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DIE NORDDEUTSCHE vor 25 Jahren Funkstille der Signalstation beendet

Beim Bremer Vulkan blickte man vor 25 Jahren noch hoffnungsvoll in die Zukunft, Harriersand sollte als Ausgleichfläche dem Naturschutz gewidmet werden und der MTV Nautilus übernahm die Signalstation.
17.01.2020, 19:30 Uhr
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Funkstille der Signalstation beendet
Von Michael Brandt

Es sind die Dauerbrenner, die DIE NORDDEUTSCHE vor 25 Jahren füllten. In jener Woche war dies die wirtschaftliche Lage der Vulkan-Werft, wobei in der Öffentlichkeit zu diesem Zeitpunkt noch niemand ahnte, dass der Konkurs nur ein Jahr später folgen würde. Am 18. Januar 1995 waren jedenfalls alle Augen noch hoffnungsvoll in die Zukunft gerichtet. An diesem Tag titelte unsere Zeitung: "In Vegesack jetzt Schiffbau mit FiF." Das war kein Schreibfehler, sondern das Kürzel stand für "Fabrik in der Fabrik". Es wurde eine umfassende Umstrukturierung angekündigt, "mit der sich die Werft für den immer härter werdenden Konkurrenzdruck rüstet".

Einzelne Produktgruppen sollten in Pilotprojekten ganz neu organisiert und gesteuert werden. Ein Ziel: „Alle Formen der Verschwendung sollen dabei minimiert ... werden.“ Der damalige Vulkan-Geschäftsführer betonte: „An uns liegt es heute, die Werft der Zukunft zu schaffen.“ Das dazugehörige Bild zeigt einmal mehr die Dimensionen, um die es vor 25 Jahren beim Schiffbau noch ging: Zwei Containerschiffe lagen gleichzeitig an der Pier, dazu ein größeres Marineschiff und ein weiterer Neubau in der Fertigstellung im Trockendock, das dann später zugeschüttet wurden, um hier Autos anzulanden und zu parken.

Schutzherr von Harriersand. Diese Funktion nahm im Januar 1995 der damalige niedersächsische Landwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke ein. Funke erklärte in unserer Zeitung in der Ausgabe vom 18. Januar, die Weserinsel stehe unter seinem persönlichen Schutz. Das Schreckgespenst, das damals bei den Landwirten in der Gemeinde Unruhe auslöste, lautete Ausgleichsmaßnahme. Wissenschaftler der Uni Bremen hatten die Idee aufgebracht, die komplette Insel Harriersand dem Naturschutz zu widmen. Funke wird in dem Artikel mit dem knackigen Zitat wiedergegeben, dies werde „nur über seine Leiche“ geschehen.

Der Landkreis Wesermarsch hatte einen Rahmenplan für die Renaturierung der Unteren Weser und der Marsch bei der Uni in Auftrag gegeben. Der Vorschlag, die Insel komplett für den Öko-Ausgleich zu nutzen, war zwar zu diesem Zeitpunkt schon wieder vom Tisch, sorgte aber weiter für Aufregung. Die konnte aber durch eine Nachfrage bei den zuständigen Behörden etwas gemildert werden: Es seien gerade neue Pachtverträge für landwirtschaftliche Flächen abgeschlossen worden, mit einer Laufzeit von 18 Jahren.

Bremen-Nord – eine Karnevalshochburg. Diesen Eindruck vermittelte jedenfalls der Karnevalsring Weser-Ems, der zu seinem 22-jährigen Bestehen mit 400 Jecken aus 14 Vereinen im Hotel Strandlust in Vegesack auflief. Die Berichterstatterin schrieb anschließend in der Ausgabe vom 23. Januar 1995 von einem „närrischen Großspektakel“. Hier ein Auszug, der deutlich macht, dass organisiertes Narrentum dereinst doch distanziert betrachtet wurde: „Tanzmariechen ist nicht gleich Tanzmariechen! Obwohl sich viele Bewegungsabläufe, Sprünge und Drehungen ähneln, gab doch jedes Mädchen seiner Darbietung eine eigene Note.“ Es gab Gesang, selbstredend Büttenreden und „schmissige Fanfaren“. Allerdings hatte diese massive Demonstration keinen nachhaltigen Einfluss auf die karnevalistische Weiterentwicklung Bremen-Nords. Zwar wird auch hier einmal im Jahr der Samba-Karneval veranstaltet. Einen Karnevalsverein nach rheinischem Vorbild aber sucht man vergebens.

Die Signalstation feiert Jubiläum – zumindest jedenfalls befindet sie sich einem Zeitungsbericht vom 24. Januar zufolge („Vertrag für die Signalstation unterschrieben“) seit dem 1. Februar 1995 unter der Regie des Vereins MTV Nautilus. Welche Vorstellungen die Mitglieder für die Signalstation hatten, wurde nicht genauer gesagt, sie solle lediglich „mit Leben erfüllt“ werden. Daraus hat sich dann ein festes Angebot an der Weser entwickelt. In den Sommermonaten wird die Signalstation regelmäßig von Ehrenamtlichen besetzt. Sie laden Interessierte ein, die Station zu besuchen und etwas über die Geschichte des Gebäudes und Schiffsbewegungen einst und heute auf der Weser zu erfahren. Erweitert wurde dieses Angebot in jüngster Vergangenheit um eine Gezeitenstation. Spaziergängern wird hier mit modernen Mitteln Wissen über Gezeiten und ihre Auswirkungen auf die Weser vermittelt.

An dieser Stelle ein kleiner Exkurs in die Geschichte: 1888 ist die erste Signalstation in Vegesack in Betrieb genommen worden, damals noch am Hafen, wo sich heute die Lürssen-Verwaltung befindet. In den 50er-Jahren entstand ein Neubau an der heutigen Stelle, der allerdings 1989 seinen Betrieb einstellte, weil sich die Kommunikation der Schiffe grundlegend geändert hatte. In Vegesack herrschte Funkstille, bis der MTV kam.

Ein weiterer Vorschlag, der damals von den Mitgliedern des MTV Nautilus formuliert worden ist, wurde allerdings nicht umgesetzt. Das Umfeld des Schleppers „Regina“ eingangs der maritimen Meile sollte mit Seezeichen und weiterem Beiwerk so hergerichtet werden, dass an dieser Stelle regelmäßig Shantychöre auftreten könnten. Das kam aber erst später und etwas entfernt – mit dem Festival Maritim.

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