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Tierschutz Helfer unterstützen Krötenwanderung

Die Krötenwanderung hat begonnen. An mehreren Stellen sind daher Straßen zu bestimmten Zeiten gesperrt.
03.03.2021, 09:00 Uhr
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Von Jörn Hildebrandt

Bremen-Nord. Die Krötenwanderung hat begonnen. An mehreren Stellen sind daher Straßen zu bestimmten Zeiten gesperrt. „Das Problem des Autoverkehrs ist nicht nur, dass viele Kröten überfahren werden, sondern auch der Unterdruck, den vor allem Schnellfahrer verursachen: Er reißt den Tieren die Eingeweide aus dem Leib“, sagt Lüder Kreft vom Nabu Schwanewede. Zusammen mit Thomas Garz, der seit mehr als 30 Jahren die Aktion Krötenschutz in Bremen-Nord leitet, sowie zahlreichen Mitstreitern rettet er in jedem Frühjahr Amphibien vor dem Straßentod.

In mehreren Bereichen von Bremen-Nord werden dazu Straßensperren aufgebaut. Betroffen sind die Straße Burgwall und die Lerchenstraße, die jeweils von 18 bis 7 Uhr gesperrt sind. Aber auch Am Steending und an der Lesumbrocker Landstraße bauen Aktive Schutzzäune auf.

Amphibien wandern vorwiegend nachts, meist ab einer Temperatur von mindestens fünf Grad, und sie werden besonders aktiv, wenn zur Frühlingswärme der Regen hinzukommt. Nach ihrem Aufenthalt im Winterquartier an Land ist das Aufsuchen eines Laichgewässers für alle Amphibien obligatorisch. „Erdkröten überwinden am Burgwall Distanzen bis zu zwei Kilometern, während die Grasfrösche und Molche dort nur kurze Strecken laufen“, sagt Thomas Garz. „Sie kommen aus den Waldbereichen um die Beckedorfer Beeke, nah an der Burg Blomendal, und suchen die Teiche auf dem Gelände des Wasserwerks Blumenthal auf.“

Immer wieder leuchtet Lüder Kreft bei hereinbrechender Dämmerung in Gullydeckel hinein: „Amphibien fallen bei ihren Wanderungen häufig durch die Gitterroste, und wir holen sie dann wieder heraus“, sagt er. „In der Lerchenstraße haben wir schon bis zu 100 Tiere aus den Gullys befreit.“ Pünktlich um 18 Uhr schließen Thomas Garz und Lüder Kreft die beiden rot-weißen Schranken, versehen mit blinkenden Bakenleuchten. „Halbschranken würden für viele Autofahrer kein Hindernis sein, sie fahren dann einfach daran vorbei“, sagt Thomas Garz.

Doch die Amphibienwanderung kommt in diesem Jahr nur schleppend in Gang, vor allem, weil bisher der Regen fehlte. „Bisher sind erst ein paar Erdkröten unterwegs, die auf den Straßen auf Weibchen warten“, sagt Thomas Garz. Mit einem Klammergriff halten sich die männlichen Kröten auf dem Rücken der Weibchen fest und lassen sich von ihnen huckepack bis zum Laichgewässer transportieren.

„In den letzten Jahren waren die Teiche ziemlich ausgetrocknet“, sagt Thomas Garz. „Wir wollten auf dem Gelände des Wasserwerks neue Teiche anlegen, doch dies wurde abgelehnt: Man fürchtete, dass dadurch die Wasserentnahme beeinträchtigt würde.“ Kurz nach 18 Uhr nähern sich zwei Autos der Schranke am Burgwall. Grelles Scheinwerferlicht strahlt die beiden Krötenschützer an. Die Fahrer steigen aus und wollen wissen, warum es hier nicht weitergeht. Als Lüder Kreft erklärt, wozu die Straßensperrung da ist, zeigen die Fahrer Einsicht und kehren um.

„Wir sperren erst, wenn wir bereits Tiere gesichtet haben. Vorher wird die Polizei informiert, und falls es während der Sperrung zu einer längeren Kältephase kommt, machen wir die Schranken auch wieder auf“, sagt Thomas Garz. Dies geschehe aber nur bei starkem Frost, denn bei nur leichten Minusgraden nutzen die Amphibien die Wärme der Straße und halten sich bevorzugt auf dem Asphalt auf, so Garz – um so größer sei dann die Gefahr durch Autos.

„In diesem Jahr haben wir die Sperrzeiten erstmals gekürzt und an die Dämmerung angepasst, damit erreichen wir mehr Einheitlichkeit und kommen den Autofahrern entgegen“, sagt Garz. Am Burgwall seien vier bis fünf Helfer in die Krötenschutzaktion eingespannt, in der Lerchenstraße sogar sieben Leute. Dort sind vor allem die überhöhten Geschwindigkeit vieler Autos ein Problem – je schneller sie fahren, desto höher ist der für die Kröten gefährliche Unterdruck.

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Zur Sache

Gefährliches Pflaster für Amphibien

Alle heimischen Amphibien führen ein „Doppelleben“, indem sie zeitweise Landbiotope und Wasser-Lebensräume besiedeln. Die Arten zeigen dabei eine zeitliche Staffelung: Früh im Jahr begeben sich Erdkröte, Gras- und Moorfrosch sowie Molche auf Wanderschaft zu ihren Laichgewässern, erst im späten Frühjahr folgen die Grünfrösche. In dicht besiedelten Bereichen stellen Straßen häufig eine ernsthafte Bedrohung für sie dar. Die aufwändigste Lösung, sie vor dem Straßentod zu bewahren, sind Plastikzäune, die Amphibien zu ihren Laichgewässern leiten. Häufig werden auch Eimer vor den Zäunen eingegraben, um die Tiere abzufangen. Einige Artenschützer machen sich auch die Mühe, die Tiere nachts von den Straßen abzusammeln. Doch weit effektiver ist es, die Straßen während der Wanderungsphase der Amphibien nachts für den Autoverkehr zu sperren.

Neben Erdkröten und verschiedenen Fröschen wandern auch Teichmolche an Burgwall und Lerchenstraße. In unserer Gegend gibt es drei Molcharten: Den Teichmolch und die viel selteneren Kamm- und Fadenmolche. Diese beiden Arten stellen deutlich höhere Ansprüche an ihre Lebensräume als der Teichmolch. Die Teichmolche sind Schwanzlurche und bereits bei 2-3°C an den Sperrungen beobachtet worden. „Da die Tiere recht klein und unauffällig sind, hat die Aktion Krötenschutz sie viele Jahre gar nicht festgestellt. Nun da wir von ihnen wissen sperren wir auch bei Temperaturen, bei denen Erdkröten und Frösche noch nicht wandern“, so Thomas Garz von der Aktion Krötenschutz. „Das ist eine Anpassung an die räuberische Lebensweise der Molche. Die ernähren sich erst von Wasserflöhen, Insektenlarven und Würmern, aber wenn sie größer sind überwältigen sie auch Kaulquappen. Wenn Molche also früher Nachwuchs bekommen, ist dieser Nachwuchs in der Lage größere Beute zu jagen. Molche wiederum müssen sich vor ausgewachsenen Kröten und Fröschen in Acht nehmen, daher die frühe Wanderung.

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