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BBS-Klasse sammelt Leergutpfand für Gästehaus und Wärmestube / Projekt beginnt am Montag Weihnachtsessen „aus der Dose“

„Pfand gegen Armut“– unter diesem Motto haben sich Schüler der Berufsbildenden Schulen Osterholz-Scharmbeck ein Projekt ausgedacht, mit dem sie im Gästehaus und in der Wärmestube OHZ das traditionelle Weihnachtsessen finanzieren wollen. Ein ambitioniertes Ziel, das die Schüler mit viel Elan und gut geplanter Organisation angehen. An diesem Montag, 2. Dezember, soll der offizielle Startschuss dafür fallen.
30.11.2013, 00:00 Uhr
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Von Ulrich Evers

„Pfand gegen Armut“ – unter diesem Motto haben sich Schüler der Berufsbildenden Schulen Osterholz-Scharmbeck ein Projekt ausgedacht, mit dem sie im Gästehaus und in der Wärmestube OHZ das traditionelle Weihnachtsessen finanzieren wollen. Ein ambitioniertes Ziel, das die Schüler mit viel Elan und gut geplanter Organisation angehen. An diesem Montag, 2. Dezember, soll der offizielle Startschuss dafür fallen.

Man sieht sie öfter an Bahnhöfen und anderen öffentlichen Plätzen: Menschen, die nach weggeworfenen und stehen gelassenen Pfandflaschen suchen, um sie zu Geld zu machen. Für die einen bedeuten herrenlose Pfandflaschen eine Möglichkeit, sich einen Teil des täglichen Auskommens zu sichern, andere sind sich des Flaschen-Wertes nicht bewusst.

Letzteres war auch an den Berufsbildenden Schulen (BBS) der Fall: Immer wieder bot sich in den Pausen oder nach dem Unterricht das Bild herrenlos herumstehender Pfandflaschen oder -dosen. Vielen Schülern ist es offensichtlich zu umständlich, sie wieder zu Geld zu machen.

Ein Umstand, der in BBS-Lehrer Ralf Salih die Idee zu einem neuen Projekt reifen ließ. Er wollte in seiner Klasse, der B1IT, eine Berufsfachschulklasse mit dem Schwerpunkt Informationstechnik, ein Bewusstsein für die Missstände schaffen. „Ich habe immer gedacht, da müssen wir was tun. Also habe ich versucht, meine Klasse dafür zu motivieren“, erzählt Salih. Bei den Schülern sei allgemein die Motivation, Pfandgut wieder gegen Geld einzulösen, zurückgegangen. „Ich habe sogar ein Experiment gemacht und eine leere Dose aufgestellt. Keiner hat sich darum gekümmert. Die stand am Ende der Pause immer noch da oder ist zum Kicken benutzt worden.“ Als er aber 25 Cent ausgelegt habe, seien die sehr schnell eingesteckt worden. Die Klasse zu motivieren, war nicht schwer. „Und von da an haben die Schüler selbst gearbeitet“, so Salih. Schnell war ein Plan geboren, Pfandgut in extra dafür vorgesehenen Tonnen zu sammeln und sie dann wieder zu Geld zu machen. Und das wollen die Schüler nicht für sich behalten, sondern einem guten Zweck zuführen.

Die Klasse bildete Arbeitsgruppen und ging das Problem an. Ein eigenes Logo für die Aktion „PGA – Pfand gegen Armut“ wurde entworfen, Sponsoren gesucht, eine Internetseite aufgebaut und an einem eigenen Twitter-Account gearbeitet. Unterstützung bekam die Klasse unter anderem durch die Abfall-Service Osterholz GmbH, die 20 neue Mülltonnen für die Leergut-sammlung spendete, und durch die Kreissparkasse Osterholz, die den Aufbau der Internetseite finanziell unterstützt.

Auf die Frage, wohin das gesammelte Geld gehen sollte, hatten die Schüler schnell fest umrissene Kriterien: „Für uns war wichtig, dass das Geld an eine soziale Einrichtung geht und dass es hier lokal vor Ort bleibt“, berichtet Eric Gemmer, der zusammen mit Lukas Dohrmann und Irfan Artukovic für die Außenpräsentation und die Öffentlichkeitsarbeit des Projektes zuständig ist. Darum haben sie sich vor Ort verschiedene Einrichtungen angesehen und danach ihrer Klasse von ihren Eindrücken berichtet.

Alles andere als uncool

„Im Internet sind wir dann auf das Gästehaus und die Wärmestube gestoßen“, so Lukas Dohrmann. Sie nahmen Kontakt mit Renate Partenheimer, Vertreterin des Gästehauses, auf und besuchten die Einrichtung. „Uns hat beeindruckt, wie herzlich und einladend da alles ist. Wir haben gemerkt, dass das Geld da gut aufgehoben ist“, erzählt Eric Gemmer weiter.

Die Wärmestube, die in der Woche täglich von 10.30 bis 14 Uhr geöffnet ist, versteht sich als Anlaufstelle für alle, „die Ansprache brauchen“, so Renate Partenheimer. Täglich kochen dort Laienköche eine frische Mahlzeit, die für 1,50 Euro inklusive Getränk zu haben ist. „Wir bemühen uns, den Menschen Wertschätzung entgegenzubringen und ihnen das Gefühl zu geben, dass sie dazugehören“, umreißt sie die Arbeit der Einrichtung in wenigen Worten.

Für viele Menschen sei die Wärmestube die einzige Möglichkeit, den Tag für sich zu strukturieren. Um das traditionelle Weihnachtsessen an Heiligabend zumindest mitzufinanzieren, entschied sich die BBS-Klasse nach der Berichterstattung durch Lukas und Eric dafür, das erste Geld aus der Pfandsammlung an das Gästehaus des Diakonischen Werkes zu geben.

„Wir hatten den Hintergedanken, dass manche Leute ein richtiges Weihnachtsessen nicht finanzieren können“, kommentiert Eric Gemmer die Motivation seiner Klassenkameraden. „Da haben wir gesagt, die sollen zu Weihnachten alle was richtig Tolles zu essen bekommen.“

Soziales Denken, das nicht ohne Eigennutz ist, wie der 16-Jährige offen einräumt: „Man weiß ja nie, wie es einem selbst in Zukunft geht. Wenn man selbst mal in so einer Situation ist, weiß man es zu schätzen, wenn Menschen einem helfen.“

Soziales Engagement – ist das heute nicht uncool? Eric und Lukas verneinen: „Auch unsere Freunde finden, dass die Aktion eine Supersache ist.“ Laufen soll das Projekt „PGA“ zunächst für ein Jahr. Vielleicht, so die Überlegung von Berufsschullehrer Ralf Salih, könne man es dann an die nachfolgende Klasse übergeben.

Am Montag, 2. Dezember, soll der Startschuss für das Projekt an den BBS fallen. Bis dahin können sich alle Interessierten auf der eigens generierten Internet-Seite www.pga-projekt.de ein Bild vom Stand der Entwicklungen machen – und natürlich auch Unterstützung anbieten.

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