Viele kennen das Problem: Auf den letzten Drücker fällt einem ein, dass die Mutter Geburtstag hat. Eine kleine Aufmerksamkeit muss her, und was eignet sich da besser als ein Blumenstrauß? Im Handumdrehen bindet die Frau im Blumenladen ein Gesteck. Was so einfach aussieht, erfordert jahrelange Übung. Das hat auch Redakteurin Kaya Leimann bei einem Vormittag im Blumenladen Hartmann in Achim herausgefunden.
Auf Samtpfoten schleicht ein Kater durch die offene Tür in den Laden. Die Frauen hinter dem Tresen beachten das Tier schon gar nicht mehr. Der erste Weg führt ihn zu seinem Futternapf im Abstellraum. Nach einem kleinen Happen setzt sich der Kater ganz selbstverständlich zwischen die roten Weihnachtssterne auf den Boden. Während er es sich gemütlich macht, arbeiten die Frauen im Blumenladen Hartmann in Achim unter Hochdruck. Bald ist Weihnachten, und es ist noch eine Menge zu tun. Wie aufreibend die Arbeit eines Floristen ist, wird mir bei einem Vormittag im Blumenladen klar.
Als ich ankomme, fertigt Uta Krüger gerade Tischschmuck für eine Hochzeit im Hotel Bootshaus in Achim an. Vor 20 Jahren hatte sie ihre Ausbildung zur Gärtnerin und Floristin abgeschlossen, „im Herzen war ich aber immer Florist“, erzählt Uta Krüger mir. Seit neun Jahren arbeitet sie im Blumenladen Hartmann, zwei weitere Filialen stehen in Verden und in Oyten. „Der Beruf ist sehr abwechslungsreich und kreativ. Morgens weiß man nie, was einen erwartet“, erzählt die Meisterfloristin. Während ich mit Uta Krüger rede, schneidet sie Blumen zurecht, kümmert sich um die laufende Kundschaft und notiert neue Aufträge.
Hilfe bekommt sie dabei von Meisterfloristin Hellena Hashimi, Jasmin Stephan und der Auszubildenden Janina Lürßen. „Teamarbeit ist hier sehr wichtig. Gerade in der Zeit vor Weihnachten“, erklärt mir Hellena Hashimi. Am 24. November ist die Adventsausstellung. Bis dahin müssen alle Gestecke fertig sein, die Sterne von der Decke baumeln und die Weihnachtsmänner in den Regalen stehen. Gute Arbeitskräfte für einen Blumenladen zu finden, ist nicht einfach, wie mir Inhaber Jan Hartmann später erzählt. Er und sein Bruder Kai leiten das Geschäft seit 23 Jahren. „Wir hatten schon Probleme mit Auszubildenden. Mit unseren aktuellen sind wir aber sehr zufrieden“, sagt Jan Hartmann.
In einem ruhigeren Moment nimmt mich Hellena Hashimi zur Seite und zeigt mir, wie man einen auf Blatt gebundenen Blumenstrauß anfertigt. Zunächst greift sie sich grüne Pflanzen und schneidet die Stiele zurecht. In einer Spirale ordnet sie die Pflanzen an und arbeitet sich nach außen vor. Erst dann steckt sie eine große Hortensie in das grüne Gesteck und schiebt eine helle Rose hinterher. „Diese Art von Strauß ist gerade sehr modern. Mir macht es vor allem im Herbst und Frühjahr Spaß, weil dann viel mehr Blumen blühen“, sagt Hellena Hashimi. Die Meisterfloristin und ich sind ganz in unsere Arbeit vertieft, als sich zwei Kundinnen angeregt am Tresen unterhalten. „Ach Gitta, was machst du denn hier?“, fragt Ilse Stoll, die zufällig ihre Bekannte Gitta Rutz in dem Geschäft erkennt. „Ich besorge Blumen für meine Enkelin. Die liegt krank im Bett und hat mich heute morgen angerufen. Sie bekommt schon seit Jahren Blumen, wenn sie krank ist“, erklärt Gitta Rutz. Die Badenerin kommt öfter in den Blumenladen. „Ich habe schon häufig erlebt, dass sich Freunde hier über den Weg laufen“, sagt Uta Krüger.
Während sich die Frauen unterhalten, wird mir so langsam klar, dass ich mich falsch angezogen habe. In meiner dünnen Strumpfhose ist es einfach zu kalt. „Die Raumtemperatur liegt bei etwa 15 Grad, um die Blumen frisch zu halten. Wir haben aber auch einen sechs Grad kalten Kühlraum in dem wir Blumen aufbewahren“, erklärte Hellena Hashimi. Ich werfe einen Blick in den Schrank. Blumen tiefgekühlt, das habe ich noch nicht gesehen.
Jede Woche werden die drei Läden mit neuer Ware beliefert. Darum kümmern sich Kai und sein Bruder Jan Hartmann. „In unserem Geschäft müssen wir immer mit der Zeit gehen und konkurrieren heute viel stärker mit den Bau- und Supermärkten“, erzählt mir Jan Hartmann. Früher kamen die Blumen noch von hiesigen Züchtern. Heute werden sie aus Ecuador oder Australien geliefert und in Holland beim Handelszentrum für Blumen und Pflanzen von den Läden ersteigert.
Zur Mittagszeit wird es dann noch einmal hektisch. Die Frauen haben alle Hände voll zu tun, und ich bin keine große Hilfe. Trotzdem konnte ich an einem Vormittag vieles über die Arbeit in einem Blumenladen erfahren. Vor allem, dass das Geschäft mit den bunten Sträußen kein einfaches ist.
In der Serie „Rollenwechsel“ tauschen Redakteure der Verdener Nachrichten und des Achimer Kuriers für einige Stunden Stift und Block und probieren sich in einem Beruf fernab des Journalismus. Die Kollegen testen handwerkliche Berufe, probieren ungewöhnliche bis skurrile Jobs aus und präsentieren ihre Erfahrungen in einem Bericht.
Informationen zum Beruf
n Die Aufgaben eines Floristen sind sehr vielfältig. Floristen gestalten und verkaufen Blumen- und Pflanzenschmuck, beraten aber auch die Kunden im Geschäft, pflegen die Pflanzen und bearbeiten Bestellungen. Florist ist ein anerkannter Beruf, dem eine dreijährige Ausbildung vorausgeht. Später können sie unter anderem in Blumenfachgeschäften, Gartencentern und Gärtnereien oder Bestattungsunternehmen mit Blumenhaus tätig werden.