Hatice Kocak: Als Sozialdienst muslimischer Frauen Delmenhorst befinden sich unsere Räumlichkeiten in Delmenhorst, jedoch arbeiten wir nicht nur lokal vor Ort, sondern auch regional und überregional über die Stadt- und sogar Bundeslandgrenzen hinaus. In diesem Rahmen sind wir von Anfang an auch in Bremen-Nord aktiv gewesen. Wir stiften Patenschaften, koordinieren diese und stehen den Paten und Mentees beratend und begleitend zur Seite. Unsere Öffnungszeiten in unserem Büro in Delmenhorst sind von Dienstag bis Donnerstag von 10 bis 15 Uhr, jedoch wird pandemiebedingt im Moment nur nach telefonischer Absprache Besuch empfangen. Man erreicht uns unter der Nummer 01 74 / 2 75 37 75.
Warum hat der SmF seinen Dienst auf Bremen-Nord ausgeweitet?Als Verein ist es unser vordergründiges Ziel, Menschen aus sozial benachteiligten Kreisen und in schwierigen Lebenslagen zu unterstützen. Hierbei konnten wir einerseits Menschen in Bremen-Nord erreichen, die ehrenamtlich tätig werden wollten und andererseits Mentees, die Unterstützung brauchten.
Welche Angebote gibt es?Unsere Arbeit zeichnet sich durch Beratungs- und Begleitungsangebote aus. In diesem Sinne werden Patenschaften gestiftet. Dies führt nicht nur dazu, dass das ehrenamtliche Engagement und die gesellschaftliche Teilhabe, sondern auch das soziale Miteinander gefördert werden. Zu unserem Arbeitsprogramm gehören unter anderem Workshops, Seminare und Mitmachangebote, an denen Interessierte je nach individuellem Bedarf teilnehmen können. Zu den regelmäßigen Angeboten gehören zum Beispiel unsere Gesprächskreise, Selbsthilfegruppen, Mutter-Kind-Gruppen, Leseförderung, Gesundheitsseminare und vieles mehr. Themenspezifisch versuchen wir dort anzuknüpfen, wo wir aus der Arbeit mit den Menschen Bedarfe erkennen. So hat uns das letzte Jahr zum Beispiel sehr deutlich gezeigt, dass viele Erziehungsberechtigte im Umgang mit digitalen Angeboten bei der Unterstützung ihrer Kinder im Homeschooling überfordert waren. Somit stand die Digitalisierung und in diesem Rahmen Einführungskurse in die Nutzung von digitalen Angeboten auf unserer Agenda für das Jahr 2021.
An wen wenden sich diese Angebote und warum sind sie wichtig?Die Angebote des SmF Delmenhorst richten sich an alle, die Unterstützung benötigen oder ihren Bedarfen entsprechend Interesse an unseren Angeboten zeigen. Neben sozial benachteiligten Familien – besonders mit minderjährigen Kindern – werden auch Menschen mit einer Migrationsbiografie, Geflüchtete, Jugendliche und alle Menschen in schwierigen Lebenslagen betreut und begleitet. Wir arbeiten überkonfessionell und mit Menschen aus diversen Kulturkreisen. Der Name des Vereins steht für die Gründung durch Frauen und meint nicht, dass unsere Angebote sich nur an Frauen richten. Neben Mütterseminaren haben wir zum Beispiel auch Veranstaltungen für Väter, um sie in ihrer Rolle als Elternteil zu stärken, oder Familienangebote, die auch unsere Jüngsten involvieren. Generationsübergreifende und auch generationsspezifische Angebote richten sich an Jung und Alt. Unser Klientel ist bunt gemischt und somit zeichnet sich unsere Arbeit insgesamt durch Vielfalt aus.
Wie wird man auf Ihren Dienst aufmerksam? Wie kommen Sie in Kontakt mit Interessierten?Die Kontaktaufnahme zu unserer Klientel erfolgte zu Beginn größtenteils durch Mundpropaganda und „Weitersagen“. Im Zusammenhang des Patenschaftsprojekts, das wir begleiten, machten sowohl unsere Paten und Patinnen als auch die Mentees andere Menschen mit Unterstützungsbedarf auf unsere Arbeit aufmerksam. Über Social-Media Plattformen hat sich unsere Präsenz dann auch noch weiter ausgebreitet. Außerdem haben wir ein gutes Netzwerk an Kooperationspartnern sowohl in Delmenhorst als auch in der Umgebung, sodass auch hier im Sinne der Verweisberatung Menschen zu uns finden.
Wie viele Menschen nutzen das Angebot?Derzeit betreuen wir in unserem Patenschaftsprojekt über 400 Menschen. Rund 60 Paten haben eine Vielzahl von Mentees, die sie in diversen Belangen unterstützen.
Wie wird der Sozialdienst finanziert?Das Hauptprojekt Patenschaft-Praxis-Qualifizierung (PPQ), in dem wir tätig sind, wird im Rahmen des vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten Programms „Menschen stärken Menschen“ finanziert. Darüber hinaus erfolgt die Finanzierung über Mitgliederbeiträge und Spenden.
Gibt es in Bremen-Nord eine Zusammenarbeit mit anderen Vereinen oder Diensten?Noch haben wir keine Kooperationen in Bremen-Nord.
Wie konnten und können Sie Ihre Arbeit während des Lockdowns fortsetzen?Der Lockdown hat auch uns als Verein vor neue Herausforderungen gestellt. Wir versuchen, in allen Belangen die Eindämmung der Pandemie zu unterstützen, sodass wir auch unsere Arbeit angepasst haben. Unsere offenen Beratungsstunden können nur noch nach terminlicher Absprache oder telefonisch stattfinden. Auch für unsere Angebote haben wir Alternativen gefunden, sodass solche, die auch online geführt werden können, derzeit mithilfe von Videokonferenzen umgesetzt werden - zum Beispiel Gesprächskreise, Online-Leseförderung oder Nachhilfe. Im letzten Sommer haben wir außerdem vermehrt Aktivitäten und Angebote unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln im Freien durchgeführt. Natürlich haben die Maßnahmen auch Auswirkung auf die ehrenamtlichen Tätigkeiten unserer Paten und Patinnen, die ihre Mentees derzeit, so gut es geht, telefonisch betreuen. Der Lockdown hat uns Neues gelehrt, wir entdecken regelmäßig neue Bedarfe, auf die wir eingehen, und entwickeln Lösungsmöglichkeiten. So sehr uns die sonstige Nähe, die unsere Arbeit mit Menschen auszeichnet, fehlt, hat uns der Lockdown somit reich an Erfahrungen gemacht.
Das Interview führte Ulrike Schumacher.Hatice Kocak (47)
ist seit über zehn Jahren in der Sozialen Arbeit tätig und Vorstandsvorsitzende des Sozialdienstes muslimischer Frauen (SmF) Delmenhorst sowie stellvertretende Bundesvorsitzende des SmF-Verbandes. Sie ist außerdem Regionalkoordinatorin für Niedersachsen und Bremen.