Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Fahrtest Mercedes T-Klasse: Der Kleinste auf dem Campingplatz

Neu ist die Mercedes T-Klasse nicht – aber die Option, das Campingmodul Marco Polo individuell einzubauen, ist sehr neu. Der WESER-KURIER durfte die erste Reise weltweit mit dieser Ausstattung machen.
25.05.2024, 06:00 Uhr
Lesedauer: 4 Min
Zur Merkliste
Mercedes T-Klasse: Der Kleinste auf dem Campingplatz
Von Anja Semonjek

Wuchtige Wohnmobile und Vans mit Aufstelldach stehen auf dem Campingplatz. Unter sie mischt sich die T-Klasse – und bei diesem Anblick muss man sich ein Lächeln verkneifen. Ziemlich klein sieht sie neben den anderen Fahrzeugen aus. Und fast schon fehl am Platz. Soll das wirklich ein Campingmobil sein? Wie soll dieser 4,5  Meter lange Wagen ein Bett und eine Küche beherbergen?

Auch wenn es nicht so aussieht: Er bietet zwei Menschen ein gemütliches Bett und obendrauf die Möglichkeit zu kochen. Neuerdings gibt es für die T-Klasse nämlich ein Campingmodul, das eingebaut werden kann. Es heißt Marco Polo – der Name ist bereits bekannt, von der Mercedes V-Klasse Marco Polo. Dieser luxuriöse Camperbus ist mit dem neuen Microcamper aber kaum vergleichbar. Dafür kann er mit eigenen Stärken punkten. Aber nun von vorne.

Die Mercedes T-Klasse als praktischer Hochdachkombi für Familien: So kam sie 2022 auf den Markt. Sie ist aus einer Kooperation mit Renault entstanden, wird in Frankreich gebaut, auf der Basis des Renault Kangoo.

Um ihre Qualitätsansprüche zu sichern, waren die ­Schwaben von Anfang an bei der Entwicklung vor Ort. Haben sie es geschafft, einen echten Mercedes zu gestalten? Ja, der Premiumanspruch ist an den komfortablen Sitzen erkennbar, am Multifunktionslenkrad mit den Touch-Control-Buttons sowie am ausgefeilten MBUX-Infotainmentsystem. Was mal wieder sehr gut gefällt: Mit „Hey Mercedes“ lässt sich die Sprachsteuerung aktivieren – und die funktioniert wunderbar. Schnell ist jedes Ziel gefunden und angesteuert, ohne Zeit mit Tippen und Wischen verplempert zu haben.

Ganz so luxuriös wie man es von Mercedes erwartet, ist die T-Klasse aber nicht. Dafür wurde zu sehr auf den Preis geschaut. Technische Hilfen wie etwa automatisch öffnende Türen gibt es nicht. Die Sitze sind zwar mit Alcantara-Kunstleder verkleidet, am Cockpit ist jedoch auch ein wenig Hartplastik zu sehen. Das Campingmodul ist zunächst nur im Kofferraum sichtbar. Der bietet keinen Stauraum mehr für Gepäck, denn dort baut Mercedes die unterschiedlichen Module nach individuellen Kundenwünschen ein. Beim Testwagen sind es drei Module: In einem stecken ein Wassertank, ein Waschbecken und Fächer, um Dinge zu verstauen, das mittlere bietet einen Kühlschrank und das dritte weitere Fächer sowie einen Gasherd. Da sich alles ausziehen lässt, entsteht eine schnuckelige Outdoor-Küche. Die Heckklappe bietet von oben ein wenig Schutz vor Wind und Wetter. Über 1,85  Meter große Menschen können hier womöglich nicht mehr ganz aufrecht stehen.

Über dem Küchenmodul ist eine Matratze zusammengefaltet. Wenn man im Wagen schlafen will, muss man zunächst die Vordersitze ganz nach vorne schieben und die Rücksitzbank umklappen. Nun zieht man das Bettgestell aus dem Fond und stellt es auf. Die Matratze breitet man aus und voilà: Das Bett mit den Maßen 2 x 1,20 Meter ist aufgebaut. Dieses dominiert den ganzen Innenraum und füllt den Platz aus. Das hat nur eines zur Folge: Das Gepäck muss irgendwo verstaut werden. Auf den Vordersitzen passt kaum etwas rauf. Aber, siehe da: Unter dem Bettgestell ist Stauraum entstanden. Sehr viel passt hier aber auch nicht hin, etwa zwei bis drei große Sporttaschen. Man sollte mit dem Camper also darauf achten, nicht zu viel Gepäck mitzunehmen.

Das Bett ist in rund zehn Minuten aufgebaut – das geht schnell. Ein bisschen sportlich muss man sein, um draufzuklettern. Aber das ist einfacher, als es im ersten Moment aussieht. Oben angekommen, fühlt man sich fast wie in einem Raumschiff. Nach oben gibt es kaum Platz und die Bewegungsfreiheit ist daher stark eingeschränkt. Wenn man keine Platzangst hat, ist es aber gemütlich. Apropos gemütlich: Obwohl die Matratze dünn ist, stellt sich das Bett als überraschend bequem heraus. Das liegt vor allem an der gelungenen Federung des Bettgestells. Auf der Testreise konnten zwei Urlauber hier zwei erholsame Nächte verbringen – obwohl eine der Personen 1,94 Meter groß war.

Als Sichtschutz und Abdunklung für die Nacht werden Stoffbezüge mit eingearbeiteten Magneten an den Fensterrahmen befestigt. Weitere optionale Features sind eine Zusatzbatterie, Belüftungsgitter mit Insektenschutz sowie Fenstertaschen, die zwischen C- und D-Säule angebracht werden. Der Preis für das Marco-Polo-Modul startet bei 3059 Euro.

Für zwei Nächte eignet sich der kleine Camper gut. Denn er bietet viel Flexibilität: Man kann Freunde in einer anderen Stadt besuchen und draußen in dem Wagen übernachten. Oder über das Wochenende ans Meer fahren und auf einem Wohnmobilparkplatz schlafen. Komfort bietet er auch reichlich – aber eben nicht so viel, dass man wochenlang in dem Van übernachten will.

Zum Beispiel muss man immer draußen kochen – und am besten auch draußen essen. Vor der Rückbank lässt sich drinnen zwar ein Tisch aufstellen, auf Dauer ist es aber nicht sehr komfortabel. Für Camper, die gerne minimalistisch wohnen, reicht der Van womöglich für lange Reisen aus. Dafür kann die T-Klasse als Marco Polo mit viel Alltagstauglichkeit punkten. Zum Vergleich: Der große Bruder V-Klasse Marco Polo ist 80 Zentimeter länger (5,30 Meter), fast 20 Zentimeter höher und etwa sieben Zentimeter breiter. Die T-Klasse fährt sich daher viel agiler und die gute Rundumsicht gefällt, die Fenster sind groß genug gestaltet.

Noch mehr Alltagstauglichkeit verschafft die Tatsache, dass man die Campingmodule flexibel ein- und ausbauen kann. So lässt sich etwa der Gaskartuschenkocher im Gartenhäuschen aufbauen. Wenn die Campingmodule entfernt wurden, hat man einen schlichten Hochdachkombi, mit fünf Sitzen und ordentlich Kofferraum. Dadurch, dass die Maße und das Gewicht überschaubar sind, ist der Spritverbrauch moderat – im Test genehmigte sich der Mercedes meist 8,5 Liter pro 100 Kilometer.

Die Motorisierung mit 96 kW (131 PS) sorgt für ein stabiles Fahrgefühl, mit schnellem Beschleunigen tut sich der Wagen aber etwas schwer.

Lesen Sie auch

Der größte Konkurrent für die T-Klasse? Ganz klar: der VW Caddy California. Der ist bereits seit 2022 erhältlich. Die Karosserieform und das Konzept sind sehr ähnlich. Kleine Unterschiede gibt es. Der VW punktet mit einem Panoramaglasdach, der Mercedes dafür mit einem Wassertank. Alles in allem: Die T-Klasse mit Campingmodul kann sich behaupten.

Info

Modell T-Klasse EDITION

Motor Benzin

Hubraum 1332 cm³

Leistung 96 kW/131 PS

Drehmoment 200 Nm

Höchstgeschwindigkeit  184 km/h

Beschleunigung (0–100km/h) 11,6 s

Verbrauch (ø nach WLTP) 7,0 l/100 km

Abmessungen (L/B/H) 4,50/1,86/1,81 m

CO₂-Ausstoß (nach WLTP) 158 g/km

Kofferraumvolumen 520 Liter

Testwagenpreis 40.680 Euro

Basispreis 34.185 Euro

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)