Alex Gjeta ist mit seiner Geschichte gerade im Jahr 1991 angelangt. Er macht eine Pause und nimmt einen weiteren Schluck. Keinen Ouzo, während der Arbeit versucht der Inhaber des griechischen Restaurants Notos stets, so wenig Alkohol wie möglich zu trinken. Dafür hat mein Gastgeber ein anderes Laster: Kaffee. „Ich trinke 15 Tassen am Tag“, erwähnt er nebenbei und richtet seine Aufmerksamkeit auf den griechischen Wein, den ich unbedingt probieren soll. Ich greife zum Glas und bin ganz Ohr.
„Ich bin zu Fuß über die Berge. Bei minus zehn Grad“, beschreibt der 45-Jährige, wie er als Jugendlicher von Albanien nach Griechenland zog. Er musste Geld für die Familie verdienen. Zunächst arbeitete er einige Monate in Trikala bei einem Landwirt auf dem Feld, danach fand er einen Job in der Gastronomie. „Typische griechische Küche“, erinnert Gjeta sich zurück. Dass die Beschreibung nicht wirklich auf das Lokal passt, das er seit 2016 an den Wallanlagen führt, ärgert ihn manchmal selbst. Doch wo er nicht auf kulinarische Traditionen baut, etabliert er eigene.
„Als ich den Laden übernommen habe, saß neben mir eine Werbeagentur. Sie wurden Stammkunden und haben mir viel geholfen. Dann wollte ich sie ehren und habe einige Gerichte nach ihnen benannt.“ So finden sich auf der Karte nun Gerichte namens Panschi, Sarah und Melanie. Und Jaisha, das ist der Teller, den ich probiere.
Es ist eine vegetarische Speise (9,50 Euro) aus je zwei panierten Auberginen- und Zucchinischeiben, Weinblättern, eingelegter Paprika, Peperoni, Tzatziki sowie einem Schafskäse- und Auberginendip. Heute hätte er sich mehr Salz gewünscht, außerdem eine deutlichere Knoblauchnote bei den ansonsten auf den Punkt frittierten Gemüsescheiben, ansonsten ist er völlig zufrieden – ich auch.
Probiert und empfohlen: Es geht mit einer zum Renner gewordenen Kreuzung zweier griechischer Klassiker weiter: Gyros Kalamari (13,50 Euro). „Bei mir ist das neu“, sagt der Inhaber, der sich lange dagegen zur Wehr gesetzt habe. „Fisch und Fleisch kombiniert, da war ich am Anfang skeptisch. Aber die Leute lieben das und jetzt mag ich es auch.“ Der Teller ist ebenso üppig wie typisch belegt: eine Unterlage aus Pommes, zu der alternativ auch Tomatenreis gewählt werden kann, ein Haufen mit Zwiebeln getoppter Gyros, daneben die frittierten Kalamari-Tuben, Tzatziki sowie auf einem Extra-Teller Krautsalat.
In der Erwartung, dass die Bestimmung dieses Gerichts nicht darin liegt, neue kulinarische Horizonte zu eröffnen, trete ich meine Reise durch die fettreichen Protein-Gefilde an und erde meinen Gaumen abwechselnd mit Krautsalat oder Tzatziki – es schmeckt. Die Speise ist von Grund auf solide, liefert aber ebenso wenig Überraschungen.
Wer kein Risiko eingehen und bei „seinem Griechen“ auf Nummer sicher gehen will, ist mit so einem Gericht stets am besten beraten. Wer aber offen für Neues und jenseits der Schaufenster-Klassiker bereit ist, sollte sich folgendes Gericht notieren: Lammkeule mit Perlzwiebeln (11,50 Euro). „Möhren, Zwiebeln und die Fleischstücke mit Lorbeerblättern angebraten, danach mit Tomaten und Wasser mehrere Stunden gekocht“, beschreibt Gjeta den Kochvorgang, „danach zusammen mit den Zwiebeln in den Ofen.“
Das Ergebnis ist rundum überzeugend. Das Fleisch butterzart, die Sauce würzig, dicht und zusammen mit den Perlzwiebeln angenehm süßlich. Eine Gaumenfreude, die vom traurigen Beilagenreis nur angekratzt, aber nicht verdorben wird. „Der ist zu trocken“, sieht auch mein Gegenüber ein. Mit dem Rest ist er allerdings völlig zu Recht zufrieden und kann sich nur darüber beschweren, dass die Speise leider völlig unbeachtet ist: „Leider bestellen die meisten die Klassiker, aber die griechische Küche ist nicht nur Souvlaki und Gyros.“