Genauere Leichenschau
Seit dem 1. August 2017 wird jeder Tote in Bremen zusätzlich von einem Rechtsmediziner untersucht – auch wenn zuvor der Hausarzt oder ein anderer Mediziner den Tod festgestellt hat. Das ist gesetzlich vorgeschrieben. Qualifizierte Leichenschau heißt das Verfahren, das Bremen bislang als erstes und einziges Bundesland vor mehr als einem Jahr eingeführt hat. Es ist unter anderem eine Konsequenz aus der Mordserie des ehemaligen Krankenpflegers Niels Högel.
Über 7200 Tote sind seit der Einführung von dem Leiter des Instituts für Rechtsmedizin, Olaf Cordes, und seinem Team äußerlich untersucht worden. Ziel ist es, unklare Todesursachen und auch Tötungsdelikte besser erkennen zu können. Erst nach der qualifizierten Leichenschau darf der Totenschein ausgestellt werden. Ein zunächst ungeklärtes Kapitalverbrechen war nach Auskunft der Bremer Gesundheitsbehörde bislang noch nicht darunter.
Wissenschaftler aus Münster hatten vor mehreren Jahren eine Studie veröffentlicht: Danach sollen jedes Jahr in Deutschland mindestens 1200 Tötungen unentdeckt bleiben. Mehr als 10 000 Todesfälle mit nicht natürlichen Ursachen, dazu zählen Unfälle oder Suizide, würden einfach so übersehen. Die Größenordnung wird von Fachleuten jedoch kontrovers diskutiert. Bundesweit fordern Rechtsmediziner aber seit vielen Jahren, dass das Verfahren der Leichenschau reformiert wird. Dafür sind die einzelnen Bundesländer zuständig.
Dichteres Sicherheitsnetz
Der niedersächsische Landtag hat mit der ab 2019 gültigen Novelle des Krankenhausgesetzes eine Reihe zusätzlicher Vorschriften zur Erhöhung der Patientensicherheit in Kliniken verabschiedet:
Whistleblowing: In diesem anonymen Verfahren können Mitarbeiter alle Unregelmäßigkeiten melden. Eine unabhängige Stelle bewertet die Fälle und reagiert. In Oldenburg wird bereits das Business Keeper Monitoring System (BKMS) eingesetzt.
Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen: Dabei werden alle Komplikationen, Todesfälle und Beinahezwischenfälle erfasst und untersucht.
Stationsapotheker: Jedes Krankenhaus muss zukünftig Stationsapothekerinnen oder Stationsapotheker in ausreichender Zahl als Beratungspersonen für die Stationen einsetzen. Diese stehen dort für arzneimittelbezogene Fragestellungen zur Verfügung. Die Apotheke am Klinikum Oldenburg richtet ein Unit-Dose-System ein. Damit sind Medikamente nicht mehr auf der Station im bisherigen Umfang verfügbar, sondern das System gibt sie personenbezogen aus.
Qualifizierte Leichenschau: ist nicht Teil der Reform, wird aber in Delmenhorst angewandt. Ein externer Rechtsmediziner schaut sich alle verstorbenen Patienten an. Es geht um Plausibilitätskontrolle: Erklären Vorerkrankung oder der Krankheitsverlauf, dass der Patient verstorben ist?
Todesfallstatistik: In den Kliniken Delmenhorst und Oldenburg werden alle Sterbefälle nach Stationen getrennt betrachtet.