„Menschen mit Behinderung Arbeit zu geben – das ist unser Auftrag.“ Knackiger kann man das Aufgabengebiet der Delme-Werkstätten nicht zusammenfassen. Entsprechend freut sich Zitatgeberin und Geschäftsführerin Nahid Chirazi darüber, dass in Syke das erste Bildungszentrum der – so die Kurzbezeichnung – Delme entsteht, „aber gewiss nicht das letzte“.
Die zukünftige Lehrküche ist noch eine Leerküche. „Hier kommt einmal eine Koje hin, in der auch Rollstuhlfahrer arbeiten können“, sagt Wilfried Lau. Er ist bei den Delme-Werkstätten Leiter für berufliche Bildung und damit auch federführend für das gerade in Syke entstehende Bildungszentrum, das Januar 2015 eingeweiht werden soll. „Guck mal, wie schön hell und freundlich das hier inzwischen ist“, wendet er sich an Delme-Geschäftsführerin Nahid Chirazi. Die lächelt nur zurück.
Rund 850 000 Euro werden die Delme-Werkstätten nach eigenen Angaben investiert haben, wenn das neue Bildungszentrum Ende November dieses Jahres fertig sein soll. Die Fabrikhalle des ehemaligen Fischfeinkost-Herstellers Weser-Feinkost an der Industriestraße wird deshalb zurzeit eingeteilt in Bürotrakt, Werkstätten und Schulungsräume. „Hier war nirgendwo eine Wand“, erzählt Nahid Chirazi. Das Ganze habe mit seinen verschmutzten Kacheln bis zur Decke eher an ein gigantisches altes Schwimmbecken erinnert. Seit März wird gebaut. Dabei müssen die beauftragten Firmen natürlich besondere Anforderungen an Fluchtwege und Brandschutz ebenso erfüllen wie an sanitäre Anlagen. „Deshalb kostet’s bei uns auch mehr als bei einer normalen Firma.“
Doch wieso braucht’s denn eigentlich ein Berufsbildungszentrum? „Der Anspruch hat sich verändert“, lässt Nahid Chirazi wissen. In jeder Werkstatt zwischen Ganderkesee und Diepholz werde bisher berufliche Bildung betrieben. Seit 40 Jahren. Da gebe es inzwischen neue Inhalte. Nahid Chirazi nennt ein Beispiel: „Wir bilden in Hauswirtschaft aus, haben aber nicht in allen Werkstätten Küchen und Ausbilderinnen.“ Deshalb die Zentralisierung. „Das geht nicht an 14 Standorten, und es soll ja besser werden als vorher.“ Mittelfristig solle es auch Ausbildungen geben, die die Delme bisher noch nicht anbietet. Und Lehrgänge, „von der Arbeitsagentur finanziert“. Professionalisierung nennt Nahid Chirazi das, das machen andere Träger auch. Es solle helfen, Menschen mit Behinderungen noch besser einzubinden.
Wilfried Lau gibt anschließend einen Einblick in das künftige Bildungszentrum. Für die Teilnehmer – so nennen sie bei der Delme ihre Schützlinge – solle neben Hauswirtschaft auch Metallbearbeitung, Zweiradmechanik, Elektronik, Gartenbau, Verpackung und Montage angeboten werden. Auch eine Holzwerkstatt und eine Schweißerei soll es geben. „Wichtig: Die existierenden Ausbildungsordnungen sind für uns der Maßstab.“ Daraus würden die Delme-Werkstätten Rahmenpläne entwickeln, die an ihre Auszubildenden angepasst würden. „Jeder in seinem Tempo“, erläutert Wilfried Lau. Doch berufliche Bildung sei ja auch Weiterbildung, wenn jemand nach fünf bis zehn Jahren im Beruf neue Inhalte brauche. Immer mit Zertifikat, „das ist unser Ziel“.
Sechs Bildungsbegleiterinnen – laut Wilfried Lau „ausgebildete pädagogische Kräfte“ – sind für das Bildungszentrum in Syke vorgesehen. Eine von ihnen ist Michaela Schulz. „Wir begleiten unsere Teilnehmer ganzheitlich“, erklärt sie. Persönliche Kompetenz, Konfliktfähigkeit, Medienverständnis – das alles gehöre auch dazu. Für den Qualifizierungs- und Vermittlungsdienst vor Ort ist Kalle Jabs zuständig. Seine Hauptaufgabe: „Auf Firmen zugehen und ihnen Hemmungen, Befürchtungen und Ängste nehmen.“ Er findet es sinnvoll, schon vor der offiziellen Eröffnung in Syke zu sein, „dann kann ich hier die Übergänge gestalten“. Unterstützt werden sie von Lehrern der Berufsbildenden Schulen in Syke (BBS), die für 35 Stunden wöchentlich zur Verfügung stehen.
60 Menschen mit Behinderung aus Weyhe, Syke und Bassum sollen ab Januar 2015 im neuen Delme-Bildungszentrum auf 1800 Quadratmetern betreut werden. „Wegen der vielen Werkstatträume brauchen wir so eine große Fläche“, sagt Wilfried Lau, Leiter für berufliche Bildung bei der Delme. Geschäftsführer Nahid Chirazi erhofft sich davon eine „größere Durchlässigkeit“, in die 130 Firmen, mit denen die Delme-Werkstätten kooperieren. Wobei sie einschränkt, das momentan nur 40 davon aktiv seien.
„Wir haben lange nach einem guten Objekt gesucht“, atmet Nahid Chirazi durch. Jetzt hätten sie es mit der ehemaligen Fabrikhalle von Weser-Feinkost gefunden. Eine gute Anbindung sei wichtig gewesen. Und der Syker Bahnhof ist nur 150 Meter entfernt.