Osterholz-Scharmbeck. Bereits seit fünf Jahren sind Tanztheaterprojekte mit der internationalen Gruppe „De Loopers“ um die Tanzpädagogen Wilfried van Poppel und Amaya Lubeigt fest im Lehrplan des Lernhauses im Campus verankert. Erst im März dieses Jahres hatte der neunte Jahrgang der Oberschule gemeinsam mit den Tanzpädagogen die Performance „The Voice Of Silence“ einstudiert (wir berichteten). Gegenüber den Vorjahren hat sich das Wirken der „Loopers“ in diesem Schuljahr jedoch erstmals verdoppelt: So standen am Freitagabend die Schüler des achten Jahrgangs in der Stadthalle auf der Bühne, um dort die unlängst einstudierte Tanz-Performance „Home, Sweet Home“ zu zeigen.
Viel Zeit um Üben war auch den Achtklässlern nicht vergönnt gewesen: Getreu dem Motto „Five Days To Dance“, das auch Verwendung als Filmtitel einer Dokumentation über das internationale Wirken der „Loopers“ gefunden hat, begannen die gemeinsamen Arbeiten am Montag, bevor es fünf Tage später gemeinsam auf die Bühne ging. Und auch sonst entsprach die aktuelle Produktion den bereits gewohnten Charakteristika der „Loopers“-Projekte.
Für ein sicheres Zuhause
Bei einer Spieldauer von etwas mehr als 30 Minuten thematisiert die Performance auf abstrahierte Weise einmal mehr ein kontroverses Thema, namentlich häusliche Gewalt. „Das Stück ist ein Plädoyer für ein sicheres Zuhause für alle Kinder der Welt. Die anfängliche Harmonie zerfällt zunehmend, fügt sich zum Schluss jedoch wieder zu einem Happy End zusammen“, beschreibt van Poppel das jüngste Stück im Repertoire.
Die Darstellungsweisen des Tanztheaters schließen weitere mögliche Lesarten der fertigen Aufführung naturgemäß keinesfalls aus. Für die Tanzprojekte am Campus ist der Inhalt der jeweiligen Performance ohnehin nicht zwingend von primärer Bedeutung. „Wir haben über die Jahre gemerkt, wie stark unsere Schüler durch die Projekte mit den ,Loopers' profitieren“, erklärt Marc Seis, didaktischer Leiter im Lernhaus. „Durch die gemeinsame Tanz-Erfahrung werden nicht nur Berührungsängste untereinander abgebaut, unsere Schüler wachsen im Rahmen dieser Projekte teilweise über sich hinaus und entwickeln spätestens durch die abschließenden Aufführungen ein merklich gesteigertes Selbstbewusstsein.“
Entsprechend soll die Anzahl dieser Projekte verdoppelt werden: Künftig soll jeweils im Frühling und im Winter je ein „Loopers“-Projekt mit den Jahrgängen sechs und acht stattfinden, sodass jeder Schüler in seiner Lernhaus-Laufbahn zwei Mal die Möglichkeit zur Teilnahme hat. Wilfried van Poppel sieht im Tanztheater vor allem einen integrativen Aspekt: „Menschen, die zusammen tanzen können, können auch zusammen leben“, formuliert er seine Überzeugung. Die teilnehmenden Schüler schienen dies wortlos bestätigen zu wollen und zeigten sich auf der Bühne motiviert und tatendurstig.
„Die Motivation der Teilnehmenden und der Zusammenhalt innerhalb des Jahrgangs waren dieses Mal deutlich ausgeprägter als bei manchen Projekten der Vorjahre“, bestätigt Marc Seis. „Zumindest war der Widerstand deutlich geringer als gewohnt“, fügt Amaya Lubeigt lachend hinzu und erklärt: „Bei jedem unserer Projekte gibt es unter den Teilnehmern immer eine kleine Personengruppe, welche die Mitarbeit zumindest am Anfang kategorisch ablehnt.“ Manche bleiben sogar den abschließenden Aufführung fern. Auch dieses Mal verweigerten zehn Jahrgangsangehörige die Mitwirkung. „Das hat nicht immer etwas mit fehlender Motivation, sondern häufig auch mit Lampenfieber und mangelndem Selbstvertrauen zu tun“, bedauert Seis. „Bisweilen fehlen bei den Aufführungen sogar Schüler, die sich während der Projektwoche als besonders talentiert herausstellen.“
Ein wenig Improvisationstalent war am Tag der Aufführung von der Schulleitung gefragt: Entgegen früheren „Loopers“-Produktionen benötigt „Home, Sweet Home“ pro Mitwirkendem einen Stuhl als Requisite, welche die Schüler ursprünglich von zu Hause mitbringen sollten. „Da dies jedoch nicht der Fall war, bestand unsere morgendliche Aufgabe darin, spontan 60 Stühle für die Aufführung zu organisieren.“