Seit dem Abgang von Marvin Ducksch zu Birmingham City klaffte im Angriff des SV Werder Bremen eine große Lücke. Am Deadline Day haben die Bremer nun auf dieses Vakuum reagiert und in Victor Boniface einen Mann mit großer Qualität verpflichtet. Doch wie gut passt der nigerianische Nationalspieler eigentlich zum Spielstil des SVW? Die Datenexperten von CREATEFOOTBALL haben den 24-Jährigen im Auftrag unserer Deichstube genauer unter die Lupe genommen.
Boniface lauert als klassischer Mittelstürmer nicht nur im Strafraum auf Bälle, sondern deckt läuferisch fast die gesamte gegnerische Hälfte ab. Dabei setzt er sich gerne in die Räume zwischen den Ketten ab, wo er sehr häufig in halblinker Position Zuspiele erhält. Anders als die meisten Neuner wird Boniface im Angriffsdrittel oft flach angespielt, meist auf Höhe der gegnerischen Abseitslinie, sein Timing bei den Tiefenläufen ist mit 0,9 Abseitsstellungen pro 90 Minuten allerdings verbesserungswürdig.
Hervorragend im Zweikampf
Im Anschluss nutzt der bullige 1,90 Meter große Nigerianer seine starke Physis und Geschwindigkeit geschickt, um die gegnerische Abwehrkette mit dem Ball am Fuß zu durchbrechen. Auch in der Luft hat Boniface eine hervorragende Zweikampfquote von annähernd 60 Prozent (Bundesliga-Bestwert). Mit seiner Spielweise kommt Boniface auch mit einem auf Umschaltaktionen basierenden Fußball – wie Werder Bremen ihn im Vergleich zu Bayer Leverkusen eher praktiziert – gut zurecht. Ein Beleg: In der Bundesliga kam in den letzten zwei Jahren kein Stürmer auf mehr Schüsse nach Kontern. Boniface dürfte es auch entgegenkommen, dass Werder in Abwesenheit von Mitchell Weiser einen Großteil der Angriffe über die (halb-) linke Seite spielt, welche von ihm häufig per Lauf anvisiert wird. Dort könnte Boniface im Übergangsspiel stark von Marco Friedls und Senne Lynens Pässen profitieren, die häufig das gegnerische Pressing mit einem öffnenden Ball auf die linke Seite überspielen.
Mit seinen Tiefenläufen bietet Boniface Romano Schmid zudem eine gute Option für dessen Steckpässe, die nach den Abgängen von Ducksch und Oliver Burke zu Saisonbeginn fehlte. Kaum ein Bundesligastürmer bietet im Angriffsdrittel mehr Laufangebote an und hat dort mehr Ballaktionen (8,7 pro 90 Min.) als Boniface, was dem Bremer Offensivspiel guttun wird. Ebenso wie die Tatsache, dass Boniface mit seiner Wucht und Präsenz im Sturm eher in der Lage ist, Gegenspieler zu binden, als Marco Grüll. Zudem suchte kein anderer Stürmer in den letzten beiden Saisons häufiger direkte Eins-gegen-eins-Duelle (fünf pro 90 Minuten), von denen Boniface gute 43 Prozent für sich entschied. In der Box hat er häufig auch den Blick für den besser postierten Nebenmann: 0,34 Assists pro 90 Minuten sind Bundesliga-Bestwert.
Hier herrscht Verbesserungspotenzial
Potenzial hat der Neu-Bremer trotz sehr guter Technik bei der Ballmitnahme: Dort verspringen dem teils lässig agierenden Rechtsfuß im Schnitt sieben Ballannahmen pro 90 Minuten (sechsthöchster Wert der Liga). Im Vergleich dazu leistete sich Ducksch nur 2,5 verunglückte Ballmitnahmen. Und obwohl Boniface mit 32 Treffern in 61 Pflichtspielen für Bayer 04 seine Torjägerqualitäten eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat, hat der Doublegewinner von 2024 bei der Chancenverwertung Luft nach oben. Bei der Werkself benötigte er mehr als sechs Schüsse pro Tor und unterbot seinen Expected-Goals-Wert (0,73/90 Minuten) wie schon bei Saint-Gilloise. 0,9 vergebene Großchancen pro Spiel sind zudem Ligahöchstwert.
Dennoch zeigen nicht zuletzt die Statistiken, dass ein fitter Victor Boniface für Werder ein absoluter Unterschiedsspieler wäre. Sollte der nigerianische Nationalspieler tatsächlich gesund bleiben, könnte sich seine Leihe als echter Glücksgriff für die bislang dünn besetzte Bremer Offensive entpuppen.