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Bremer Tischgespräch Bunte Küche mit Höhen und Tiefen

Das Oberneulander Restaurant Vincent’s hat wiedereröffnet. Und abgesehen vom Ambiente ist alles neu: Team, Inhaber und die Karte. Ein Antrittsbesuch.
22.09.2021, 19:00 Uhr
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Bunte Küche mit Höhen und Tiefen
Von Temi Tesfay

Das Vincent’s ist zurück. Das ist eine gute Nachricht für alle, die in Oberneuland und Osterholz leben und nicht gerade die größte Auswahl an Nachbarschaftslokalen haben. Und es ist eine Information, die jeden neugierig macht, der folgende Notiz als Vorgeschmack bekommt: „Das Beste aus internationaler und lokaler Küche.“ So kündigte Michael Jacobs im Vorfeld unseres Gespräches nämlich das vor wenigen Wochen wiedereröffnete Restaurant an.

Es ist ein warmer Spätsommertag, wir sitzen auf der großzügigen Terrasse und während ich meinen Weißwein genieße, erzählt der 47-Jährige, wie er eigentlich nach Bremen kam. In Deutschland geboren, in Belgien aufgewachsen, sei es das duale System der Ausbildung gewesen, das ihn wieder zurück in die Heimat brachte. Jacobs absolvierte eine Ausbildung als Koch und Restaurantfachmann, ging für mehrere Jahre zur Marine und kam so in den Norden. „Das war ganz anders hier“, erinnert er sich lachend zurück. Wie bei vielen anderen war es auch bei ihm schließlich die Liebe, deretwegen er nach Bremen kam.

„Wir wollen alle ansprechen. Das erreiche ich nur mit einer bunten Karte.“
Michael Jacobs

„Wir wollen das Haus voll haben“, erzählt Jacobs im Bezug auf sein neues Herzensprojekt, das er zusammen mit Küchenchef Sribalathas Shanmugam betreibt. Deshalb sei das Menü auch voller: „Wir wollen alle ansprechen. Das erreiche ich nur mit einer bunten Karte.“ So verwundert es nicht, hier eine Variation mit acht Tapas (19,90 Euro) zu entdecken. Der Anfang mit dem hausgebackenen Brot und den vier Dips stiftet zwar Zuversicht. Doch diese wird mit jeder weiteren Tonschale im Keim erstickt. „Sardellen mag ich nicht. Die Chorizo war zu zäh. Die Chicken Wings etwas zu salzig“, räsoniert Jacobs und lässt mir nur übrig, den Albondigas die Saftigkeit zu-, aber jeglichen Pep in der Soße abzusprechen. Ironischerweise gefällt uns beiden die wohl untypischste Tapa am besten: ein sehr starkes Gemüse-Curry. Allein, der Lichtblick kann die Trübsal auch nicht mehr aufhellen. 

Probiert und empfohlen: Einen Sonnenaufgang der schönsten Art erleben wir dagegen beim nächsten Gang (22,90 Euro). Auf einem ovalen Teller finden sich in symmetrischer Harmonie Streifen von Kartoffel-Erbsen-Püree nebst zwei Bahnen mit je drei Jakobsmuscheln arrangiert, gefolgt von einem Gemüse-Allerlei aus fein geschnittenen Auberginen, Karotten, Zucchini, Blumenkohl sowie Schnittlauch und schließlich von einer schwarzen Trüffelsauce umrahmt.

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Die Jakobsmuscheln sind ein Gedicht: außen durch die Panade leicht knusprig, innen schön saftig und wahlweise nur mit einem Spritzer Zitrone ein purer oder mit der Trüffelsauce ein feiner Genuss. „Das Mehlieren macht den Unterschied“, erklärt Jacobs zufrieden. „Wenn man das nicht macht, ist das zu wabbelig.“ Während ich noch im Glück verweile, findet mein Gegenüber einen Kritikpunkt: „Mir wäre es lieber gewesen, wenn das Gemüse einen Tick garer gewesen wäre.“ Stimmt. Zudem sei notiert, dass die als Hauptgericht verkaufte Portion nicht gerade üppig ist. Fazit: Zum Genießen ist dieser Gang eine klare Empfehlung. Zum Sattwerden eher nicht. 

Als Person, für die Burger und Beef eine heilige Ehe formieren, begegnet man Gerichten wie dem veganen Burger mit Süßkartoffelpommes (14,40 Euro) stets mit skeptischer Neugierde. Ob der hausgemachte Patty aus schwarzen Bohnen mit verschiedenem Gemüse wohl saftig und herzhaft sein wird? Und kann man im Idealfall ein Lob ausstellen, das auch ohne die Krücke des guten Gewissens Bestand hat? 

In diesem Fall ist die Antwort einfach: ja. „Kann man essen“, drückt Jacobs sich noch reserviert aus. Umso mehr ist geboten, dass ich meine Überraschung ausdrücke, hier eine sehr saftige, in der Struktur echtes Fleisch verblüffend gut imitierende Kreation vorzufinden, die zusammen mit dem knackigen Salat, Tomaten, Gurken und Zwiebelringen eine gute Figur macht und an einer sehr guten nur knapp scheitert. „Bei der Mayo fehlt alles“, stellt dagegen Jacobs fest. Was mich schmunzelnd zur Frage bringt, wer von uns heute eigentlich der wahre Kritiker war.

Zur Person

Temi Tesfay
hat Hunger auf Bremen. Auf seinen wöchent­lichen Streifzügen durch die heimische Gastroszene hat er schon viele Küchen, Köche und ­kulinarische Schätze der Stadt kennengelernt. Unter dem Titel „Ein Bisschen Bremen“ schreibt er außerdem einen Foodblog.

Info

Vincent’s, Rockwinkler Landstraße 100, 28325 Bremen, Öffnungszeiten: Montag, Mittwoch bis Freitag von 12 bis 23 Uhr, Samstag von 14 bis 23 Uhr, Sonntag von 12 bis 23 Uhr, Dienstag geschlossen.

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