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Kommentar Schlimm genug

Wer Bürgermeister ist oder in anderer Form Verantwortung übernimmt, muss mit Konflikten leben. Allerdings hat sich der Stil der Auseinandersetzungen verändert. Und das ist schlecht, kommentiert André Fesser.
12.01.2020, 09:00 Uhr
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Schlimm genug
Von André Fesser

Ein paar böse Postkarten, empörte Anrufe oder Diffamierungen in den Sozialen Medien – die Bürgermeister der Region, das hat unsere Umfrage in dieser Woche ergeben, müssen im Alltag einiges ertragen. Konkrete Bedrohungen oder gar Angriffe auf Leib und Leben zählten bislang aber nicht dazu. Alles halb so schlimm, also? Natürlich, das geben auch die Amtsträger zu Protokoll, hat man den Streit bei der Berufswahl Bürgermeister gleich mit dazugebucht. Wer Verantwortung übernimmt, stellt sich ins Feuer, denn in einer vielseitigen Gesellschaft mit unterschiedlichen Typen und Interessen wird man es nie allen recht machen können. Das muss auch nicht so sein, denn Demokratie und Rechtsstaatlichkeit bieten ausreichend Handwerkszeug, um Konflikte so abzuhandeln, dass sich am Ende alle fair behandelt fühlen und zumeist auch mit den Ergebnissen leben können.

Dennoch haben sich die Maßstäbe verschoben. Die sogenannten Sozialen Medien haben Kommunikationswege verändert und bewirkt, dass der Umgang heute ein anderer ist. Musste man früher aufwendig einen Brief schreiben oder persönlich im Rathaus vorstellig werden, reichen heute ein paar Klicks aus, um jemanden zu kritisieren. Das hohe Tempo, das im Netz herrscht, lässt einen da schon mal die gute Kinderstube vergessen. Eine Grenzüberschreitung ist schnell passiert und die Fülle der Beleidigungen und Diffamierungen führt auf Dauer zur Gewöhnung. So wird schlechter Stil irgendwann ganz normal.

Hier in der Region ist die Zahl solcher Ausfälle überschaubar. Das liegt auch an den Lebensbedingungen. Den meisten geht es gut, soziale Brennpunkte muss man suchen und Extremisten leben ihre Gesinnungen bevorzugt in den eigenen vier Wänden aus. Dass der Schwachsinn aber nicht weit entfernt ist und die heile Welt schnell kaputt gehen kann, zeigt das Beispiel des Oldenburger Polizeipräsidenten, der nach seiner Kritik an Internethetze und AfD-Politikern mit dem Tod bedroht worden sein soll. Anderswo werden Patronen verschickt oder Telefonterror verübt. Es ist also schon in guten Tagen schlimm genug. Wie wird es nur werden, wenn die Zeiten mal schlechter werden?

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