Verfahrens war er hier nicht. Und bei der Altschuldenhilfe für Kommunen mit hohen Kassenkreditlasten, deren Ablösung durch den Bund er in seinem SPD-internen Wahlkampf in Aussicht stellte, konnte er den Widerstand beim Koalitionspartner nicht überwinden.