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Finanzen der Kirchen in Zeiten der Pandemie Virus lässt Einnahmen der Kirchen sinken

Wer Kurzarbeitergeld bezieht, zahlt keine Kirchensteuer. Dadurch rechnen die Kirchen mit hohen Verlusten. Die Gemeinden in der Region stellen vor allem ein Rückgang bei den Kollekten fest.
29.07.2020, 05:00 Uhr
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Virus lässt Einnahmen der Kirchen sinken
Von Aljoscha-Marcello Dohme

Bremen-Nord/Landkreis Osterholz. 90 Millionen Euro. So hoch beziffert die Landeskirche Hannovers, zu der auch die Gemeinden im Landkreis Osterholz gehören, die Einbußen durch die Corona-Pandemie allein in diesem Jahr. Das Problem: Wer Kurzarbeitergeld bezieht, zahlt keine Kirchensteuer. Die Gemeinden in der Region bekommen das derzeit noch nicht zu spüren. Dafür machen sich die coronabedingten Beschränkungen aber deutlich bemerkbar: durch Ausfälle bei den Kollekten.

Die Verlustsumme von 90 Millionen Euro ergibt sich laut Landeskirche aus der aktuellen Steuerschätzung. „Da die Einkommenssteuer und die Kirchensteuer zusammenhängen, können wir aus der Steuerschätzung des Bundes Rückschlüsse ziehen“, sagt Benjamin Simon-Hinkelmann, Sprecher der Landeskirche Hannovers. Gleichzeitig betont er, dass es sich bei den 90 Millionen Euro um die Höchstsumme handelt, die der Kirche fehlen könnte. „In jedem Fall werden wir in diesem Jahr aber 75 Millionen Euro weniger einnehmen“, so der Pastor.

Die Gemeinden vor Ort werden davon nichts spüren, versichert Simon-Hinkelmann. „Die Kirchenkreise erfahren zwei Jahre im Voraus, wie viel Geld sie bekommen. An den Summen wird sich auch nichts ändern.“ Stattdessen werde der Haushalt der Landeskirche um zehn Prozent gekürzt. Zudem gebe es einen Einstellungsstopp.

Dass die Gelder der Gemeinden nicht gekürzt werden sollen, bezeichnet Martina Servatius, Pastorin der St.-Johannis-Kirchengemeinde in Schwanewede, als „beruhigend“. „Dass es auch für die Kirche schwere Einbrüche gibt, habe ich nach dem Shutdown erwartet“, sagt sie. Auch wenn die Schwaneweder Gemeinde von den Ausfällen der Kirchensteuer nicht betroffen sein sollte, fehlt ihr bedingt durch die Corona-Krise dennoch Geld. „Mehrere Wochen durften wir gar keine Gottesdienste feiern. Durch die Abstandsregelungen können derzeit nicht mehr als 24 Menschen in unsere Kirche kommen. Dadurch haben wir ordentliche Ausfälle bei der Kollekte“, sagt Servatius.

Wie hoch diese Ausfälle sein werden, stehe derzeit noch nicht fest. Da die Kollekte nicht nur für die Gemeindearbeit vor Ort verwendet werde, seien entsprechend viele Institutionen betroffen. „Mit der Kollekte werden etwa die Behindertenhilfe oder Projekte weltweit unterstützt. Teilweise wird an einem Sonntag auch für eine bestimmte Institution gesammelt. Dadurch, dass wir mehrere Wochen gar keine Gottesdienste feiern durften, sind manche Projekte auch ganz herausgefallen“, sagt Martina Servatius.

Ähnlich ist auch die Situation in der Kirchengemeinde St. Magni. Krisenbedingt finden Gottesdienste derzeit nur in St. Magnus statt, nicht aber in Löhnhorst und in Schönebeck. „Dort ist die Spendenbereitschaft normalerweise besonders hoch“, sagt Pastor Achim Krebber. „Im Schnitt liegt die Kollekte in Löhnhorst und in Schönebeck jeweils bei 100 Euro pro Sonntag“. Dennoch falle die Kollekte durch die Krise nicht gänzlich aus. „Die wenigen, die kommen, spenden sehr viel“, so Krebber.

An anderer Stelle mache sich der Ausfall aber schon bemerkbar, etwa bei größeren Veranstaltungen. „Normalerweise haben wir einmal im Jahr einen Gottesdienst zum Ende des Kindergartenjahres. Die Kita überlegt sich dabei, welche Projekte mit den Erlösen aus der Kollekte unterstützt werden sollen“, erzählt Krebber. Dazu zähle etwa das Kinderhospiz Jona. Doch das habe in diesem Jahr nicht bedacht werden können, da der Gottesdienst wegen der Pandemie nicht stattfinden konnte.

Gleiches gilt für die Ostergottesdienste in Brundorf und in Eggestedt, wo nur noch wenige Male im Jahr Andachten stattfinden. „Und hier ist die Spendenbereitschaft besonders hoch, weil die Menschen sehr dankbar sind, wenn dort ein Gottesdienst gefeiert wird“, erzählt Krebber. Die dort gesammelten Gelder wären für die eigene Gemeindearbeit, etwa für den Kindergarten und die Begegnungsstätte, verwendet worden und fehlten nun. Nicht nur Gottesdienste sind in der Nordbremer Gemeinde ausgefallen, sondern auch Konzerte. Wann die wieder stattfinden können, steht derzeit noch nicht fest. „Auch dort wird gespendet, und zwar für die Kirchenmusik unserer Gemeinde“, sagt der Pastor. Die Erlöse werden etwa für den Kinderchor genutzt. „Die ausgefallenen Konzerte lassen sich auch nicht nachholen“, bedauert er.

Die Kollekte, die derzeit während der Gottesdienste gesammelt wird, fließt nicht in die Gemeindearbeit vor Ort. Es gebe andere Projekte, die das Geld viel nötiger haben, so Achim Krebber. „Wir unterstützen zum Beispiel die Diakonie Katastrophenhilfe und die Norddeutsche Mission, die in Ghana und Togo aktiv ist. Die Norddeutsche Mission lebt ausschließlich von Spenden und die Not in Westafrika ist extrem groß.“

Wie hoch die coronabedingten Einnahmeausfälle bei der Kirchensteuer in der Hansestadt sind, will die Bremische Evangelische Kirche (BEK) im Gegensatz zur Landeskirche Hannovers zu diesem Zeitpunkt noch nicht schätzen. „Natürlich wirken sich wirtschaftlich schwierige Zeiten auf die Kirchensteuern aus. Aber dies nach so wenigen Wochen konkret beziffern zu wollen, ohne dass wir wissen, ob es eine schwerwiegende Rezession geben wird oder auch eine zweite globale Welle der Pandemie, wäre aus unserer Sicht reine Spekulation“, sagt Sabine Hatscher, Sprecherin der BEK. Die evangelische Kirche in Deutschland rechnet nach ihren Worten im laufenden Jahr pandemiebedingt mit einem Rückgang von zehn bis 20 Prozent der Einnahmen. Im vergangenen Jahr hätten die Kirchensteuereinnahmen konjunkturbedingt allerdings etwa sieben bis acht Prozent höher gelegen als noch 2018.

„Die BEK verfügt über eine solide Finanzausstattung und arbeitet seit Jahren daran, mit ruhiger Hand ein strukturelles Defizit zu vermeiden, um die Rücklagen zu erhalten. Das werden wir auch weiterhin tun“, sagt Hatscher. Sollte der Haushalt allerdings aufgrund der Corona-Pandemie ausgeglichen werden müssen, würde man diese Rücklagen dafür nutzen.

Die katholischen Gemeinden im Bremer Norden sowie im Kreis Osterholz gehören zum Bistum Hildesheim. Hier hält man sich mit Prognosen genauso wie bei der Bremischen Evangelischen Kirche noch zurück. Dass die Corona-Pandemie auch bei den katholischen Gemeinden für geringere Einnahmen sorgen wird, glaubt Volker Bauerfeld, Sprecher des Bistums Hildesheim, allerdings schon. „Wir prüfen deshalb unsere Investitionen und stellen sie gegebenenfalls zurück“, sagt er. Ob das Budget überhaupt gekürzt wird, stehe zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest.

Sicher sei hingegen, dass Kürzungen nicht einzelne Gemeinden treffen würden. „Auch die Zahl der Gottesdienste, Erstkommunionen und Firmungen wird mit Sicherheit nicht reduziert. Eine Pfarrei wird immer alle Sakramente feiern. Das ist ganz klar“, sagt Bauerfeld. Er sieht ein Hauptproblem der katholischen Gemeinden nicht in den Einnahmerückgängen infolge der Corona-Pandemie, sondern im Priestermangel, der hierzulande herrsche.

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