Geplant war seine „Rentner-Karriere“ nicht, wie Joachim Wittrien betont. Trotzdem hat es der Nordbremer bis in das Präsidium des Sozialverbands Deutschland (SoVD) geschafft. Begonnen hat seine Laufbahn vor fast 20 Jahren beim SoVD-Ortsverein Blumenthal. „Ich bin damals von einem Bekannten angesprochen worden, ob ich nicht Ausflüge für ältere Herrschaften organisieren kann. Weil meine Frau damals schon im SoVD aktiv war, habe ich das gerne gemacht“, erzählt Wittrien. Also hat er Kontakt zum damaligen Vorsitzenden des Ortsvereins aufgenommen und ihm von seinem Vorhaben berichtet. „Der war auch pfiffig und sagte, ja, darüber können wir reden. Aber dann musst du bei uns Mitglied werden. So bin ich dann zum SoVD gekommen“, erinnert sich der Nordbremer.
Bei dieser einen Tätigkeit blieb es nicht lang. Schnell kamen anderen Aufgaben hinzu. „Ich bin Kassierer im Ortsverband und Mädchen für alles geworden. Zu meinen Aufgaben gehörte unter anderem, Einladungen zu schreiben. In gewisser Weise war ich der Assistent des Ortsvorsitzenden“, sagt Wittrien.
Das Ehrenamt hat sein Interesse geweckt. „Da mich Zahlen schon immer interessiert haben und ich zuletzt im kaufmännischen Bereich in einem Krankenhaus tätig war, wo ich viel von Krankheiten mitbekommen habe, hat mich die Arbeit für den SoVD sehr interessiert“, sagt Wittrien. „Ich habe aber auch das Bedürfnis gehabt, etwas Sinnvolles zu machen. Wenn man Menschen helfen kann, finde ich das eine gute Sache.“ Das Gros der Mitglieder sei sehr dankbar für die Unterstützung, die sie erfahren. Und das erfülle ihn.
Als später ein Kreisvorsitzender gesucht wurde, brachte der frühere Blumenthaler Ortsamtsleiter und Funktionär des SoVD Karl Lüneburg Wittrien ins Spiel, schließlich war er durch seine Tätigkeiten für den Verband bereits mit der Materie vertraut. So wurde er Kreisvorsitzender in Bremen-Nord und später Landesrevisor im Landesverband Bremen.
„Dann hat Berlin mitbekommen, dass es in Bremen einen gibt, der ein bisschen pingelig ist, wenn es ums Geld und um Zahlen geht“, sagt Wittrien. Also wurde ihm der Posten des Bundesrevisors angeboten, den er 2007 angenommen hat. Seitdem ist er sowohl in Bremen als auch in Berlin für den SoVD tätig und gehört nicht nur dem Bundesvorstand an, sondern als Schriftführer auch dem Präsidium. „Ich habe fast immer Gegenkandidaten gehabt. Es war nicht so einfach, in das Gremium zu kommen. Die haben nicht auf Wittrien aus Bremen-Nord gewartet“, sagt er lachend.
Neben seiner Arbeit für den SoVD engagiert sich der Nordbremer seit 16 Jahren als ehrenamtlicher Richter am Sozialgericht. Zudem gehört er dem Ausschuss der ehrenamtlichen Richter in Bremen an.
Auch wenn der 71-Jährige eigentlich schon im Rentenalter ist, kommt er drei- bis fünfmal pro Woche in die Geschäftsstelle des Verbandes am Breitenweg. Wenn er nicht dort ist, reist er für den SoVD durch die Republik. Da er dem Präsidium angehört, ist er regelmäßig in Berlin und nimmt dort an Sitzungen teil.
Viel unterwegs ist er aber auch aus einem anderen Grund. „Wir haben viele Tochtergesellschaften, in einigen davon sitze ich im Aufsichtsrat“, erzählt Wittrien. Dazu zählt etwa die Immobiliengruppe Meravis, die rund 14 000 Wohnungen, vorwiegend in Hamburg und in Hannover, vermietet. Außerdem gehört er dem Aufsichtsrat des Berliner Hotels Mondial am Kurfürstendamm an. „Das ist das erste barrierefreie Hotel, das wir 1985 gebaut haben und das speziell auf die Bedürfnisse von Rollstuhlfahrern zugeschnitten ist“, sagt er.
Trotz seiner vielen Aufgaben in der ganzen Republik ist er nach wie vor in Bremen-Nord als Kreisvorsitzender aktiv. „Was mir allerdings wehgetan hat, war, dass wir im vergangenen Jahr die Kreisgeschäftsstelle in Vegesack schließen mussten. Unsere Mitarbeiterin dort ist in den Ruhestand gegangen. Wir haben zwei Jahre nach einem Nachfolger gesucht, leider erfolglos“, erzählt Wittrien.
Die Mitglieder der drei Nordbremer Ortsverbände Blumenthal-Farge, Lesum und Vegesack treffen sich aber trotzdem noch regelmäßig. „Wenn ich eingeladen werde, nehme ich an den Treffen auch teil. In Blumenthal bin ich immer dabei, dort bin ich Vorsitzender des Ortsverbandes“, sagt er. Wenn er allerdings gerade in Berlin ist, muss eine seiner beiden Stellvertreterinnen für ihn einspringen.
Wichtig für die Arbeit des Nordbremers sind Netzwerke. „Kontakte schaden dem, der sie nicht hat“, sagt Wittrien. Deshalb pflegt er auch seine Beziehungen zur Bremer Politik. „Die meisten Senatoren kenne ich persönlich“, betont er. Da Wittrien deutschlandweit aktiv ist, tauscht er sich nicht nur mit Bremer Politikern aus, sondern auch mit Vertretern der Bundespolitik. Gelegenheit dazu hat er etwa bei Veranstaltungen anderer Landesverbände. „Das ist auch Teil meines Jobs. Ich versuche, das Gesicht des Verbandes zu sein“, sagt Wittrien.
Seine Aufgaben empfindet er alles andere als langweilig. „Ich bin mit Herzblut dabei“, sagt Wittrien. „Man muss immer wieder Lösungen für bestimmte Sachverhalte finden. Und das finde ich so interessant an meinem Ehrenamt.“
Für seine Aufgaben beim SoVD wendet Joachim Wittrien viel Zeit auf. „Wenn meine Frau mich nicht so unterstützen und meine Tätigkeit mittragen würde, stünde ich auch auf verlorenem Posten“, betont er. Seine Frau ist ebenfalls im SoVD aktiv und engagiert sich unter anderem als Kreisfrauensprecherin. Nebenbei hält sie ihrem Mann den Rücken frei. „Wenn jemand anruft und ich nicht zu Hause bin, fängt meine Frau das auf“, sagt Wittrien.
Nachdem er 2004 in Rente gegangen ist, war er eine Zeit lang als Fährmann zwischen Bremen-Nord und der Wesermarsch unterwegs. An Bord hat er Fahrkarten verkauft und kontrolliert. „Das hat mir sehr viel Spaß gemacht, weil ich den Kontakt, wie auch beim SoVD, zu Menschen mag“, sagt Wittrien. „Den Job auf der Fähre habe ich ein paar Jahre gemacht und die Tätigkeit dann wieder aufgegeben, um mich voll auf meine Arbeit beim SoVD konzentrieren zu können.“