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DIE NORDDEUTSCHE vor 25 Jahren Umstrittene Pläne für den Sedanplatz

Ein Blick in die Ausgaben vom Oktober 1993 zeigt, dass das Thema Ozonloch und Klimaschutz schon damals eine wichtige Rolle spielten. Außerdem ging es um die Zukunft des Sedanplatzes und der Roland-Kaserne.
12.10.2018, 17:41 Uhr
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Von Marina Köglin

Eine Bildungskampagne, in der Schulkinder Tabakpflanzen anbauen und beobachten – das klingt erst einmal ungewöhnlich. Im Mittelpunkt der Kampagne stand allerdings das Treibhausgas Ozon. Während es in der Stratosphäre nötig ist, um die Erde vor schädlicher ultravioletter (UV-) Strahlung zu schützen, gefährdet es in Bodennähe als sogenannter Sommersmog die Gesundheit von Menschen und Tieren. Ist es für mehrere Tage sonnig und heiß, steigt die Ozonkonzentration an und das kann gesundheitliche Probleme wie Kopfschmerzen, Augenreizung oder Atemwegsprobleme hervorrufen.

Um dieses bodennahe Ozon sollte es bei einer Bildungskampagne gehen, die die Umweltstiftung WWF vor 25 Jahren gemeinsam mit dem Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft durchführte. An dem Ozon-Projekt nahm auch die Ökologiestation in Schönebeck teil. Die Kampagne sollte vor allem in Schulen einen Beitrag zur Klimadiskussion leisten und das Problembewusstsein stärken. Eine wichtige Rolle spielte dabei die Takaksorte „Nicotiana tabacum Bel-W 3“. Pflanzen dieser Sorte sind gegenüber Ozonbelastungen nämlich besonders empfindlich: Sie reagieren mit grauen oder braunen Flecken. Im März waren sie im Garten der Ökologiestation ausgesät worden. Und wie in der NORDDEUTSCHEN vom 14. Oktober 1993 zu lesen war, „waren gerade die frühen Blätter ozongeschädigt: Ende April, Anfang Mai war es in Bremen richtig sommerlich gewesen.“

Die Markthalle auf dem Sedanplatz sorgte bereits 14 Jahre vor ihrer Eröffnung für Diskussionen. „Die Markthalle wäre ein Gewinn“, wurde der damalige Vegesacker Ortsamtsleiter Reiner Kammeyer in einem Artikel vom 15. Oktober 1993 zitiert. Die Bebauung des Sedanplatzes bezeichnete er „als Voraussetzung für eine weitere Attraktivitätssteigerung des Mittelzentrums“. Schließlich habe sich herausgestellt, „dass der von der Breiten Straße kommende Fußgängerverkehr kurz vor dem Sedanplatz weitgehend abbricht – es sei denn, es ist gerade Wochenmarkt. Die Markthalle soll eine Lücke schließen und den Anschluss an die untere Gerhard-Rohlfs-Straße herstellen und die Qualität des Sedanplatzes selbst nachhaltig verbessern helfen.“ Marktbezieher und Schausteller befürchteten jedoch Platzverluste durch die Markthalle und starteten eine Fragebogenaktion unter dem Motto „Rettet den Sedanplatz“.

Noch jahrelang sollte darüber gestritten, verhandelt und diskutiert werden, wie der Sedanplatz bebaut werden soll. Verschiedenste Entwürfe standen zur Wahl. Einer von ihnen war das bunte „Symbolon“ des Wiener Künstlers Ernst Fuchs, dessen Entwurf im Jahr 2000 sowohl Begeisterung, als auch Bestürzung auslöste. Das Symbolon wurde nie gebaut, die Markthalle schon: Ende 2007 wurde das Gebäude eröffnet. Auf einer Fläche von rund 1800 Quadratmetern sollte ein Mix aus Gastronomie und frischem Lebensmittelsortiment geboten werden. Zehn Monate nach der Eröffnung, im Oktober 2008, lag bereits die Hälfte der Verkaufsfläche brach. 2010 war auch der letzte Standbetreiber weg und es begann die Zeit der Zwischenlösungen. Mieter kamen und gingen wieder, andere Interessenten (unter ihnen die Drogerie-Kette Müller und eine Bier-Brauerei) sprangen ab. Als Interimslösung belegte der Lebensmittel-Discounter Netto vor einigen Jahren für ein paar Monate zwei Drittel der Markthalle mit einer provisorischen Filiale. Auch die Bürgerhaus-Küche und der Kinder- und Jugendzirkus Tohuwabohu kamen während des Bürgerhaus-Umbaus in der Markthalle unter. Das vorerst letzte Kapitel der Markthallen-Geschichte: Im Juli dieses Jahres hat Tedi eine Filiale in der Markthalle eröffnet.

Um ein noch größeres Vorhaben als die Bebauung des Sedanplatzes ging es in dem Zeitungsbericht „Sahnestück bietet viele Perspektiven“ vom 19. Oktober 1993. Ein Arbeitskreis unter der Leitung der CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Helmut Pflugradt und Ronald-Mike Neumeyer hatte sich Gedanken über die Nachnutzung der Grohner Roland-Kaserne gemacht. „Herausgekommen ist dabei ein großzügiger und ein bisschen utopischer Entwurf“, hieß es in dem Bericht. Ein Sporthotel auf dem Kasernengelände schwebte der Gruppe vor, des Weiteren Sauna, Fitnessstudio, Squash- und Tennisplätze, Finnbahn und ein Bowlingcenter. Außerdem ein Kinocenter, ein Nordbremer „Innovations-Zentrum“, eine Grundschule, ein Kindergarten, ein Kulturzentrum sowie ein Einkaufszentrum mit Gastronomiebetrieben. Darüber hinaus seien in der umgestalteten Roland-Kaserne rund 1000 neue Wohnungen vorstellbar, so der Arbeitskreis. Außerdem müsse das „Finanzamt Bremen-Nord vom Sedanplatz auf das Kasernengelände umziehen und damit im Zentrum Vegesacks Platz für Dienstleistungsunternehmen und Geschäfte frei machen.“ Das „Sahnestück Roland-Kaserne“ biete für Bremen-Nord vielfältige Perspektiven und Chancen, insbesondere im Freizeitbereich. Darum forderten Pflugradt und Neumeyer eine Arbeitsgruppe, die aus Vertretern verschiedener Senatsressorts und Beiratsmitgliedern aus Vegesack und Burglesum zusammengesetzt werden solle.

Letztlich kam alles anders: 1999 wurde mit Unterstützung der Universität Bremen, der Rice University (Houston/Texas) und der Freien Hansestadt Bremen die International University Bremen (IUB) auf dem Gelände der ehemaligen Roland-Kaserne gegründet. Im Herbst 2001 nahm die Privatuni den Studienbetrieb auf. Nach finanziellen Problemen der Universität investierte im November 2006 die Jacobs Foundation 200 Millionen Euro in die Hochschule. Daraufhin gab sich die Universität Anfang 2007 den heutigen Namen Jacobs University Bremen.

Was sonst noch passierte: In Aumund und Schönebeck sorgte Starkregen für Überschwemmungen. Unter dem Titel „So schlimm war es noch nie“ berichtete die NORDDEUTSCHE am 16. Oktober 1993, dass sich der normalerweise etwa zwei Meter breite Beeke-Graben in Aumund „in einen knapp 25 Meter breiten Fluss verwandelt hatte.“ Mit 800 Sandsäcken schützten Feuerwehrmänner die bedrohten Häuser in der Meinert-Löffler-Straße und pumpten das Wasser ab. Die Meinert-Löffler-Straße musste auf Höhe der Lerchenstraße voll gesperrt werden. Auch die Straße Im Dorfe in Schönebeck stand unter Wasser und wurde gesperrt. Dort war die Aue über die Ufer getreten.

Ebenfalls am 16. Oktober 1993 berichtete die NORDDEUTSCHE von „Vandalismus auf Spielplatz“. Ein neu gestalteter Spielplatz hinter dem Einkaufszentrum in Marßel war nur wenige Stunden nach seiner Einweihung angezündet worden. Jürgen Niehaus von der Gartenbauabteilung des Bauamts Bremen-Nord sprach von einem „erschreckenden zerstörerischen Vorsatz“. Die Trümmer der fast vollständig zerstörten „Lilliput-Burg“ sollten bis zur Installation des Ersatzgeräts „als Mahnmal“ stehen bleiben.

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