Bremen-Nord. Der Hochzeitstermin in der Kirche Alt-Aumund Mitte Mai stehe – noch, sagt Ina Bullwinkel. „Wir wollen heiraten, aber wir wollen auch abwarten, wie es nach den Osterferien ist.“ Wie der Journalistin und ihrem zukünftigen Ehemann geht es derzeit vielen Hochzeitspaaren. Heiraten in Zeiten von Corona – nicht immer möglich.
Im vergangenen Mai hat die Wahl-Berlinerin Ina Bullwinkel angefangen, diesen besonderen Tag zu planen. Geladen hat das Paar 70 Gäste. „Aber um den nötigen Infektionsabstand einzuhalten, dürften höchstens 20 Leute in die Kirche“, hat die Braut erfahren. Das war, bevor das Kontaktverbot galt. „Mit Kontaktverbot wäre eine kirchliche Trauung unmöglich. Aber auch da stehen wir auf dem Standpunkt: Selbst, wenn es um vier Wochen verlängert wird, wäre es immer noch vor unserer Hochzeit vorbei. Aber das muss man alles abwarten“, so die gebürtige Nordbremerin.
Bangen und Warten. „Im Hinterkopf haben wir schon, dass, wenn es hart auf hart kommt, wir das Ganze verschieben müssen. Wir hoffen nur, dass sich die Lage beruhigt. Es kann einem ja niemand sagen, was in einem Monat passiert“, so Bullwinkel. Es sei „keine schöne Situation“: „Es herrscht viel Ungewissheit, und viele fragen einen, ob man schon wisse, ob die Hochzeitsfeier stattfindet.“
Viele Absagen im Schloss
In den Gemeinden der Bremischen Evangelischen Kirche fanden im Jahr 2018 exakt 308 Trauungen statt. 2020 werden es voraussichtlich weniger sein. „Wie alle anderen Institutionen stellt sich natürlich auch die Bremische Evangelische Kirche (BEK) unter Hochdruck konsequent auf die neuen Umstände aufgrund der Corona-Pandemie ein“, berichtet BEK-Sprecherin Sabine Hatscher. Taufen und Trauungen seien zurzeit ausgesetzt.
Für Trauerfeiern habe eine Lösung gefunden werden müssen: „Im Rahmen der staatlichen Anordnungen sind Zusammenkünfte von bis zu sechs Personen unter freiem Himmel erlaubt. Wir bieten deshalb eine geistliche Begleitung der Beisetzung auf dem Friedhof an. Die Angehörigen entscheiden selbst, wer die sechs Personen sind, die daran teilnehmen dürfen.“ Pastor Holger Westphal von der Kirchengemeinde St. Martini berichtet, dass in der Schweiz derzeit Menschen über 65 Jahre grundsätzlich von Beerdigungen ausgeschlossen seien. Das bedeute in einigen Fällen, dass die Ehefrau nicht dabei sein kann, wenn der eigene Ehemann beerdigt werde.
Die neuen Regeln stellen auch die Pastoren vor Herausforderungen. „Es ist bei einer Beerdigung nicht mehr möglich, die Hände zu drücken“, so Jan Lammert von der Christophorusgemeinde Aumund-Fähr. Als Pastor sei er wegen der Ansteckungsgefahr nun gehalten, Distanz aufzubauen. Er hoffe, dies über Worte und Mimik wettmachen zu können.
Die Kirche kann, das Standesamt muss im Mai sein. So hat es das Paar für sich erst mal festgelegt. „Wir möchten trotz dieser Umstände auf jeden Fall standesamtlich heiraten“, sagt die Braut. Der gewählte Tag habe eine besondere Bedeutung für sie. Vom Gesetzgeber ist die Möglichkeit einer standesamtlichen Trauung trotz der Ausbreitung des Coronavirus gegeben. „Zurzeit finden standesamtliche Eheschließungen weiterhin statt“, berichtet Karen Stroink aus dem Pressereferat des Senators für Inneres. „Bis einschließlich 14. April 2020 allerdings unter Ausschluss von Gästen. Zugelassen sind das Brautpaar, maximal zwei Trauzeugen, ein Fotograf, sowie – falls notwendig – ein Dolmetscher“, so Karen Stroink.
Brigitte Kirwa vom Heimat- und Museumsverein für Vegesack und Umgebung erreichen dieser Tage dennoch viele Absagen von Brautpaaren, die nun erst mal nicht standesamtlich im Schloss Schönebeck heiraten wollen. „Ich habe jetzt auch schon die erste Absage für Mai“, sagt die Mitorganisatorin der Hochzeitsfeierlichkeiten im Schloss Schönebeck. „Es überschlägt sich alles.“ Brigitte Kirwa weiß, dass es für die Betroffenen zudem nicht leicht ist, einen neuen Termin für die Trauung festzulegen, da die Situation so ungewiss sei.
Ein Problem sei zum Beispiel auch, dass die meisten Folgetermine im Schloss ausgebucht seien, so ein Bräutigam, der namentlich nicht genannt werden möchte. Der 53-jährige Nordbremer sagt: „Laut Standesamt ist das Schloss bis Oktober dicht mit Terminen.“ Denn im Schloss wird nur einmal im Monat getraut. Nun müsse sich das Paar wegen der Corona-Pandemie nicht nur um einen neuen Hochzeitstermin, sondern auch um einen neuen Ort bemühen. Er und seine 62-jährige Partnerin hatten die Trauung im Schloss abgesagt. Und stießen auf viel Verständnis: „Alle konnten das nachvollziehen.“ Nicht nur die Gäste hätten sich entgegenkommend gezeigt, auch Gastronom und Fotograf hätten auf Regressansprüche verzichtet.
„Die kirchliche Feier können wir vielleicht auch verschieben. Es gibt auch Schlimmeres, als eine Hochzeit zu verschieben. Wenn wir damit verhindern können, dass sich Menschen anstecken, ist es das Vernünftigste“, sagt auch Ina Bullwinkel. Sie will dennoch abwarten, bevor sie ihre kirchliche Hochzeit absagt: „Mal sehen, was ab dem 20. April gilt.“ Inzwischen plant das Paar vorsorglich einen Ersatztermin für August. „Da würde es glücklicherweise auch mit Kirche und Location klappen.“ Den Termin wollen sie und ihr zukünftiger Mann aber nur im Notfall wahrnehmen. „Noch hoffen wir, wie geplant heiraten und feiern zu können – aber das wollen wir mit allen 70 Leuten.“