Frau Piechotta, Sie werden in Medienberichten häufig als Chansonnette und Musikkabarettistin bezeichnet. Welchen gefällt Ihnen besser?
Anna Piechotta: Ich bevorzuge weder den einen noch den anderen Begriff und würde sagen, beides passt gleichermaßen. Die meisten Lieder sind aber humoristisch. Ich streue nur immer wieder gerne ein oder zwei sehr ernsthafte Lieder ein. Die sind dann so bedeutungsschwer, dass es die Anzahl der lustigen Lieder ausgleicht. Ich würde sagen, ich bin eine Musikkabaretteuse!
Vor Ihrer Solokarriere waren Sie Sängerin in einer Band. Warum ziehen Sie die Kleinkunstbühne der Konzertbühne vor?
Das stimmt so nicht ganz. Eigentlich war ich immer schon Kleinkünstlerin. Ich habe dann im Laufe meiner Entwicklung zusätzlich eine Band gegründet. Irgendwie habe ich aber festgestellt, dass die Kleinkunstbühne einfach besser zu mir passt. Hier kann ich mich richtig austoben! Musik, Text und Schauspiel kommen für mich hier besser zusammen. Die Intimität, die auf kleineren Bühnen entsteht, der direkte Kontakt zum Publikum und die Möglichkeit, so viel Quatsch machen zu können, wie man will – das alles sind Aspekte, die mein Genre so liebenswert machen, dass ich es nie mehr verlassen will.
Gibt es bei Ihrem Programm einen inhaltlichen roten Faden, oder schlüpfen Sie als Interpretin in die Perspektiven der wechselnden, voneinander unabhängigen Protagonisten Ihrer Lieder?
In meinem Programm gibt es auf jeden Fall einen roten inhaltlichen Faden. Es geht schlicht und einfach darum, dass das Leben viele Schwierigkeiten und Probleme mit sich bringt und wir deshalb echt wenig zu lachen haben. Als zertifizierte Küchenpsychologin möchte ich dem Publikum mit quatschhaltigen Ratschlägen zur Seite stehen. Dabei durchleuchte und analysiere ich zunächst das Leben im Allgemeinen, um dann zur Lösung aller Probleme zu kommen. Jedes Lied ist ein Beispiel dafür, was das Leben bitter macht, und in jedem Lied steht ein Protagonist exemplarisch für ein bestimmtes Dilemma. Zum Schluss soll das Publikum aber nicht problembeladen nach Hause gehen! Ganz im Gegenteil: Die Süße des Lebens sei mit euch!
Sie bezeichnen Ihren Humor als „komisch im Sinne von seltsam“, manche Kritiker bemühen stilistische Vergleiche mit den „Seltsamen Gesängen“ Georg Kreislers. Können Sie sich damit identifizieren? Sehen Sie sich einer künstlerischen Tradition verpflichtet?
Mit Georg Kreisler in einen Topf geworfen zu werden ist ein großes Kompliment für mich! Ich sehe mich in diesem Sinne zwar keiner Tradition verpflichtet, da ich den Anspruch habe, etwas musikalisch Eigenes zu schaffen, aber aufgrund von Höreinflüssen ist man natürlich nie ein richtiges künstlerisches Individuum. Es gibt nichts richtig Neues mehr, oder? Man kann aber versuchen, seine ganz eigene Note zu spielen. Ich hoffe sehr, dass mir das gelingt.
Welche Begebenheiten, Personen oder Situationen inspirieren Sie zu Ihren Liedern?
Mich inspirieren menschliche Begegnungen skurrilster Art, psychologische Abgründe und Spinnereien, die Natur, unsere Geschichte, Schicksale, verrückte Situationen, hausgemachte Probleme und meine eigene verwirrende Gefühlswelt! Ich glaube, da ist für jeden etwas dabei!
Was für Reaktionen erhalten Sie von Ihren Zuhörern? Gab es auch hier schon Situationen und Momente, die Sie später zu Liedern verarbeiteten?
Einmal sagte ein Mann nach einer Vorstellung zu mir: „Das war nett“. Boah, was hab ich mich da aufgeregt. Nett?! Das war nun mal wirklich das schlimmste, nichtssagendste Kompliment, das er mir machen konnte. Als Künstler ist man ja sehr verletzlich, weil das eigene Ego im Wege steht. Also machte ich ein Lied daraus. Ein Lied über die Bedeutung des Wortes „nett“. Also ja – es entstehen auch Songs, die durch das Publikum inspiriert sind. Die meisten Reaktionen der Zuhörer sind aber nicht nur „nett“. Ich bin absoluter Fan von allen Besuchern! Vor allem von denen aus Bremen!
Die Fragen stellte Christian Pfeiff.
Anna Piechotta
wurde 1981 in Cochem an der Mosel geboren und begann hier im Alter von 13 Jahren ihre Laufbahn als Liedermacherin. Mit 16 gewann sie den bundesweiten Wettbewerb „Jugend komponiert“ und arbeitet seither parallel zu ihrem Musikstudium ihre Karriere als Musikkabarettistin. Die Art ihres Humors bezeichnet sie als „komisch im Sinne von seltsam“.
Auftritt im Kito
Am Sonnabend, 6. Oktober, wird Anna Piechotta im Kito, Alte Hafenstraße 30, eine Vorpremiere ihres Programms „Leben leicht gelacht“ präsentieren, dessen offizielle Premiere erst eine Woche später im heimischen Cochem erfolgen wird. Karten für die Veranstaltung im Kito sind an allen Vorverkaufsstellen des Kulturbüros sowie an der Abendkasse erhältlich. Die Veranstaltung beginnt um 20 Uhr.