Bremen-Nord / Lemwerder. Lederwaren sind seit 38 Jahren sein Metier. Daher steht Thorsten Michaelis auch während des Lockdown fast jeden Tag für einige Stunden in seinem gleichnamigen Geschäft in Vegesack. Er hofft auf Kunden, die sich spontan in eine der Taschen im Schaufenster verlieben. Und das passiert tatsächlich regelmäßig. „Die Kunden klopfen dann oder rufen an.“ Auf einem Tisch im Seiteneingang zeigt der Geschäftsinhaber ihnen bei Bedarf das ersehnte Modell. „Oder wir vereinbaren telefonisch einen Termin. Das klappt gut“, sagt der 58-jährige Nordbremer, der die Ware bei Bedarf auch ausliefert.
Zwar seien durch Corona mehr als die Hälfte der Einkünfte weggebrochen, aber die Vegesacker halten zusammen“, betont Michaelis. „Miete und Gehälter kriegen wir deshalb zusammen.“ Vollkommen eingebrochen sei der Verkauf von Reisegepäck. „Momentan will niemand einen Koffer.“ Allerdings starte jetzt der Verkauf von Ranzen für die Schulanfänger. „Das beginnt immer im Januar oder Februar. Unsere übliche Ranzen-Party findet in diesem Jahr natürlich nicht statt“, betont der Einzelhandelskaufmann, der den Laden bereits in dritter Generation betreibt.
Aber auf die Stammkunden sei Verlass. „Die kaufen nicht im Internet, die wollen ihr Geld in Vegesack lassen“, weiß Thorsten Michaelis und ergänzt: „Die wissen, dass es uns nicht gut geht und wollen auch kein Wechselgeld.“ Für jene Kunden, die doch lieber online einlaufen, habe seine Tochter Charleen Michaelis allerdings einen Facebook-Account gestaltet. Michaelis: „Das war schon vor Corona. Sie macht das sehr gut.“
Kai Horstmann ist Inhaber von sieben Bekleidungsgeschäften, die unter den Namen „Cactus Fashion“ oder „Horstmann“ firmieren. Davon befinden sich vier in Vegesack, Lesum, Schwanewede sowie in Lemwerder. Die meisten Menschen kleiden sich während des Lockdowns zwar eher pragmatisch. Manch einer sehnt sich allerdings doch nach einem neuen Look. Da bleibt aktuell nur der Blick ins Internet. „Wir vermarkten unsere Ware deshalb auch über Instagram und Whatsapp-Business“, erzählt Horstmann.
Besonders gefragt ist derzeit zwangsläufig Homeoffice- und sofataugliche Kleidung. Im Fachjargon: Homewear, Cosy Wear oder Loungewear. Weniger gefragt sind elegante Krawatten, Anzüge oder Jacketts, festliche Kleider oder Blusen.
Der 44-jährige Firmenchef nutzt die sozialen Medien, um Kontakt zu registrierten Stammkunden zu halten. „Da wird nun aktuell auch die neue Ware reingestellt, beispielsweise Strickpullover oder dicke Jacken. Das funktioniert einigermaßen“, sagt Horstmann. Allerdings seien dort aktuell maximal 400 der rund 25 000 Kunden unterwegs. Der Verkauf der Winterjacken sei dennoch ganz gut gelaufen.
Jetzt gelte es, auch die winterlichen Strickwaren zu verkaufen. Tatsächlich bekommt er kurz darauf Anfragen zu einem Winterpullover. „Mehrere Kundinnen interessieren sich gleichzeitig für dasselbe Modell, aber nur eine kann ihn kriegen“, sagt der Geschäftsmann. Die Schnellste kann sich das Modell zum verabredeten Zeitpunkt entweder selbst zu sogenannten „To-go-Zeiten“ in der Filiale abholen oder liefern lassen.
Der Kauf über diesen Vertriebsweg werde vorwiegend von 30- bis 60-Jährigen genutzt, die mit den soziale Medien vertraut seien. „Auf vielen Artikeln bleiben wir sitzen“, bedauert Horstmann. Dennoch sei es nicht denkbar, das diesjährige Sortiment im nächsten Winter abermals regulär anzubieten. Einige Größen seien dann bereits vergriffen „und die Kunden wollen in der nächsten Wintersaison die neue Ware. Zu 88 Prozent ist Mode dem Verfall unterworfen“, so der Geschäftsführer.
Für die aktuelle Frühjahrsware schafft sein Team schon Platz in Regalen und auf Kleiderständern. Die Kosten für Mieten, Personal und vor allem auch die Waren seien enorm. Aber Kai Horstmann bleibt zuversichtlich: „Wir rechnen mit einer Eröffnung im Frühling.“