Zu Beginn des neuen Jahres hat der letzte Hecklader bei der Abfallwirtschaftsgesellschaft (AWG) Bassum ausgedient. Vermutlich wäre das im beladenen Zustand 26 Tonnen schwere Fahrzeug für Grün- und Restabfall schon etwas eher in den Ruhestand entlassen worden. Da aber auch AWG-Mitarbeiter Günter Dirks zum Februar in Rente geht und sich technisch nicht noch extra umstellen sollte, scheiden Fahrer und Fahrzeug zeitgleich aus.
Im Gebiet des Entsorgungsunternehmens sind dann ausnahmslos Seitenlader unterwegs. Für diese wird lediglich ein Fahrer benötigt, kein weiterer Mitarbeiter, der wie beim Hecklader hinten mitfährt und die Tonnen zwischen Auto und Bürgersteig bewegt. Per Joystick und Kamera bedient der Fahrer nur noch einen hydraulischen Arm, der nach der Abfalltonne greift. „Der Seitenlader ist prädestiniert für den ländlichen Raum“, sagt Christoph Schweers, Einsatzleiter im Fuhrpark der AWG. In dünner besiedelten Gebieten stehen schließlich auch die Tonnen weiter auseinander, als es zum Beispiel in der Stadt der Fall ist.
Als weiteren Vorteil zählt Schweers auf, dass die Seitenlader zudem zu jeder Tageszeit und bei jedem Wetter konstante Leistungen bringen. Natürlich spart die AWG auch einen Fahrer im Vergleich zum Hecklader ein. Im Zuge der Umstellung sei jedoch kein Mitarbeiter entlassen worden, betont Schweers. Die Zahl sei eher noch angestiegen. Mit jeder eingeführten Abfalltonne sei neues Personal benötigt worden. Vier verschiedene sind es inzwischen im Landkreis. „Es gibt vier Mal so viel zu fahren als noch vor 20 Jahren“, sagt der AWG-Mitarbeiter. Dadurch, dass seit Anfang des Jahrtausends auch der Südkreis von der AWG Bassum bedient wird, seien ebenfalls neue Mitarbeiter benötigt worden. Die Ausbildung ist bei beiden Fahrzeug-Typen die gleiche: ein Lastwagen-Führerschein mit Berufskraftfahrer-Modulen. Für den Umstieg auf den Seitenlader bedarf es einer Schulung – und etwas Übung, wie Schweers schildert.
Für die Bürger bedeutet der letzte Baustein der Umstellung, dass sie künftig auch ihre Rest- und Bioabfalltonne anders an die Straße stellen müssen. Nämlich nicht mit dem Griff nach vorne, sondern möglichst mit der Öffnung zur Straße und nah am Bordstein. „Die Tonnen sind entsprechend gekennzeichnet mit Pfeilen darauf“, erklärt Christoph Schweers. Bürger kennen das schon von der Papier- und Verpackungstonne.
Laut Schweers würde es zudem die Arbeit der Abfallwirtschaftsgesellschaft erleichtern, wenn die Tonnen immer paarweise an der Straße stehen. „Da wir Doppelkämme im Fahrzeug haben, könnte man zwei gleichzeitig leeren“, sagt Schweers. Das würde die Haltezeiten verkürzen. „Je weniger Stop-and-go es gibt, desto weniger Lärm entsteht“, weist Dominik Albrecht, Sprecher der AWG Bassum, auf einen positiven Effekt hin. Natürlich sei es freiwillig, die Tonnen paarweise an die Straße zu stellen. Manche Häuser seien eben zu weit voneinander entfernt – vor allem in ländlichen Gebieten.
Der Fuhrpark der AWG umfasst rund 30 Fahrzeuge. Das Unternehmen verfügt über eine eigene Werkstatt, denn die schweren Lastwagen haben durch das ständige Anhalten und Losfahren einen hohen Verschleiß, erklärt Christoph Schweers. Der letzte verbliebene Hecklader werde Anfang 2020 verkauft. Er wird einem anderen Abfallbetrieb wohl als Reservefahrzeug dienen oder in den Export gehen, denkt Schweers. „Die Fahrzeuge haben nach einigen Jahren ihren Dienst getan“, sagt er.
Mit dem letzten Hecklader der AWG, der je nach Einsatztag auch in Teilen Stuhrs unterwegs ist, endet auch für Kraftfahrer und Müllwerker Günter Dirks eine Ära. Als er vor fast 41 Jahren bei der AWG anfing, war überall nur der eine Typ Fahrzeug unterwegs, ein Fahrer, zwei Leute hinten drauf. Die Stammroute des AWG-Mitarbeiters führte lange über Stuhr, Bassum, Twistringen und Syke. Als er anfing, gab es nur eine Tonne – und die wurde einmal die Woche abgeholt. Früher ist er gerne hinten mitgefahren, um die Abfallbehälter in das Fahrzeug zu kippen. Inzwischen nimmt der 63-Jährige aber vorlieb mit der Fahrerkabine, insbesondere wegen seines Rückenleidens. Auch da zeige sich ein Vorteil des Seitenladers, sagt Christoph Schweers. Pro Tonne kämen leicht mal 150 Kilogramm zusammen, die sonst per Hand bewegt werden müssten. Günter Dirks hat in einer Zeit angefangen, in der die Behältnisse nicht einmal mit Rollen ausgestattet waren und aus Metall bestanden. 35 bis 50 Kilo wog da eine Abfalltonne. „Man hat damals mal eben 1000 Stück am Tag weggewuppt“, erzählt er.
Anfang 1979 war er zur AWG in Bassum gekommen. Ausgerechnet im Rekordwinter. „Im Januar haben wir die ersten 14 Tage nur Schnee geschippt“, erinnert er sich. Im Folgemonat herrschten bis zu 28 Grad minus. An den Haltegriffen am Fahrzeugende froren die Hände fest, sagt Dirks und zeigt auf die Griffe am letzten noch aktiven Hecklader der AWG. Sie sind heute mit Gummi überzogen. Die beiden Kollegen, die in der Kälte am Fahrzeug mitfuhren, setzten sich bei Standheizung im bitterkalten Winter 1979 abwechselnd in die Fahrerkabine. „Schuhe und Handschuhe wurden zum Aufwärmen ausgezogen“, erzählt Dirks. Das sind Geschichten, die ihm sehr lebhaft in Erinnerung geblieben sind. Genau wie Begegnungen mit den Bürgern. Einige hatten die Mitarbeiter der Abfallwirtschaft schon erwartet und tippten auf ihre Uhren, wenn die Zeit mal nicht stimmte – genau wie Dirks, als er davon erzählt. „Ich habe immer Spaß an der Arbeit gehabt“, sagt der Weyher, der Elektroinstallateur lernte, sich dann für einen Job im öffentlichen Dienst entschied.
Das Entsorgungsunternehmen hat über die Jahre immer mehr zu tun bekommen, sagt Günter Dirks. Allein durch die vielen zusätzlichen Touren. „Der Verpackungsmüll ist durch den Internethandel mehr geworden“, sagt er. Der Rest sei oft saisonabhängig. Im Sommer sind es oft drei statt zwei Touren Bioabfall am Tag, kurz nach Weihnachten wird wohl auch der Restmüll mehr werden, denkt er. Was für viele ein Hinderungsgrund wäre, als Müllwerker zu arbeiten, ist für den baldigen Rentner nicht der Rede wert. Den Abfallgeruch, sagt er, nehme er gar nicht mehr wahr. Dirks jedenfalls freut sich, dass er den letzten Hecklader der AWG, die um die 100 000 Haushalte im Landkreis von Abfall befreit, bis zum letzten Arbeitstag fahren darf.