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Mit Paul Betz auf Tour Nebenberuf Quizmaster

Paul Betz ist Quizmaster aus Leidenschaft. Er besucht Begegnungsstätten und Nachbarschaftstreffs im gesamten Stadtgebiet. Wie haben ihn an einem Nachmittag in Rönnebeck begleitet.
12.11.2019, 17:24 Uhr
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Von Albrecht-Joachim Bahr

Rönnebeck. Obwohl hierzulande lange schon vergangen, sind Adel und Monarchie offensichtlich immer noch der Deutschen liebste Kinder. Und was Presse, Funk und Fernsehen können, sagt sich Quizmaster Paul Betz, kann ich auch und setzt in diesen Tagen bei seinem Zug durch Nachbarschaftstreffs und Begegnungsstätten auf das Thema „Blaues Blut“. So auch an einem Mittwochnachmittag im Ameb-Treff Bürgermeister-Dehnkamp-Straße in Rönnebeck.

„Willkommen, meine lieben zahlreichen Damen, meine nicht so zahlreichen Herren“, begrüßt der 55-Jährige die 22 Besucher, die sich an diesem Tag im Nachbarschaftstreff eingefunden haben, darunter drei Männer. Alle sind in einem fortgeschrittenen Alter, da sollte das Thema rund um gekrönte Häupter Zuspruch finden. Tut es dann auch. Am Schluss zeigt die eigens aufgestellte Excel-Tabelle ein knappes Rennen um Punkte und Sieg, Totalausfälle gibt es keine.

Dabei: Manche Fragen setzen dann doch schon nicht ganz alltägliche Kenntnisse voraus. Seelmann-Eggebert oder Regenbogenpresse reichen nicht immer. Man sollte schon mal einen Blick ins Geschichtsbuch geworfen haben, hin und wieder klassische Literatur pflegen oder auch mal die Politik-Seite der Tageszeitung mehr als nur überfliegen. Weil Paul Betz mit seinem jeweiligen Ratespiel bremenweit auf Wanderung ist, verbietet es sich an dieser Stelle, seine Fragen zu verraten (von den Antworten ganz zu schweigen). Nur so viel darf man wohl sagen: Es tauchen Begriffe oder Namen auf wie: Lorbeer und Lametta, Eckart von Hirschhausen und Jürgen von der Lippe, ein tätowierter königlicher Unterarm, Mauerfall und Adel, Don Giovanni, Theodor Fontane, William, Kate, George, Charlotte, Louis und so weiter und so fort.

Paul Betz ist gelernter Historiker und hat in Münster Politik und Philosophie studiert. Heute ist er hauptberuflich Kundenberater in Sachen Software für Windenergieanlagen. Er arbeitet 30 Stunden die Woche, mehr geht nicht, wegen seines Nebenberufs: Quizmaster. „Für die Windenergie arbeite ich seit zwei Jahren, Quizmaster bin ich seit 2004“, sagt er und schildert, wie es angefangen hat. „Mein befristeter Job war ausgelaufen und ich sagte mir: jetzt oder nie.“ Er habe mal was Eigenes wagen wollen. Und da er schon immer die Idee vom Quizmaster hatte, sollte das jetzt sein Beruf werden.

„Mein Vater lebte damals noch“, erzählt Betz weiter, „und der war ein begeisterter Quizgucker, Günther Jauch und so. Er besuchte auch Begegnungsstätten, hatte auf Basteln und so aber keine Lust“. Also habe der Sohn sich gedacht, warum denn eigentlich nicht den älteren Menschen da eine Quizveranstaltung anbieten. Allerdings wusste er, dass ihn dieser Beruf nicht ernähren würde. Es war die Zeit der Hartz-IV-Reform, Ich-AGs waren angesagt. Als er sich mit seinen Plänen beim Arbeitsamt vorstellte, kam die Frage: „Und bei welchem Sender arbeiten Sie?“ Nix da, habe er entgegnet, er wolle live auftreten. Und nach Vorlage eines Businessplans und den ersten Verdienstnachweisen, sei man seitens des Arbeitsamtes „sehr hilfsbereit“ gewesen. Auch mit der Künstlersozialkasse habe es auf Anhieb geklappt.

Die Fragen, versichert Paul Betz, denke er sich selber aus. „Früher ist es da quer durch den Garten gegangen. Später erst habe ich auf Themenabende gesetzt.“ Sein erstes Themenquiz habe sich um die 68er gedreht. Heute, erzählt er weiter, brauche er gut sechzehn Stunden, um eine Quizrunde vorzubereiten. Wobei er versucht, jedes Vierteljahr mit einem neuen Quiz aufzuwarten. Dreimal pro Monat ist er im Einsatz. Auftritte hat er an zwanzig Standorten ausschließlich in Bremen. Das heißt, dass er jeden Auftrittsort zweimal im Jahr aufsucht. Wiederholungen sind natürlich ausgeschlossen. Wie er überhaupt flexibel sein muss, wenn zum Beispiel zwei Auftritte nacheinander in benachbarten Begegnungsstätten stattfinden. „Da gibt es dann schon mal den einen oder anderen Quiz-Touristen“. Also muss er genügend Stoff haben, um je nachdem reagieren zu können.

Seine Themen sind dabei: Bremen, buten un binnen, Musik, Welt der Waren oder Mode. Wahlen und Literatur hatte er auch schon im Programm, was aber nicht gut angekommen sei. „Ziel ist, dass jeder Besucher 80 Prozent der Fragen richtig beantwortet – ohne dass es zu einfach wird.“ Die 100 zu erreichen solle aber auch nicht zu einfach sein, „hier soll auch schon mal das Glück mitspielen“.

Die Fragen zum Quiz, sagt er, fallen ihm „beim Lesen ein, unter der Dusche, irgendwie. Dann setze ich mich hin und versuche, das Ganze in Fluss zu bringen“. Dazu gehöre auch, dass er Fragen und Antworten gelegentlich kommentiert und erklärt. – Und wenn er selbst mal falschliegt? – „Bei einem nachgewiesenen Fehler gibt es für den oder die, der oder die den strittigen Sachverhalt richtigstellt, ein Plüschtier.“

Nach fünfzehn Fragen mit Chance auf insgesamt 1000 Punkten ist die Hauptrunde an diesem Mittwoch an der Dehnkampstraße nach etwa einer Stunde und 20 Minuten vorüber. Bei diesem Frage-und-Antwort-Spiel um gekrönte Häupter, Adel und Möchtegern-Adel, um Geschichte und Gegenwart samt computergestütztem Prinzessinnen-Puzzle ist es schließlich das Team von Tisch zwei, das mit 660 Punkten den Sieg einfährt. Steht jetzt noch die Plüschtierfrage aus. Da gab es im ersten Durchgang zwei richtige Antworten. Das anschließende Stechen entscheidet Besucherin Ursula Sowinski für sich, die dann auch den ausgelobten Koalabären mit nach Hause nehmen darf.

Quizmaster Betz rollt die Leinwand ein, packt Laptop und Kabel zusammen, sammelt die Buchstabenkarten, Stifte und ungenutzte Papierbögen ein. Die Runde der Teilnehmer lichtet sich, offensichtlich recht zufrieden mit dem Nachmittag. Wie auch das Ehepaar Hans und Anneli Dahl, das jedes Mal dabei ist und er auch schon mal den Sonderpreis gewonnen hat („Eine Eule. Für die Antwort auf die Frage: Wie viele Muskeln hat der Mensch?“).

Wenn die beiden das nächste Mal auch wieder dabei sind, sollten sie sich auf Themen wie „Alter“ oder „Essen und Trinken“ gefasst sein, die Paul Betz in Aussicht stellt. Oder doch mal auf Fragen zum Thema „Die 50er-Jahre“? Paul Betz entschieden: „Nichts da, das könn'se knicken.“

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