Grasberg. Den Kaffeebecher fest in der Hand, lässt Rüdiger Meyer seinen Blick in die Ferne schweifen. Einige Meter weiter spiegeln sich die morgendlichen Sonnenstrahlen auf den Frontscheiben der beiden Transportfahrzeuge, die auf dem Gelände des Unternehmens RM Logistik in Grasberg für den nächsten Auftrag bereitstehen. Doch ebenso wie in den vergangenen Monaten bleibt es auch heute auf dem Hof ungewöhnlich still, was den Messebauer offenbar nicht aus der Fassung bringen kann.
„Viele Leute wundern sich und fragen mich, wie ich hier noch so ruhig mit einem Kaffee stehen kann“, schildert der Unternehmer und betont: „Man muss immer in die Zukunft blicken und darf die Hoffnung nicht aufgeben. Dies ist nun mal meine Einstellung.“ Ob das alles so richtig ist, „was die da oben entschieden haben“, wisse er nicht. Meyer habe zwar eine minimale Förderung bekommen, aber das sei eher der berühmte Tropfen auf den heißen Stein gewesen. Mehr als ein halbes Jahr ist seit Beginn der Corona-Pandemie vergangen. Im Februar war er mit seinem Team zum letzten Mal auf einer Messe in Augsburg tätig, wo nur eine Stunde später wieder alles abgebaut werden musste. Dies sollte erst der Anfang einer langen und unsicheren Phase sein, die sich bis zum heutigen Tag ohne fixen Endpunkt fortsetzt und für den Betrieb mit enormen finanziellen Einbußen verbunden ist.
Geplante Investitionen storniert
Auch wenn Meyer schnell die Reißleine zog, geplante Investitionen stornierte und seine acht festangestellten Mitarbeiter in die Kurzarbeit schickte, sei der Verlust groß. Denn vor der Pandemie habe er seinen Umsatz zu 80 Prozent aus dem Messeaufbau generiert. „Seitdem sind die Messen auf null. Wir haben im September nur noch eine große Veranstaltung in Hannover durchgeführt“, berichtet Meyer, dessen aktuelles Geschäft aus Einlagerungen, Transporten und Kommissionierung besteht. „Das ist immer mein zweites Standbein gewesen“, gibt er zu verstehen und verweist auf seinen Unternehmensstart im Jahr 2007 hin, wo er mit seinem Transporter unterwegs war, immer auf der Suche nach neuen Aufträgen. „Es ist von alleine immer weiter gewachsen. Alles ohne Werbung, nur durch Mund-zu-Mund-Propaganda“, sagt er voller Stolz.
Das die Corona-Fallzahlen nun wieder in die Höhe schnellen und es zum Winter hin nochmals schlechter werden könnte, sei für ihn vorhersehbar gewesen. „Man kann nur hoffen, dass wir etwas finden werden, womit wir das Virus besiegen.“ Trotz der schwierigen Zeiten will Meyer sich seinen Optimismus nicht nehmen lassen. Denn hungern oder frieren müsse hier keiner. Monat für Monat gehe er "in die Miesen“, würde aber dennoch positiv in die Zukunft blicken. „Ich habe ein supertolles Team, das auch daran glaubt, dass es weiter geht“, unterstreicht Meyer, der seinen Betrieb auf jeden Fall aufrechterhalten will, damit seine Tochter Jana ihn irgendwann übernehmen kann. Und schließlich würden auch seine Kunden ihn brauchen. Ebenso wie ihr Papa, hat Jana einen Lkw-Führerschein und fährt auch mit Begeisterung Gabelstapler. Zudem kümmert sich die 28-Jährige um Einlagerungen, übernimmt Bürotätigkeiten und erstellt Angebote für die Kunden. Aktuell ist sie jedoch wie die anderen Mitarbeiter, von denen alle dem Betrieb die Treue halten wollen, in Kurzarbeit.
Ein gutes Betriebsklima und die Gesundheit seiner Mitarbeiter stehen für Meyer stets an erster Stelle. „Übermüdung auf der Autobahn gibt es bei mir nicht. Es geht mir nicht um die Fahrzeuge. Es geht mir lediglich um das Wohl der Mitarbeiter“, erklärt der Unternehmer, der froh ist, dass er ein eingearbeitetes Team hat, auf das er sich verlassen kann. Trotz seiner optimistischen Einstellung, sei auch er nicht gefeit vor dem berühmten „Gedankenkarussell“. „Natürlich gibt es schlaflose Nächte“, gesteht er, denn die Einbußen seien schon drastisch. Manchmal bedarf es nur einen Umgebungswechsel, damit die Kreativität wieder frei fließen kann und neue Ideen hervorbringt. Durch Zufall hat Meyer vor einiger Zeit sein Interesse an der Filmbranche entdeckt. Ein Bekannter brachte ihn an ein Film-Set, wo er eine Double-Rolle für eine ARD-Sendung übernahm. Spontan entwickelte der Messebauer hierbei eine neue Unternehmensidee. „Ich habe ein Fahrzeug gekauft, das zu einem Schmink- und Maskenmobil umgebaut werden soll“, berichtet er. Die Pläne für ein Garderobenfahrzeug und ein Aufenthaltsfahrzeug für Schauspieler liegen auch schon bereit.