Lilienthal. Ein Führerschein für Haustierhalter? Kathrin Schoof ist dieser Idee zumindest nicht abgeneigt. „Bevor man sich ein Haustier anschafft, muss man sich Gedanken machen, ob eine artgerechte Haltung ermöglicht werden kann“, sagt die Vertreterin des Tierschutzvereins Lilienthal. Angesichts der Tiere, die in den Tierheimen abgegeben oder einfach ausgesetzt werden, sähen die Mitarbeiter des Tierschutzvereins jedoch, dass viele Tiere falsch gehalten wurden. „Ich bin dem Haustier-Führerschein gegenüber deshalb positiv eingestellt“, sagt Schoof.
Wie im WESER-KURIER berichtet, hatte die Grünen-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft kürzlich gefordert, die Regeln für das Halten von Haustieren zu verschärfen. In einem Positionspapier forderten sie neben strengeren Vorschriften unter anderem auch die Pflicht nach einem Sachkundenachweis für Tierbesitzer. Hunde, Katzen, Meerschweinchen und andere Haustiere dürften demnach ausschließlich diejenigen erwerben, die einen solchen Haustier-Führerschein besitzen.
Anders als im Land Bremen müssen Hundehalter, die sich zum ersten Mal einen Hund anschaffen möchten, in Niedersachsen bereits seit 2013 einen sogenannten Sachkundenachweis vorlegen. Die theoretische Prüfung muss dabei vor Beginn der Hundehaltung, die praktische Prüfung während des ersten Jahres der Hundehaltung abgelegt werden. Vorbereitende Kurse sind nicht verpflichtend, Hundehalter können sich somit einfach zur jeweiligen Sachkundeprüfung anmelden.
Gunda Gefken vom Futterhaus Lilienthal würde so etwas für die Halter aller Haustiere begrüßen. „Eine gewisse Form der Schulung würde mit Sicherheit nicht schaden.“ Gerade während der Corona-Krise zeige sich, dass viele ihren Wunsch nach einem Haustier nicht zu Ende denken. Momentan seien viele Menschen zu Hause und hätten die nötige Zeit, sich um die Tiere zu kümmern. „Aber wie ist es, wenn die Pandemie vorbei ist? Das bedenken einige nicht“, sagt Gefken.
Dass mehr Haustiere angeschafft wurden, werde im Futterhaus angesichts zahlreicher Neukunden deutlich. „Doch bei manchen ist überhaupt kein Hintergrundwissen vorhanden. Da in Form eines Haustier-Führerscheins nachzuhelfen, wäre schon sinnvoll.“ Die Mitarbeiter des Futterhauses würden im Rahmen ihrer Möglichkeiten zwar versuchen, die Kunden bestmöglich über die artgerechte Haltung und Fütterung aufzuklären, sagt Gefken. „Aber wir können ja nicht mit den Kunden nach Hause fahren und es überprüfen.“
Einer ähnlichen Problematik sieht sich auch der Grasberger Tierarzt Ralf Lux ausgesetzt. „Anhand der Tiere, die in die Praxis kommen, sehen wir, dass die korrekte und fachgerechte Haltung manchmal zu wünschen übrig lässt.“ Das liege meist an Unwissenheit oder auch an falscher Tierliebe. Manchmal würden sich Halter auch überhaupt nicht mit der Thematik auseinandersetzen. „Ob der Haustier-Führerschein daran etwas ändert, da bin ich eher skeptisch. Die Menschen sind in der Haltungsfrage nicht leicht zu ändern“, sagt Lux. Wenn er sich eine Regelung wünschen könnte, dann wäre das eine verpflichtende Schulung vor Beginn der jeweiligen Tierhaltung. „Aber das ist leider unrealistisch.“
Haustierhandel erlebt einen Boom
Die Grünen-Fraktion im Bundestag hatte sich von der Forderung aus Bremen distanziert. „Es sollte dafür Sorge getragen werden, dass der Umgang mit den Haustieren auch tiergerecht erfolgt, einen Sachkundenachweis fordern wir aber nicht“, sagte eine Partei-Sprecherin. In der Corona-Zeit, die für viele Menschen von Einsamkeit geprägt ist, hätte der Haustierhandel zudem einen großen Boom erlebt. Kathrin Schoof kann das bestätigen: „Die Vermittlungen sind wahnsinnig angestiegen. Momentan haben wir nur noch ganz wenige Tiere, weil wir Anfragen ohne Ende bekommen.“
Trotzdem werde bei jeder Vermittlung geprüft, ob der potenzielle Halter auch für ein Haustier bereit sei. „Dabei hilft uns unsere Erfahrung. Einige Käufer fallen bei unseren Nachfragen durchs Raster“, sagt Schoof. Etwa jede fünfte Anfrage werde vom Tierschutzverein Lilienthal abgelehnt. Auch das Futterhaus in Lilienthal stimme nicht jedem Verkauf zu, sagt Gunda Gefken. „Wir verkaufen zurzeit zwar nur Fische, aber wir lehnen auch mal einen Verkauf ab, wenn wir das Gefühl haben: Das wird doch nichts.“ Ein Haustier-Führerschein könnte da laut Gefken helfen, wenn der Käufer so nachweisen kann, dass er ein geeigneter Halter ist.