Ansturm auf den Kleinen Waffenschein: Seit 2014 hat sich die Zahl der Kleinen Waffenscheine mehr als verdoppelt. Gab es 2014 deutschlandweit noch 261 332 Kleine Waffenscheine, so waren es 2018 (Stand Oktober) bereits 599 940. Eine Steigerung von etwa 130 Prozent. Das hat eine Umfrage des WESER-KURIER bei den Innenministern der Länder ergeben.
Der Trend betrifft alle Bundesländer. In Nordrhein-Westfalen stieg die Zahl in diesem Zeitraum beispielsweise von 65 000 auf 154 000, in Berlin von 9000 auf annähernd 19 000, in Niedersachsen von 24 100 auf 59 700 und im Land Bremen von 1800 auf knapp 3000.

Wer einen Kleinen Waffenschein besitzt, darf Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen verdeckt mit sich führen, aber nur im Notfall damit schießen. Und diesen Notfall fürchten offenbar immer mehr Menschen. Andreas Zick, Leiter des Instituts für Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld, erläuterte: „Die Zahlen weisen einerseits auf gestiegene Befürchtungen, aber andererseits auch auf eine Eskalation von radikalen Meinungen hin.“
Dort wo Flüchtlinge konzentriert untergebracht würden, seien Bilder der Bedrohung entstanden. Dieser Trend habe nach der Kölner Silvesternacht 2016/17 zugenommen. Zugleich hätten sich mehr Menschen radikalisiert, indem sie Ideen aus populistischen Gruppen übernommen hätten, wonach der Staat die Kontrolle verloren habe, und die Bürger Widerstand leisten müssten, so Zick.
„Mehr private Waffen schaffen nicht mehr Sicherheit“
Die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, warnte: „Mehr private Waffen schaffen nicht mehr Sicherheit – im Gegenteil: Sie haben das Potenzial, Konflikte in Gewalt eskalieren zu lassen.“ Es dürfe keinen Zweifel daran geben, dass das Gewaltmonopol beim Staat liege. Eine steigende Zahl privater Waffen sei „ein Misstrauensvotum gegen den Bundesinnenminister und die Folge jahrzehntelanger staatlicher Verunsicherungspolitik“.
Auch Jörg Radek, Vize-Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sorgt sich um die Sicherheit: „Zum einen besteht die Gefahr, dass Waffen nicht ordnungsgemäß eingesetzt werden und ihre Inhaber sich selbst gefährden“, sagte er dem WESER-KURIER.
Zum anderen könne das Gegenüber meist nicht einschätzen, von welcher Art die Waffe sei und wie geübt der Inhaber sei. Dies könne zu Überreaktionen führen. Eine Gesetzesverschärfung helfe eher weniger, so Radek. „Was uns hilft, ist die Einsicht, dass Waffen das Problem nicht lösen.“ Schließlich seien die USA das Land mit der größten Waffendichte. Und dort gebe es erhebliche Schwierigkeiten. „Wir müssen aufpassen, dass wir keine amerikanischen Verhältnisse bekommen“, betonte der Polizeigewerkschafter. „Das wäre der inneren Sicherheit abträglich.“
Bei der Vergabe von Waffenbesitz-Karten wollen die Innenminister von Bund und Ländern nun eine Gesetzesänderung durchsetzen. Die Karten berechtigen zum Tragen einer scharfen Waffe. Künftig soll dafür nicht mehr nur ein polizeiliches Führungszeugnis nötig sein, sondern auch ein Hintergrund-Check durch den Verfassungsschutz. Rechtsradikalen soll so der Zugang erschwert werden.