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Weyhe-Leeste. Sie kommen: Wenn spätestens im März die Temperaturen konstant in den zweistelligen Bereich klettern, wandern wieder bis zu 10 000 Amphibien, meist Kröten und Molche, aus den umliegenden Wäldern in Richtung Böttchers Moor. Das Kleine Moor ganz in der Nähe ist ihr bevorzugtes Laichgewässer. Doch dort werden sie jetzt kaum ihren Nachwuchs bekommen können, denn „Gewässer“ trifft es derzeit nicht mehr richtig: Nur noch Matsch ist seit drei Monaten übrig, wo laut Thomas Brugger von der Weyher Nabu-Gruppe vor ziemlich genau einem Jahr der Messpegel noch bei 96 Zentimetern stand. Das Kleine Moor, es ist ihm zufolge zum ersten Mal überhaupt komplett trockengefallen. Angrenzende Anwohner bestätigen dies, nach ihren Angaben gab es hier und im Großen Moor nie so niedrige Wasserstände.
Ins eigentliche Böttchers Moor werden die Tiere wohl oder übel weiterziehen müssen, um überhaupt ablaichen zu können. Doch obwohl dort immerhin eine Tiefe von knapp einem Meter geblieben ist, sind die Bedingungen für sie alles andere als optimal. „Irgendjemand hat da Sonnenbarsche ausgesetzt, die sich rasant ausgebreitet haben“, erzählt Brugger. Hinzu komme, dass die Trockenheit die Ufervegetation so hat zurückgehen lassen, dass es kaum noch etwas gibt, an dem die schwimmenden Eier befestigt werden können. „Das stirbt alles aus hier“, fasst der Nabu-Vorsitzende drastisch zusammen, wohin die Entwicklung seiner schlimmsten Befürchtung nach steuert.
Der lange, heiße und niederschlagsarme Sommer 2018 hatte sicher seinen Anteil daran, dass die Situation ist wie sie ist. Doch Thomas Brugger sieht den Grund dafür noch woanders: in der Trinkwassergewinnung durch die Syker Vorgeest beziehungsweise die Harzwasserwerke. Letztere betreiben ihm zufolge 19 Brunnen zur Grundwasserentnahme in der Region, drei in Stuhr, sieben in Syke und gleich neun in Weyhe. Mit den Brunnen 11 und HFB3 sind zwei davon nur weniger als 1000 Meter vom Böttchers Moor entfernt. Sie seien jeweils vor nicht allzu langer Zeit erneuert worden – um noch effektiver abzupumpen, wie Brugger meint.
Das Problem in seinen Augen: Rund 16 Millionen Kubikmeter Trinkwasser durften die Harzwasserwerke bisher fördern, 2012 sei aber bewilligt worden, dass es künftig bis zu 20 Millionen sein können. Auflage war, dass ein sogenanntes Beweissicherungsverfahren mögliche negative Auswirkungen auf die Natur ermittelt. Die Krux in Bruggers Augen: Auftraggeber des Gutachtens waren die Harzwasserwerke selbst, die Untersuchung dazu nahm das Unternehmen ebenfalls in die eigenen Hände. Und das Ergebnis war, dass beide Schlatts, das Große Moor und das Kleine Moor, sowohl aus dem Grundwasser als auch direkt über Niederschläge gespeist werden. „Wir vom Nabu haben aber ein eigenes Monitoring vorgenommen und haben herausgefunden, dass das Kleine Moor komplett vom Grundwasser abhängig ist. Regenfälle schaffen es gar nicht, das zu füllen“, sagt Brugger.
Das erkläre auch starke Schwankungen beim Pegel. Der Nabu-Mann: „Das Große Moor hingegen scheint von der Sohle her dicht zu sein, das zieht sein Wasser eher aus den Seitenräumen.“ Beim vereinfacht gesagt nach unten offenen Kleinen Moor, das sein Wasser offensichtlich aus dem Erdreich bekommt, werde der durch die Wassergewinnung sinkende unterirdische Spiegel daher zum Problem, wie er erklärt. Einen Meter unter der Oberfläche begann dieser sonst, wurde dann durch die Entnahme um 0,75 Meter reduziert und durch die erhöhte erlaubte Menge, die die Harzwasserwerke nutzen wollen, würde er noch einmal um einen halben Meter fallen. „Das ist dann halt unter der Gewässersohle“, sagt Brugger.
Eine Lösung wäre das Befüllen des Moores. Oder wie er es zusammenfasst: „Wenn ich ein Gewässer künstlich leer saugen kann, kann ich es auch künstlich wieder befüllen.“ Zu einer solchen oder anders gearteten Kompensation seien die Harzwasserwerke, von denen am Dienstag keine Stellungnahme zu erhalten war, aber nicht bereit.
Der Ansatz müsste aber ein ganz anderer sein, findet er, nämlich die Reduzierung der entnommenen Wassermengen. Denn aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Fraktion an den Bremer Senat aus dem Jahr 2015, die ihm vorliegt, geht hervor, dass die Hansestadt Abnehmer von nicht weniger als 80 Prozent des im südlichen niedersächsischen Umland gewonnenen Trinkwassers aus Brunnen ist. Er kritisiert, dass Bremen die eigene Wasserförderung aus der Weser aufgegeben hat – weil es nicht so steril ist, deswegen anders gereinigt werden muss und dies das Ganze eben verteuert. „Man kann deshalb Weyhe doch nicht so stark belasten, dass der Naturhaushalt zusammenbricht“, beklagt er.
Immerhin: Die betroffenen Akteure sehen nun offenbar alle ein, dass es so nicht weitergehen kann am Böttchers Moor. Wie Steffen Nadrowski, Leiter des Fachbereichs Gemeindeentwicklung und Umwelt, auf Anfrage bestätigt, soll es kurzfristig einen Termin geben, bei dem sich auch Vertreter von Landkreis Diepholz und Harzwasserwerken mit dem Nabu Weyhe ein Bild vor Ort machen wollen, „um die Perspektiven für einen langfristigen Erhalt zu erörtern“. Aber: „Kurzfristige Maßnahmen“ werden seitens der Fachverwaltung „aus geohydrologischen Gründen“ eher kritisch gesehen, bremst Nadrowski die Erwartungen.
Er schließe aber zumindest nicht aus, dass beim Fallen des Wasserspiegels im Kleinen Moor unter die Nullmarke die Grundwasserentnahme eine Rolle gespielt hat. Er verweist andererseits auf die bereits erfolgte Entschlammung der Schlatts durch die Gemeinde als Eigentümerin. Für das Böttchers Moor werde derzeit zudem ein Gutachten erarbeitet, das unter anderem Aussagen zur langfristigen Sicherung des Gewässers beinhalten wird, verrät Nadrowski. Dabei solle auch die Regulierung des Bestandes etwa an Amphibien berücksichtigt werden – die jetzt aber erst einmal ohne ihren angestammten Laichplatz überstehen müssen.
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Na sowas….
In Bremen ist die Zusammenarbeit und Begutachtung über die städtischen Gesellschaften passend gesteuert. Auch wenn im Hause des Umwelt-/Bausenators eine grüne Lunge wie die Rennbahn, dann mal so nicht bewertet wird. Zurück zum Moor, natürlich ist das Schade. Allerdings auch das natürliche Leben des Moor wird dieses überstehen. Trockenheiten hat es immer mal gegeben und bisher läuft der Winter doch recht positiv für die Erholung.