Bäume kontrollieren, Totholz sägen und immer wieder wässern, wässern, wässern. Die Teams des Umweltbetriebs machen momentan kaum noch etwas anderes. Kerstin Doty weiß das, weil die drei Arbeitsgänge mittlerweile seit mehreren Sommern den Alltag der Kollegen bestimmen. Die Unternehmenssprecherin sagt, dass es auch in diesem Jahr bisher nicht genug geregnet hat – und sich damit die Probleme für die Bäume potenzieren. Und für den Umweltbetrieb.
2018 war heiß, 2019 trocken – und 2020 könnte sich beides wiederholen. Davon gehen zumindest manche Meteorologen aus. Einige gehen schon jetzt vom dritten Dürresommer in Folge aus. Doty will nicht spekulieren, sondern sagen, was ist. Ihr zufolge sind die Bäume schwächer geworden. So schwach, dass immer mehr Krankheiten und Schädlinge haben. Immer mehr Totholz bilden, das entfernt werden muss, damit niemand zu Schaden kommt. Und darum immer mehr Kontrolle notwendig ist. Unterm Strich, sagt sie, wird die Grünpflege immer aufwendiger und teurer.
Die Unternehmenssprecherin kann keine Zahl für Bremen oder den Norden nennen, wie viele Bäume wegen Hitze und Trockenheit so geschwächt sind, dass sie gefällt werden müssen. Ihr zufolge gibt es eben noch viele andere Einflüsse, die Bäume stressen und damit Krankheiten wie einen Pilzbefall begünstigen. Zum Beispiel, wenn der Boden, in dem sie stehen, zunehmend versiegelt wird. Oder wenn ein Auto mit einem Baum kollidiert und eine Wunde hinterlässt, in die Sporen und Käfer eindringen können, die den Stamm nach und nach aushöhlen.
100 Liter pro Baum und Woche
Was sie hingegen sagen kann, ist: Dass 2016 knapp 200 Bäume gefällt werden mussten und zwei Jahre später rund 100 mehr. Dass viele Baumarten gefährdet sind und Birken zu den gefährdetsten gehören, weil sie flach wurzeln und sandigen Boden mögen. Und dass in Bremen drei Kategorien von Bäumen in absteigender Priorität gewässert werden, um sie bei Trockenheit möglichst vital zu halten – Bäume, die gerade gepflanzt wurden, junge Bäume bis zu fünf Jahren und solche, die doppelt oder dreimal so lange stehen. Alle anderen müssen allein zurechtkommen.
Der Umweltbetrieb kommt bremenweit auf 70 000 Straßen- sowie 220 000 Park- und Waldbäume, für die er zuständig ist – im Norden zusammengerechnet auf 93 000. Und von denen werden im ersten Fall 16 000 und im zweiten Fall mehr als 200 gewässert, wenn es zu wenig oder über längere Zeit gar nicht regnet. 100 Liter Wasser gibt es während einer Hitzewelle pro Baum und Woche. Mehr ist nicht zu schaffen, wenn die Trockenheit wochen- beziehungsweise monatelang anhält. Auch dann nicht, wenn andere helfen, die Bäume zu wässern.
2018 und 2019 war der Regen immer wieder so lange ausgeblieben, dass Feuerwehr und Stadtwerke unterstützen mussten, damit das Pensum an Wasser und Bäumen erfüllt werden konnte. Doty spricht von einem Abkommen, das es zwischen allen dreien gibt. Und davon, dass der Umweltbetrieb um Amtshilfe bitten muss, damit die Freiwilligen Feuerwehren ausrücken können, um Grünpflege zu betreiben statt Brände zu löschen. Nach ihrer Rechnung gibt es 53 Frauen und Männer, die beim Umweltbetrieb für den Norden zuständig sind – und zwei Tankwagen für Wasser.
Auch wenn sich 100 Liter in der Woche pro Baum nach einer Menge Wasser anhören, sind es doch vergleichsweise wenig. Doty sagt, dass es darum geht, den Hitzestress der Bäume so gering wie möglich zu halten. Hundertprozentig vermeiden lässt er sich nicht. Wie gestresst die Bäume sind, kann man mittlerweile sehen. Als wäre nicht Sommer, sondern Herbst, lassen immer mehr die Blätter fallen. Doty nennt das Selbstschutz: Die Bäume verringern ihre Verdunstungsfläche, um damit ihre Aussichten zu erhöhen, die Trockenheit zu überstehen.
Doty geht davon aus, dass diese Perioden immer länger und Extrem-Sommer wie 2018 und 2019 irgendwann die Regel sein werden. Seit Jahren setzt der Umweltbetrieb deshalb auf Bäume, die mit weniger Wasser auskommen und damit resistenter gegen Schädlinge sind. Wie der Dreispitz-Ahorn, die Manna-Esche, die Zerreiche.
Trotzdem steigen die Kosten für die Grünpflege von Jahr zu Jahr – und verhandelt der Umweltbetrieb mit der Behörde über einen höheren Etat, um auf das Plus an kranken Bäumen, an Totholz und Kontrollen reagieren zu können. Wie jetzt gerade. Für die Nacht und nächste Woche sind Gewitter angesagt. Doty hofft, dass es nicht nur bei Blitz und Donner bleibt, sondern auch regnet. Und zwar lange. Wenn nicht, rechnet sie damit, dass demnächst wieder Amtshilfe beim Wässern beantragt werden muss.