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Streit über Asylpolitik Seehofers geheimer Migrationsplan

Horst Seehofers Maßnahmenkatalog zur Reform der Migrationspolitik hat die CDU und CSU an den Rand einer Trennung gebracht und das, obwohl kaum jemand den Plan wirklich kennt. Diese wesentlichen Punkte sind bisher bekannt.
18.06.2018, 22:19 Uhr
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Seehofers geheimer Migrationsplan
Von Steven Geyer

Ein Phantom spaltet die Bundesrepublik: Der Maßnahmenkatalog des Bundesinnenministers zur Reform der Migrationspolitik, den Horst Seehofer (CSU) selbst als „Masterplan“ bezeichnet, hat die Schwesterparteien CDU und CSU an den Rand einer Trennung gebracht – obwohl ihn kaum ein Unionspolitiker wirklich kennt. Details seien bislang nur Seehofer, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie einigen Mitarbeitern des Innenministeriums bekannt, die mit der Ausarbeitung befasst gewesen seien, erklärte Seehofers Sprecherin am Montag. Andere Ressorts seien bislang nicht informiert. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) habe aber Informationen zu den Maßnahmen im Ausland, an denen sein Haus beteiligt sei.

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Der Koalitionspartner SPD kennt Details nur vom Hörensagen, wie etwa der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, am Montag im ZDF kritisierte. Seehofer konterte am Montag: „Ich hätte (den Plan) ja gern verteilt, wie Sie wissen, aber da war jemand nicht einverstanden“ – eine Anspielung auf Merkel, mit der sich Seehofer vor der bereits angesetzten öffentlichen Vorstellung am Dienstag voriger Woche nicht hatte einigen können. Dass die Union sich nun aber über unbekannte Maßnahmen streite, wies er ebenfalls zurück: Durch mündliche Vorträge sei sein Plan den Vorständen und Bundestagsabgeordneten von CDU und CSU „im Wesentlichen bekannt“. Ein Überblick über wichtige Punkte:

Abweisungen an der Grenze: In 62 von 63 Punkten sei sich die Union einig, betonte Merkel erneut. Der strittige Punkt betrifft die Zurückweisungen von Asylbewerbern an der Grenze. Laut Innenministerium geht es dabei um Asylbewerber, die bereits in einem anderen EU-Land registriert sind. Seehofer stellte dabei heraus, dass der Streit sich nicht etwa um die Frage drehe, ob eine entsprechende Regel zwei Wochen Zeit habe, sondern um die Bereitschaft, diese Regelung im Zweifel auch ohne EU-Zustimmung auf nationalem Weg umzusetzen. „Erfreut“ habe er jedoch registriert, dass die CDU ihm auch in diesem strittigen Punkt entgegenkomme: Migranten, die bereits ein Einreiseverbot haben, würden derzeit trotz des Verbots nicht automatisch an der Grenze abgewiesen. Merkel signalisierte ihre Zustimmung, das zu ändern.

Härtere Polizeimaßnahmen: Seehofer kündigte zudem an, der neuen Grenzpolizei des Freistaats Bayern eigenständige Grenzkontrollen zu erlauben – etwa entsprechend der Befugnisse, die die ihm unterstellte Bundespolizei hat. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will sofort konkrete Gespräche mit dem Bund führen.

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Ankerzentren in Deutschland: Zu den Schritten, über die sich die Vorstände von CDU und CSU einig sind, gehört die Einführung sogenannter Ankerzentren: Dort sollen Flüchtlinge künftig von der Ankunft bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag untergebracht werden. Um die Verfahren zu beschleunigen, sollen Kompetenzen wie eben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) oder der Verwaltungsgerichte vor Ort gebündelt werden. Die Einrichtung wäre aber Ländersache, und selbst einige CDU-geführte Landesregierungen sind skeptisch.

Schutzzonen außerhalb der EU: Nach der CSU-Vorstandssitzung nannte Seehofer noch einige Punkte aus seinem Plan, zu denen etwa die Einrichtung von Schutzzonen zur Unterbringung von Flüchtlingen und zur Asyl-Antragstellungen außerhalb der EU zählt. Offenbar geht es um Zentren für Asylentscheidungen, beispielsweise in Nordafrika.

Reform der Asylverfahren: Etliche Punkte drehen sich um eine Reform der Asylverfahren in Deutschland. So kritisierte der Innenminister am Montag, dass die Teilnahme der Asylsuchenden an ihren Anhörungen im Bamf bislang als freiwillig gelte. Das müsse „dringend geändert werden“.

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Kürzungen von Leistungen für Flüchtlinge: Seehofer plant offenbar auch weitere Verschärfungen des Asylrechts in Deutschland nach bayrischem Vorbild. So sollen Geldzahlungen an Flüchtlinge künftig massiv eingeschränkt und nahezu komplett auf Sachleistungen umgestellt werden. Das berichtete die „Augsburger Allgemeine“ am Montag unter Berufung auf CSU-Kreise. Zudem solle der Zeitraum, in dem Asylbewerber nur einen Grundbedarf erhalten, ehe sie Leistungen auf dem Niveau der Sozialhilfe erhalten, von 15 auf 36 Monate verlängert werden. Beides würde allerdings Widerstand von der SPD in der Großen Koalition und in den Bundesländern auslösen. Allerdings bestätigte Seehofer diese Details am Montag nicht.

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Zur Sache

Aus für McKinsey beim Bamf

Als Reaktion auf den Skandal im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge will Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die bisher befristeten Stellen in der Behörde entfristen. Dies habe Seehofer am Montag in einer CSU-Vorstandssitzung angekündigt, erfuhr der WESER-KURIER aus Teilnehmerkreisen. Betroffen seien 3000 Stellen. Mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sei dies bereits abgestimmt. Außerdem werde die Beratung des Bamf durch die Unternehmensberatungsfirma McKinsey beendet. Vergangene Woche hatte Seehofer bereits die Bamf-Chefin Jutta Cordt entlassen. Sie soll durch einen Beamten aus dem bayerischen Innenministerium ersetzt werden.

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