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Prozess am Amtsgericht Blumenthal Nach Schmuckdiebstahl vor Gericht

Ein 42-jähriger Vegesacker ist vor dem Amtsgericht Blumenthal zu einer 14-monatige Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Außerdem muss er gemeinnützige Arbeit leisten. Er hatte Schmuck gestohlen.
09.11.2020, 05:00 Uhr
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Von Friedrich-Wilhelm Armbrust

„Du weißt, was passiert, wenn ich mein Geld nicht bekomme.“ Das soll Anfang Mai 2019 sein Komplize zu einem heute 42-jährigen Vegesacker gesagt haben. Und er wisse das, betonte der Vegesacker, der jetzt als Angeklagter vor dem Amtsgericht in Blumenthal stand. In einem Fall sei jemand in einen Wald gebracht, mit Benzin übergossen und bedroht worden, um Forderungen Nachdruck zu verleihen, so der 42-Jährige. Einem anderen Mann sei der Finger gebrochen worden, nannte er ein weiteres Beispiel.

Bis zu 15 000 Euro schuldete er damals seinem Kumpel in Geld und Cannabis. „Mal habe ich Gras bekommen, mal 500, mal 1000 Euro. Da war aber nie die Rede davon, dass er das alles auf einmal zurück haben wollte.“ Er sei „naiv“ gewesen und habe sich „keine Gedanken“ gemacht, blickte der arbeitslose Mann zurück.

Deshalb habe er sich schließlich dazu verleiten lassen, einen Juwelier zu bestehlen. So betrat der 42-Jährige zur Mittagszeit Anfang Mai 2019 das Geschäft, der Inhaber befand sich gerade im Keller. Der Angeklagte schnappte sich 30 Goldketten, die in einem unverschlossenen Schrank lagen, und suchte das Weite. Anschließend übergab er nach seinen Worten seinem Kumpel die Ketten im Wert von 80 000 Euro. „Der hat mir vorher genau erzählt, wie das abgehen soll“, so der Vegesacker.

Jetzt stand er wegen gemeinschaftlichen Diebstahls in einem besonders schweren Fall vor dem Kadi. Strafrichterin Lange fragte den Angeklagten, weshalb er überhaupt mitgemacht habe, obwohl er um die Gefährlichkeit seines Komplizen gewusst habe. „Ich habe nicht gedacht, dass so eine Geschichte dabei herauskommt“, entgegnete er. Der Mittäter sitzt mittlerweile in der Justizvollzugsanstalt ein. Das Landgericht hat ihn zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Der Schmuck ist nicht mehr aufgetaucht. Der 42-Jährige selbst war schon nach zwei Tagen von der Polizei geschnappt worden.

Weiter fragte die Richterin, wie es derzeit mit dem Cannabis- und Heroinkonsum des Angeklagten stehe. Er werde derzeit von einem Arzt mit Methadon substituiert, war die Antwort. Methadon ist ein vollsynthetisch hergestelltes Opioid mit starker schmerzstillender Wirksamkeit. Es wird als Ersatzstoff im Rahmen des Heroinentzugs eingesetzt. „Methadon ist aber nicht wirklich das tollste“, sagte der langjährig drogenabhängige Mann.

Auf die Frage des Oberamtsanwaltes, ob er einmal daran gedacht habe, eine „richtige Therapie“ zu machen, entgegnete der 42-Jährige: „Da ist noch nichts Konkretes geplant.“ Wobei der Vegesacker in dem Zusammenhang darauf hinwies, dass er sich mit dem Juwelier ausgesprochen habe. „Er hat mir geglaubt und macht mir keine Probleme und sagte, das Gericht möge entscheiden.“ Da seien keine Forderungen, gar nichts.

Das Gericht stand dennoch vor zwei Problemen bei der Strafzumessung. Einmal liegen 21 Voreintragungen im Bundeszentralregister (BZR) vor. Darunter befinden sich im BZR Wohnungseinbruchdiebstähle, Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, Diebstähle, mehrfach das Erschleichen von Leistungen und ein Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz. Zum anderen beging der Angeklagte den aktuellen Diebstahl unter laufender Bewährung. Ebenfalls fällt in diese Zeit ein Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz wegen des Besitzes sogenannter Polenböller. Darum stand eine Gesamtfreiheitsstrafe im Raum – zur Bewährung oder nicht.

Der Oberamtsanwalt sagte zu dem Angeklagten: „Das war Ihnen klar, dass das ein Diebstahl war. Aber Sie erlagen dem Druck aus Angst vor Repressalien.“ Der Jurist hielt dem Vegesacker zugute, dass er sich mit dem Geschädigten noch einmal privat zusammengesetzt und sich aus dem kriminellen Umfeld gelöst habe. Er beantragte eine Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Monaten, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Hinzu sollte eine Auflage von 50 Stunden gemeinnütziger Arbeit kommen. Verteidiger Henning Seydak hingegen sagte, sein Mandant habe nur „als Werkzeug" gedient. „Er hat die Tat von sich aus nicht durchführen wollen. Er wollte sich sogar davor drücken.“ Seydak plädierte für eine Gesamtfreiheitstrafe von nicht mehr als einem Jahr.

Strafrichterin Lange verurteilte den Vegesacker am Ende wegen gemeinschaftlichen Diebstahls in einem besonders schweren Fall und wegen des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten. Sie setzte die Strafe für drei Jahre zur Bewährung aus. Hinzu kommt als Auflage 50 Stunden gemeinnützige Arbeit.

„Das war glaubhaft, was Sie gesagt haben“, befand die Richterin in ihrer Urteilsbegründung. Aber der 42-Jährige sei nicht nur „Werkzeug“ gewesen, so lautete ihre Einschätzung. Seine Entscheidungsfähigkeit sei nicht komplett eingeschränkt gewesen. „Da ist ein hoher Schaden entstanden. Aber Sie haben auch Angst gehabt. Das ist zu berücksichtigen.“

Strafrichterin Lange legte dem Arbeitslosen und Vater von zwei Kindern darüber hinaus nahe, sein Leben in den Griff zu kriegen. „Das ist jetzt ihre letzte Chance. Wenn so etwas noch einmal vorkommt, dann sieht es ganz finster aus“, hielt sie ihm vor Augen, was auf dem Spiel stand. Eine Freiheitsstrafe hatte der gelernte Trockenbauer in der Vergangenheit schon einmal abgesessen. Das jetzige Urteil ist rechtskräftig.

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