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Experten warnen Wann Koffein ein gefährliches Aufputschmittel ist

Koffein kann in zu hohen Dosen laut Experten schädlich sein. Im Blick haben sie dabei Energy-Drinks, die bei Jugendlichen beliebt sind – und Koffein-Pulver, das die sportliche Leistung steigern soll.
02.11.2024, 05:00 Uhr
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Wann Koffein ein gefährliches Aufputschmittel ist
Von Sabine Doll



Koffein gehört für viele dazu, nicht nur in Form von Kaffee. Bei Jugendlichen sind Energiedrinks oder -shots beliebt: Die teilweise stark koffeinhaltigen Getränke versprechen, wachzuhalten und die Konzentration zu steigern. Im Handel gibt es auch reines Koffeinpulver zu kaufen, das unter anderem bei Hobby-Kraftsportlern zur Leistungssteigerung beliebt ist. Behörden warnen vor diesen gefährlichen Trends, laut den Experten drohen etwa Herzschäden. Die Überdosierung von Koffein-Pulver habe bereits zu Todesfällen geführt.

Warum ist pures Koffein als Pulver gefährlich?

Womöglich habe der 20-Jährige Gramm mit Milligramm verwechselt, wie es in einem Bericht des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) heißt. Der junge Mann, ein begeisterter Sportler, wurde laut dem Bericht vor etwas mehr als einem Jahr in einem Studentenwohnheim in München tot aufgefunden. Eine Obduktion habe zunächst keine Erkenntnisse über die Todesursache ergeben. Erst nachdem die Eltern eine Packung mit reinem Koffeinpulver in seinem Zimmer gefunden hätten, sei eine toxikologische Untersuchung durchgeführt worden. Diese habe einen Verdacht bestätigt: Der 20-Jährige hatte demnach viel zu viel Koffein in seinem Körper. Das Koffeinpulver wollte er für sein Fitness-Training einnehmen, berichtete sein Vater dem Sender.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warnt aktuell erneut vor hoch konzentriertem Koffein in Pulverform, das im Handel freiverkäuflich als Nahrungsergänzungsmittel angeboten wird. Die Gefahr einer versehentlichen Überdosierung sei hoch, bereits geringe Mengen könnten erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen verursachen. "Solche Produkte werden unter anderem von manchen Sportlern zum Beispiel als sogenannte 'Pre-Workout'-Produkte zur Leistungssteigerung eingenommen", teilt das Bundesinstitut mit. Insbesondere in vereinzelten Online-Shops seien auch reine oder hoch konzentrierte Koffein-Pulver erhältlich.

Für gesunde Erwachsene empfehle die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), nicht mehr als 0,2 Gramm Koffein als Einzeldosis zu sich zu nehmen. Über den Tag verteilt würden 0,4 Gramm als gesundheitlich unbedenklich gelten, für schwangere und stillende Frauen seien es 0,2 Gramm. "Bei einem reinen Koffein-Pulver ist die Menge an Pulver gleich der Menge an Koffein: In 0,2 Gramm Pulver sind also 0,2 Gramm Koffein enthalten. Grob entspricht dies einer Messerspitze Pulver", so die BfR-Experten.

Wie kommt es zu – versehentlichen – Überdosierungen von reinem Koffein-Pulver?

Die Gefahr aus Sicht des Bundesinstituts: Eine solch geringe Menge lasse sich mit einer herkömmlichen Küchenwaage oder einem Messlöffel nicht exakt abmessen, warnt das Bundesinstitut. Küchenwaagen würden meist erst ab einem Gramm relativ genau messen.

"Hinzukommt, dass die Wirkung von hoch konzentriertem Koffein-Pulver von Verbraucherinnen und Verbrauchern leicht unterschätzt werden kann – denn sie ist nicht zu vergleichen mit der Wirkung einer gleichen Menge an Kaffee-Pulver oder einem anderen koffeinhaltigen Lebensmittel", teilt das BfR mit. Versehentlich könnten daher über die angebotenen hoch konzentrierten Pulver-Produkte extrem hohe Dosen an purem Koffein eingenommen werden.

Was sind die Folgen?

Geringe Dosen Koffein könnten durchaus positive Wirkungen haben und etwa die Wachsamkeit sowie die Leistungsfähigkeit erhöhen. Zu hohe Mengen könnten hingegen starke Unruhe, Übelkeit, erhöhten Blutdruck, Herzrasen sowie Herzrhythmusstörungen auslösen. "Die Einnahme von etwa fünf bis zehn Gramm – grob ein bis zwei Teelöffel – an purem Koffein ist lebensgefährlich", warnen die Experten.

Was bedeutet das für den "normalen" Kaffee-Konsum?

Die Wirkung von Koffein auf den Körper sei von Mensch zu Mensch unterschiedlich und hänge unter anderem von der individuellen Empfindlichkeit sowie der Gewöhnung an die Substanz ab. "Bei hohem Kaffeekonsum kann es zu unerwünschten Wirkungen wie Unruhe, Zittern oder Herzrasen kommen – eine Koffein-Vergiftung ist bei gesunden Erwachsenen bei üblichem Konsum von Kaffee allerdings nicht zu erwarten", stellen die Experten klar. Eine Tasse Kaffee (200 Milliliter) enthalte etwa 0,09 Gramm Koffein. Um fünf Gramm Koffein über Kaffee als Getränk aufzunehmen, müsste ein Mensch laut BfR rund zehn Liter Kaffee trinken.

Warum wird eine Altersgrenze für den Verkauf von Energydrinks gefordert?

Sie sind bunt, süß und sollen für den Energiekick zwischendurch sorgen: Energydrinks sind bei Jugendlichen besonders beliebt. Verbraucherschützer und Ernährungsexperten warnen: Der hohe Zucker- und Koffeingehalt könne für junge Menschen gesundheitsschädlich sein.

Kinder und Jugendliche sollten laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit täglich nicht mehr als drei Milligramm Koffein pro Kilogramm Körpergewicht zu sich nehmen. Bei einem gesunden jungen Menschen mit etwa 50 Kilogramm Gewicht seien dies 150 Milligramm Koffein. Diese Menge werde bereits mit zwei handelsüblichen Energydrink-Dosen mit jeweils 80 Milligramm Koffein pro 250 Milliliter überschritten, teilt das BfR mit. Befragungen zum Trinkverhalten belegten, dass zehn Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland übermäßig hohe Mengen an Energydrinks von einem Liter und mehr konsumierten. "Bei einigen, die in den bewerteten Studien einen Liter getrunken hatten, zeigten sich (...) moderate bis schwerwiegendere Wirkungen: Herzklopfen, Kurzatmigkeit, Muskelzittern, Übelkeit, Angstzustände, Nervosität sowie auch Veränderungen im Elektrokardiogramm (Herzstromkurve)", teilte das Institut mit.

Energydrinks enthielten neben Koffein Inhaltsstoffe wie Taurin, Guarana oder L-Arginin. Eine Studie aus dem Jahr 2018 deute darauf hin, dass die Kombination die Risiken für das Herz-Kreislauf-System stärker erhöhen könnte als Koffein allein, teilen die Verbraucherzentralen auf ihrer Internetseite mit – und fordern eine Altersgrenze für den Verkauf. In anderen europäischen Ländern gebe es diese bereits: In Polen dürften seit Anfang 2024 Energydrinks nicht mehr an Jugendliche unter 18 Jahren abgegeben werden. In Schweden und Norwegen sei der Verkauf an unter 15-Jährige, in Lettland an unter 18-Jährige verboten.

In einem Beschluss vom Juni dieses Jahres sprechen sich auch die Verbraucherschutzminister der Bundesländer für eine Altersgrenze von 16 Jahren in Deutschland aus.

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Was ist der Unterschied zu Energy-Shots?

"Energy-Shots sind stark koffeinhaltige Getränke in kleinen Portionsfläschchen von 25 bis 90 Milliliter, die als Nahrungsergänzungsmittel vermarktet werden. Im Vergleich zu Energydrinks und anderen koffeinhaltigen Lebensmitteln weisen Energy-Shots pro Liter deutlich höhere Koffeinmenge auf", teilen die Verbraucherzentralen mit. So könnten handelsübliche Energy-Shots bis zu 200 Milligramm Koffein beinhalten, was 2000 bis 8000 Milligramm pro Liter entspreche. "Aufgrund der gesundheitlichen Risiken, die mit dem übermäßigen Verzehr von Koffein einhergehen, wurden für koffeinhaltige Erfrischungsgetränke wie Energydrinks Höchstmengen von 320 Milligramm Koffein pro Liter festgelegt. Die Hersteller der Energy-Shots nutzen eine Gesetzeslücke, denn für Nahrungsergänzungsmittel gelten diese Höchstmengen-Regelungen nicht."

Besonders aggressiv würden Energy-Shots mit der Steigerung der sportlichen Leistungsfähigkeit beworben, so die Verbraucherschützer. Dies erwecke den Eindruck, als seien Energy-Shots als Sportgetränk besonders gut geeignet.

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