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Traditionslokal wird erweitert Pfahlbau-Kubus für Tietjens Hütte

Tietjens Hütte, Traditionslokal am Schnittpunkt von Hafenkanal und Hamme, wird erweitert. Unter dem Flachdach des Kubus' sollen bald auch größere Hochzeitsgesellschaften feiern können.
29.11.2019, 11:12 Uhr
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Von Michael Schön

Osterholz-Scharmbeck. Geschmiegt an einen sanften Bogen, den die Hamme an dieser Stelle schlägt, liegt Tietjens Hütte. Ein vorzüglicher Standort für ein Ausflugslokal, nicht nur wegen der komfortablen Erreichbarkeit für Sportbootfahrer und Torfkahn-Touristen. Es ist zum touristischen Hotspot geworden – mit entsprechender Auslastung der Kapazitäten. In einer hölzernen Hütte, wie es der Name nahelegt, der auf die im 19. Jahrhundert strategisch klug eingerichtete Verpflegungsstelle für Torfkahnschiffer zurückgeht, werden die Gäste am Treffpunkt von Kanal und Fluss schon lange nicht mehr bewirtet. Doch das Fachwerkgebäude, das seit der Gründung schon etliche Veränderungen erfahren hat, wird jetzt noch einmal erweitert. Nach Süden hin entsteht ein Anbau: 110 Quadratmeter groß. 2009 erst waren 130 Quadratmeter dazugekommen, an der Stelle, wo einst Hotelgäste Quartier bezogen.

Diesmal ist es ein Kubus, mit flachem Dach und einer Grundfläche von elf mal zehn Metern. Zur Hamme und zum Kanal hin wird der Baukörper mit großen Glasflächen für Durchblick sorgen. Damit weist er Charakterzüge eines überdimensionierten Pavillons auf. Gewissermaßen eine architektonische Anspielung auf das Zelt, unter dem Tietjens Hütte Hochzeitsgesellschaften zu verköstigen pflegte. Ein Provisorium, das nun in einen festeren Aggregatzustand wechseln soll. Zwei Wände mit großen Glasflächen, zwei Wände Mauerwerk, Kalksandstein, weiß verputzt. Der lichtdurchflutete Pavillon ist das Gegenstück zur urigen Moordiele mit ihren possierlichen Butzenfenstern. Und das durchaus absichtsvoll. „Wir wollten eine klare Trennung zwischen dem Landhaus-Stil und dem modernen Anbau“, sagt Architekt Hans-Jürgen Meyer.

Mitte der vorigen Woche waren Betonbauer damit beschäftigt, die Perimeterdämmung anzubringen, die unter der Betonsohlplatte Wasserundurchlässigkeit garantieren soll. „Das ist heute energetischer Standard“, erklärt Architekt Meyer. Alles andere als Standard ist dagegen die Gründung des Anbaus, der auf bis zu neun Meter langen Stelzen ruhen wird. Eine Technik, die als eingeführt gelten darf: Ihr Prinzip lässt sich schließlich bis in die Jungsteinzeit zurückverfolgen. Aber sie hat sich mittlerweile entschieden verfeinert. Nachdem eine Firma aus Stade 16 Betonpfähle von 38 Zentimetern Durchmesser in den Boden gerammt hat, um durch die 4,50 bis sechs Meter breite Moorschicht bis in den Sand vorzudringen, muss noch zwischen den Stelzen ein Betonraster ausgebreitet werden, das als Fundament dient, auf dem schließlich die Bodenplatte ruht. „Der Geologe hat einen ganzen Tag für seine Untersuchungen gebraucht. Es ist ein schwieriger Untergrund“, so der Architekt. Denn das Moor verliert an Substanz. Bei den Arbeiten vor zehn Jahren stieß Meyer auf einen Hohlraum unter dem Gebäude. Der Moorboden hatte sich um etwa 25 Zentimeter gesenkt. Entsprechend hoch seien die Anforderungen an die Statik und damit die Kosten für den Pfahlbau.

Auch für den Architekten fiel, gemessen an der Größe des Objekts, unverhältnismäßig viel Arbeit an. Technisch sei das alles kein Problem, so der Experte, der für ein Mehrfamilienhaus in Ritterhude schon 126 Pfähle in den feuchten Untergrund hat setzen lassen. Die landschaftlich privilegierte Lage mit geschätzter und geschützter Flora und Fauna habe aber bürokratische Schattenseiten. Nach Einreichen des Bauantrages habe die zuständige Landkreis-Behörde „irre viele Nachforderungen“ gestellt. Aus Rücksichtnahme auf die Vogelwelt durften zum Beispiel keine Bäume „von unten beleuchtet“ werden. Aus demselben Grund musste der Start der Bauarbeiten auch in den Herbst verlegt werden. Meyer hofft trotzdem, dass der Rohbau bis Weihnachten fertig ist.

Der Restaurantbetrieb scheint durch die Arbeiten nicht sonderlich beeinträchtigt. „Damit haben wir nichts zu tun“, versichert Restaurantleiterin Anja Morning. „Der Betrieb läuft ganz normal weiter. Wir können über mangelnde Beschäftigung nicht klagen.“

Tietjens Hütte hat wirtschaftlich schon schlechtere Zeiten gesehen. Das war Anfang des Jahrtausends und mündete in die Insolvenz des gastronomischen Betriebs. Inzwischen befindet sich das Haus im Besitz der von Meike Hollenbeck geführten Hollenbeck-Verwaltungsgesellschaft. Das Familienunternehmen, das sich im Getränkegroßhandel einen guten Namen gemacht hat, ließ dem Gebäude eine Runderneuerung angedeihen. Neue Küche samt Kühleinheiten, neues Mobiliar, zeitgemäße Sanitäranlagen und neue Elektrik. Dem Brandschutz kam dabei besondere Bedeutung zu. Große Deckenteile zwischen den Sichtbalken wurden nachträglich brandhemmend versiegelt. 2009 wurde nicht nur ein Anbau errichtet, sondern auch das wegen der geringen Neigung verschleißanfällige Reetdach abgetragen. Jetzt zieren rote Hohlziegel das Krüppelwalmdach. Die besonders auf regionale Produkte basierende Küche des Pächters Jörg Böhnke erfreut sich großer Beliebtheit.

„Wir sind froh, dass wir weiterhin Raum für größere Veranstaltungen haben. Er soll gewissermaßen das Zelt ersetzen“, erklärt Meike Hollenbeck. Sie freue sich auf den unverstellten Hamme-Blick, den man unter dem Dach des neuen Anbaus auch bei schlechtem Wetter genießen könne. Was das Interieur angeht, so werde auf Flexibilität Wert gelegt. Damit die schöne Aussicht stets genossen werden könne, so die Besitzerin.

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