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Orhan Müstak, Schauspieler mit kurdischen Wurzeln und Berner Vergangenheit, spielt eine Hauptrolle in der Sat.1-Serie Danni Lowinski Über die Begu-Bühne ins Fernsehen

Orkan Topal hat Glück. Seine Anwältin Danni Lowinski hat ihn vor Gericht rausgepaukt. Zu sehen war das in der ersten Folge der vierten Staffel der Sat.1-Serie "Danni Lowinski". Aus Dankbarkeit für ihre Hilfe ermittelt der geläuterte Orkan Topal in den nächsten Folgen der Staffel für die unkonventionelle Rechtsanwältin Danni Lowinski (Annette Frier). Verkörpert wird Topal von Orhan Müstak, einem Schauspieler mit kurdischen Wurzeln und Berner Vergangenheit.
28.01.2013, 05:00 Uhr
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Über die Begu-Bühne ins Fernsehen
Von Barbara Wenke

Orkan Topal hat Glück. Seine Anwältin Danni Lowinski hat ihn vor Gericht rausgepaukt. Zu sehen war das in der ersten Folge der vierten Staffel der Sat.1-Serie "Danni Lowinski". Aus Dankbarkeit für ihre Hilfe ermittelt der geläuterte Orkan Topal in den nächsten Folgen der Staffel für die unkonventionelle Rechtsanwältin Danni Lowinski (Annette Frier). Verkörpert wird Topal von Orhan Müstak, einem Schauspieler mit kurdischen Wurzeln und Berner Vergangenheit.

Berne. Mit viel Talent, Fleiß und Begeisterung ist es dem 28-jährigen Orhan Müstak, der seine Jugend in Berne verbrachte, gelungen, seinen Weg vom kurdischen Flüchtlingsjungen zum erfolgreichen Schauspieler zu machen. In der südlichen Wesermarsch wagte er die ersten Schritte auf die Bühne.

"Wir sind von einem Asylcamp zum nächsten gezogen", erinnert sich Müstak an seine Odyssee als Zwölfjähriger. "Viele Leute denken, man sei Türke und da gäbe es keine Unterschiede", sinniert der 28-Jährige. Doch damit verkenne der Betrachter die tatsächliche Lage in seinem Heimatland. Denn er sei Kurde. Sein Vater, Opa und Onkel seien gefoltert worden. Deshalb verließ die Familie die Türkei.

Die Müstaks fanden schließlich in Berne eine neue Bleibe. Doch auch der Ort an der Unterweser war nicht gerade das Paradies für den Flüchtlingsjungen. "In Berne gab‘s Jugendliche, die mich und meine Brüder nicht in Ruhe gelassen haben." Auf dem Pausenhof des Schulzentrums rieben sich die Klassenkameraden an den Neulingen. Die Behörden hatten den jungen Orhan in der Hauptschule untergebracht, weil ihnen seine Deutschkenntnisse nicht ausreichten, um am Unterricht der Realschule teilnehmen zu können.

Am Schulzentrum traf Orhan Müstak auf Jörg Kowollik, der seinen Lebensweg entscheidend mitbestimmen sollte. Der Oldenburger Theaterpädagoge bot den Jugendlichen Übungen an, "wie man sich schlagen kann, ohne sich weh zu tun", erinnert Müstak. Das hat den Jungen fasziniert. "Ich fand das Theaterprojekt ’ne coole Sache. Ich glaub‘, ich war der einzige Ausländer da." Auf der Bühne gab es keine Probleme mit anderen Jugendlichen. Doch schon bald wurde das Projekt mangels finanzieller Unterstützung eingestellt.

Die Berner Schule bot Orhan Müstak nach der neunten Klasse keine Perspektive mehr. Deshalb wechselte er an die Eschhofschule in Lemwerder. Dort wollte der Berner den Realschulabschluss erwerben. Die schulischen Leistungen stimmten. "Ich war Zweitbester meiner Klasse", erinnert sich der Schauspieler. Der Wechsel gestaltete sich für Müstak aber noch aus einem weiteren Grund zum Glücksfall: Bei einem Schulausflug in die Begu begegnete er seinem Schauspiel-Mentor wieder.

Von Lemwerder nach Oldenburg

"Da kam ein Mann auf die Bühne und sagte, dass sie dort eine Jugendtheatergruppe gründen wollen". Unschwer erkannte Orhan Müstak den Mann als Jörg Kowollik und trat der Gruppe begeistert bei. Mit "Splash", wie die jugendlichen Schauspieler sich tauften, studierte der Berner zwei Stücke ein und führte sie auf. Schnell stellte Müstak fest, dass das Darstellen anderer Charaktere sein Ding ist.

Nach zwei Jahren, in denen er angefangen hatte die Berufsfachschule in Nordenham zu besuchen, dämmerte es Müstak, dass er etwas ändern müsse. "Wenn ich in Lemwerder bleibe, bleibe ich stecken", stellte er für sich fest. Deshalb wechselte der junge Mime die Bühne, folgte Jörg Kowollik zu dessen Oldenburger Theatergruppe "Rollentausch". "Irgendwie hab ich‘s immer wieder geschafft, zwischen Schule und Theatergruppe hin und her zu fahren", erinnert sich der 28-Jährige an eine stressige Jugend, denn nebenbei jobbte der Nachwuchsschauspieler auch noch als Servicekraft in einem Kino.

Wieder einmal spielte Jörg Kowollik Schicksal. Er machte Orhan Müstak mit dem Dramaturgen des Oldenburger Staatstheaters bekannt. "Den hab‘ ich einfach angequatscht." Ganz unverhofft erhielt der Berner mehrere kleine Rollen und "ein bisschen Text" im damaligen Weihnachtsmärchen "Das Dschungelbuch". Das Gefühl vor 900 bis 1000 Zuschauern zu spielen sei unbeschreiblich gewesen. "Es ist ja nicht selbstverständlich, dass man im Staatstheater ohne Ausbildung etwas zu sprechen bekommt."

Zwischenzeitlich hatte Orhan Müstak ein Informatikstudium in Emden begonnen. Als er in seinen Vorlesungen immer öfter feststellte, dass seine Gedanken um die Rollen statt um Formeln kreisten, entschied sich der begeisterte Laienschauspieler, "jetzt Gas zu geben" und sein Hobby zum Beruf zu machen. Er bewarb sich an unzähligen Schauspielschulen, wurde acht Mal zum Vorsprechen eingeladen – und fiel acht Mal in der ersten Runde durch. "Ich hatte immer das Gefühl, wenn ich die erste Runde schaffe, dann geht es weiter", sagt er rückblickend. Doch vorerst steckte er fest. Bei einem Vorsprechen in Rostock fühlte er sich erstmals rundum wohl. Zwar schaffte er auch hier die Aufnahme nicht, erhielt aber ein so intensives Feedback, dass er sich für das nächste Jahr besser vorbereiten konnte. Die erste Runde, die erste Hürde, war geschafft.

Durchbruch in Dortmund

Nach der zweiten Runde verrieten die Dozenten ihm bereits, dass sie seine Leistung gut fanden. Drei Wochen lang bastelte Orhan Müstak anschließend an Shakespeares Hamlet-Monolog "Sein oder nicht sein" und schaffte schließlich die Aufnahme in die Rostocker Schauspielschule. Noch bevor er seinen Abschluss machte, ergatterte er am Theater Dortmund die Hauptrolle des Ali Baykurt in dem Solostück "Dreck". Wenig später folgte die Festanstellung am Theater Freiburg, wo Müstak in den vergangenen beiden Jahren unter anderem die Titelrolle in Kleists Michael Kohlhaas spielte.

Mit einem Ruf des Fernsehens hatte der 28-Jährige nicht gerechnet. "In den Theaterferien 2012 war ich bei meiner Familie in Delmenhorst, als mich mein Agent anrief und sagte: ,Du hast ein Casting bei Danni Lowinski‘." Danni wer? "Ich kannte die Serie gar nicht", räumt der Theaterschauspieler ein. Er trat die Reise nach Köln dennoch an und erhielt die Rolle als Orkan Topal. "Das ging alles ruck zuck." Noch zehn Tage lang wird der Neu-Freiburger für den Privatsender vor der Kamera stehen.

Das Theater Freiburg hat dem ehemaligen Berner keine Steine in den Weg gelöst, löste seinen Vertrag und engagierte ihn für drei Abende als Gastschauspieler. So konnte Orhan Müstak weiter den Werther geben, zuletzt gestern Abend. In der Rolle des Orkan Topal ist der 28-Jährige heute Abend wieder um 21.15 Uhr bei Danni Lowinski auf Sat.1 zu sehen.

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