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Debatte um geplantes Hochaus Keine Ruhe am Hafen

Bürger fordern vom Bauamt Bremen-Nord Akteneinsicht bezüglich des geplanten Hochhauses am Alten Speicher. Die FDP hält zudem eine Regionalausschuss-Sitzung für erforderlich.
04.05.2020, 04:59 Uhr
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Keine Ruhe am Hafen
Von Michael Brandt

Die Bürgerinitiative gegen das geplante Hochhaus am Alten Speicher hat bereits Ende März beim Bauamt Bremen-Nord Akteneinsicht gefordert. Thomas Christoffers als Sprecher der Initiative teilt mit, dass die Bürger ihren Wunsch, in die amtlichen Unterlagen zu blicken, jetzt noch einmal schriftlich begründen mussten. Ihre Absicht sei es ausdrücklich nicht, heißt es in einem Schreiben an Bauamtsleiter Maximilian Donaubauer, „über schutzwürdige Daten oder geschäftliche Interessen Dritter Auskunft zu erhalten.“ Sondern: „Wir möchten lediglich Klarheit darüber bekommen, aufgrund welcher Erwägungen und Absprachen ein elfgeschossiges Hochhaus in einen Bebauungsplan aufgenommen werden konnte, in einem Gebiet, für das seit Jahrzehnten maximal vier (punktuell fünf) Geschosse erlaubt waren.“ Eine Antwort der Behörde steht noch aus.

Die Initiative hat bisher – über eine Online-Petition auf der Homepage der Bremischen Bürgerschaft sowie über Unterschriftenlisten – nach eigenen Angaben mehr als 1930 Unterschriften gesammelt. Trotz der Corona-Krise, wie die Hochhaus-Kritiker betonen. Die Zeichnungsfrist für die Online-Petition ist inzwischen abgelaufen. Interessierte Bürger könnten indes weiterhin unter der Mailadresse T.Christoffers@gmx.de Unterschriftenlisten anfordern.

„Nach den Vorgaben für den städtebaulichen Wettbewerb waren maximal fünf Geschosse vorgesehen“, betont die Initiative in dem Schreiben an den Bauamtsleiter. Die Bürger pochen zudem auf die Akteneinsicht nach dem Bremer Informationsfreiheitsgesetz, bevor der Bebauungsplan 1218 der Deputation zur Behandlung vorgelegt wird. Die nächste Sitzung findet bereits in dieser Woche, am 6. Mai, statt, der Bebauungsplan steht allerdings nicht auf der Tagesordnung.

Die Nordbremer FDP kritisiert vor dem Hintergrund der Hochhaus-Auseinandersetzung Bausenatorin Maike Schaefer (Grüne) scharf. Die Liberalen stellen zudem in allen drei Nordbremer Beiräten einen gleichlautenden Antrag. Im Kern: Die Angelegenheit werfe noch so viele Fragen auf, dass eine Sitzung des Regionalausschusses einberufen werden soll. Die Bausenatorin soll nach der Vorstellung der FDP-Politiker Pius Heereman und Andreas Menzel in diesem Kreis alle offenen Fragen beantworten. Zuvor dürfe es auch keine Beschlussfassung in der Baudeputation geben.

Dass dies ein Thema für den übergeordneten Regionalausschuss ist, begründen die Liberalen wie folgt: Das historische Ensemble aus Altem Speicher, „Schulschiff Deutschland“ und dem historischen Hafen stelle ein einmaliges Denkmal von überregionaler Bedeutung in Bremen-Nord dar. Aufgrund der Bedeutung Vegesacks als Mittelzentrum seien hier alle Bremen-Norder besonders betroffen. So steht es im Begründungstext für die Beiratssitzungen.

In einer weiteren Erklärung heißt es: Spätestens nachdem – trotz sehr schwerer Bedingungen im Zusammenhang mit der Coronakrise – nun knapp 2000 Unterschriften in Bremen-Nord gegen das Vorhaben gesammelt worden seien, könne sich die Senatorin nicht länger dem öffentlichen Diskurs entziehen. Pius Heereman geht davon aus, dass die Zahl von knapp 2000 Unterschriften ohne die Corona-Krise deutlich höher ausgefallen wäre. "Außerdem verspielen wir als Lokalpolitik parteiübergreifend jeden Kredit bei den Menschen in Bremen-Nord, wenn 2000 Unterschriften nicht für eine Diskussion im Regionalausschuss reichen würden.“

Die Diskussion um das erste elf-, jetzt neungeschossige Wohngebäude, das hinter dem Alten Speicher gebaut werden soll, hält inzwischen seit Monaten an. Der Beirat hat den Plänen zugestimmt, in der Deputation wurde zuletzt ein veränderter Entwurf präsentiert: Das Haus wurde dabei im Winkel zum Speicher gedreht und auf neun Geschosse reduziert. Kritiker – darunter auch der Landesdenkmalpfleger und der Vorsitzende des Schulschiffvereins – beharren darauf, dass Speicher und Schulschiff den Maßstab für die Bebauung vorgeben müssen.

Andreas Menzel sagt: „Die Senatorin hat behauptet, den Bedenken des Landesdenkmalpflegers Rechnung getragen zu haben. Auch ihre eigenwillige Vorstellung von der Bedeutung der öffentlichen Auslage des Bebauungsplans wirft große Fragen auf. Gerade die Grünen tragen das Thema Bürgerbeteiligung scheinheilig wie eine Monstranz vor sich her. Aber wenn man dann innerhalb der Frist bereits Widerspruch anmeldet, dann kommt das für Frau Schaefer ein Jahr zu spät. Frau Schaefer scheint von interessierten Bürgern geradezu hellsichtige Eigenschaften zu erwarten.“

Die Bausenatorin hatte in einem Interview mit der NORDDEUTSCHEN auf die Frage nach dem Bürgerprotest geantwortet: „Das ganze Projekt ist ja in den Medien immer wieder vorgestellt worden und auch das Thema Hochhaus. Vor einem Jahr hätte ich die Proteste sehr gut nachempfinden können, als es auch schon darum ging, dass an dieser Stelle ein Hochhaus realisiert werden soll. Jetzt, wo alles quasi durch die Gremien gelaufen ist, kommt der Protest einfach zu spät, weil die Beschlüsse gefällt worden sind.“

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