Was wird passieren, wenn am Dienstag US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un in Singapur aufeinandertreffen? Nur wenige Fragen beschäftigen die Weltgemeinschaft in diesen Tagen mehr. Wie die Stimmung in Korea vor dem Gipfel ist, wissen nur wenige Experten. Zwei von ihnen waren bei einem Diskussionsabend der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Bremen zu Gast: Lars-André Richter, Projektleiter der Naumann-Stiftung in Korea, und Oberst a. D. Bernd Giebner, Vizepräsident der Deutsch-Koreanischen Gesellschaft, sind sowohl im Norden als auch im Süden des Landes tätig.
Im Gespräch mit Joerg Helge Wagner, Ressortleiter Politik des WESER-KURIER, diskutierten sie, was von dem Treffen der Staatsoberhäupter zu erwarten ist. „Ich halte Donald Trump für eine Herausforderung“, sagte Richter über die Rolle der USA bei den diplomatischen Annäherungen mit dem isolierten Regime in Nordkorea. Allerdings habe der US-Präsident mit seiner rigorosen Außenpolitik dafür gesorgt, dass der nordkoreanische Machtapparat nun durchaus gezielte militärische Interventionen fürchte. Auch deshalb habe das Regime einem Gipfel zugestimmt.
„Trump hat die Pferde scheu gemacht“, sagte Richter „nun muss er sie wieder einfangen.“ Der Experte, der dreimal im Jahr im Namen der Naumann-Stiftung in Nordkorea zu Gast ist, arbeitet seit fünf Jahren in Seoul. Die Südkoreaner fürchteten sich vor einer militärischen Eskalation mit dem Norden, mit oder ohne Atomwaffenarsenal. Deshalb ist Richter froh, dass der Gipfel jetzt stattfinde. Warum es genau jetzt dazu gekommen ist?
Für Richter gibt es zwei entscheidende Faktoren: Die Wirksamkeit der Sanktionen gegen Nordkorea und der Druck durch den US-Präsidenten. Giebner betonte, Kim sei der cleverere Verhandlungspartner. „Es lässt sich nicht in die Karten gucken. Er könnte der Zusammenarbeit und einem Atomwaffenabbau zustimmen, aber er wird Gegenleistungen fordern.“
Den Konflikt über die Denuklearisierung sieht auch Richter als entscheidenden Punkt des Treffens. Während die USA eine vollständige Abrüstung forderten, habe Nordkorea über Jahrzehnte darauf hingearbeitet, eine Atommacht zu werden. „Ich kann mir vorstellen, dass es zu so etwas wie einem Iran-Deal kommt“, sagte Richter.
Korea-Konflikt nicht beendet
Er ist sicher, dass das Treffen der Ausgangspunkt für weitere Verhandlungen sein könne: Die Basis in Südkorea für eine Annäherung sei solide, der US-Präsident zeige sich offen und gesprächsbereit. Richter bedauerte, dass viele Themen im Vorfeld des Gipfels nicht zur Sprache gekommen seien, beispielsweise die Lage der Menschenrechte und der Bevölkerung in Nordkorea.
Giebner betonte die Not der Menschen: „Selbst bei bester Ernte bietet das Land nicht genug Nahrung für die gesamte Bevölkerung. Die Knappheit ist immer da, aber sie interessiert die Eliten nicht.“ Im Falle einer Verständigung müsse es zunächst eine friedliche Koexistenz von Nord- und Südkorea geben, um den Norden wirtschaftlich zu stabilisieren. „Eine komplette Öffnung wäre zum jetzigen Zeitpunkt eine Katastrophe.“
So groß die mit dem Treffen zwischen Trump und Kim verbundenen Hoffnungen sind; der Korea-Konflikt werde damit nicht beendet, sagte Giebner. Der Waffenstillstandsvertrag zwischen Nord- und Südkorea wurde 1953 von Nordkorea, China und den USA unterzeichnet – Südkorea verweigerte eine Unterschrift.
Sollte dieses Abkommen in einen Friedensvertrag überführt werden, müssten auch China und Südkorea mit am Tisch sitzen, damit er völkerrechtlichen Bestand habe. Doch Giebner ist sicher: „Kim meint es sehr ernst. Das Verhältnis mit den USA soll als Bestandsgarantie für Nordkorea dienen.“ Zudem, so Ritter, sei auch die Rolle Südkoreas bei den Verhandlungen nicht zu unterschätzen. „Präsident Moon Jae In vermittelt intensiv.“ Durch die vorübergehende Absage des Gipfels durch Trump seien beide Koreas entblößt worden. Nun wollen sie gemeinsam auf eine Verbesserung der Beziehungen hinarbeiten. „Sie haben den Willen, das alleine zu lösen“, sagte Richter.
Während in Bremen diskutiert wurde, weckte US-Präsident Donald Trump bei einer Pressekonferenz mit dem japanischen Regierungschef Shinzo Abe in Washington hohe Erwartungen.„Wir haben das Potenzial, etwas Unglaubliches für die Welt zu schaffen. Und es ist mir eine Ehre, daran beteiligt zu sein.“ Allerdings schloss er auch eine erneute und kurzfristige Absage des Gipfels nicht grundsätzlich aus.