Für die Eisbären Bremerhaven ist die Saison in der 2. Basketball-Bundesliga Pro A beendet. Während sich Trainerstab und Spieler inzwischen in den Urlaub verabschiedet haben, hat für Nils Ruttmann die heiße, die arbeitsintensive Phase begonnen. Nach der Trennung von Cheftrainer Michael Mai, der bis Ende Februar in Personalunion auch als Sportdirektor tätig war, hat der Eisbären-Geschäftsführer auf unbestimmte Zeit diese Aufgabe übernommen. Als geschäftsführender Sportdirektor bastelt Ruttmann nun also am Kader für die kommende Saison. Er führt Gespräche mit den Eisbären-Profis, die der Klub gerne halten möchte. Er verhandelt mit potenziellen Neuzugängen aus dem In- und Ausland – und er sucht vorrangig nach einem neuen Cheftrainer. Worauf es jetzt bei der Saisonplanung ankommt für die Eisbären Bremerhaven und welche Fehler und Versäumnisse der Vorsaison es zu vermeiden gilt – ein Überblick:
Die Trainerfrage: Assistenztrainer Allen Ray Smith, der seit Sommer 2019 in Bremerhaven arbeitet und das Team nach der Trennung von Michael Mai als Interimscoach übernommen hatte, soll wieder ins zweite Glied rücken. Der 41-jährige Amerikaner hatte die Eisbären mit einer Bilanz von sechs Siegen in acht Hauptrundenspielen als Tabellenachter noch mit Ach und Krach in die Play-offs geführt. Smith fehlt indes die nötige Erfahrung in puncto Coaching und Scouting, um verantwortlich ein Team zu formen, das in der Pro A um die Meisterschaft spielen kann. Deshalb soll ein neuer Trainer geholt werden. Ruttmann befindet sich zurzeit mit mehreren Kandidaten in aussichtsreichen Verhandlungen. Klar ist: Der neue Headcoach ist kein „Rookie“, also kein Neuling in der Szene. Vielmehr werden die Eisbären einen erfahrenen, renommierten Trainer verpflichten. Nach Informationen des WESER-KURIER könnte eine Einigung schon bald erfolgen und der neue Headcoach bereits in der kommenden Woche vorgestellt werden.
Die Ziele der Eisbären: Der langjährige Erstligist aus Bremerhaven will absehbar zurück in Liga eins. Das ist das erklärte Ziel. Schon in diesem Frühjahr hatten die Eisbären vorsorglich auch einen Lizenzantrag für die BBL eingereicht, scheiterten dann aber in der Play-off-Viertelfinalserie am Hauptrundensieger Tigers Tübingen (Bilanz 1:3). Wirtschaftlich hatte der Klub die Weichen für einen möglichen Wiederaufstieg schon zu Jahresbeginn 2022 mit dem Übergang in eine neue, schuldenfreie Gesellschaft gestellt. Jetzt gilt es, sich für die kommende Spielzeit auch sportlich so aufzustellen, dass die Ambitionen mit guten Ergebnissen untermauert werden können und der Wiederaufstieg kein Luftschloss bleibt.
Die Bilanz: Ein Blick auf die Statistiken der abgelaufenen Saison macht deutlich, warum die Eisbären den eigenen Ansprüchen so weit hinterhergehinkt sind und sich zwischenzeitlich sogar veranlasst sahen, Headcoach Mai nach drei Jahren im Amt den Laufpass zu geben. Zwar stellte Bremerhaven mit 96,2 Punkten pro Spiel offensiv das stärkste Team der Hauptrunde, kassierte aber pro Partie auch 88,3 Punkte – das ist der viertschlechteste Wert der Liga! Wer Titel gewinnen will, benötigt indes eine stabile Defensive mit einem starken Reboundverhalten. Hier aber gab es ein sehr auffälliges Ungleichgewicht im Eisbären-Kader. Unter dem eigenen Korb räumten nur Kevin Yebo (224 Rebounds) und mit Abstrichen Armani Moore (130) und Center Robert Oehle (128) verlässlich ab, ansonsten fehlte das Durchsetzungsvermögen. Damit es nicht wieder ein solch großes Gefälle im Team gibt, soll verstärkt auf die Defensivqualitäten der potenziellen Neuzugänge geachtet werden.
Die Top-Performer: In seinem zweiten Jahr in Bremerhaven war Kevin Yebo mit durchschnittlich 17,0 Punkten auch offensiv der effektivste Akteur. Der 26-Jährige soll unbedingt gehalten werden, das ist kein Geheimnis. Nils Ruttmann bezifferte die Chance auf Yebos Verbleib vor einigen Wochen schon auf 95 Prozent, die Entscheidung steht aber noch aus. Gleiches gilt für Center Robert Oehle (33), Jarelle Reischel (29) und den in Bremerhaven inzwischen auch privat heimischen Amerikaner Armani Moore (28). Auch diese Profis werden als Leistungs- und Sympathieträger in den Planungen für die nächste Saison eine wichtige Rolle spielen. Eine interessante Personalie ist zudem Youngster Elias Baggette (20): Der im Januar aus Bamberg nachverpflichtete Point Guard hat sich als eine echte Bereicherung erwiesen. Auch Baggette gehört zum Kreis der Spieler, denen eine Vertragsverlängerung angeboten werden dürfte.
Der Rückhalt der Fans: Mehr als 1200 Zuschauer sorgten beim zweiten Play-off-Heimspiel gegen Tübingen für eine prächtige Stimmung in der Stadthalle. Es war zugleich die größte Kulisse in der zurückliegenden Saison, in der Bremerhaven lediglich einen Schnitt von 490 Besuchern pro Partie verzeichnet hat. Zwei Tage nach dem Play-off-Aus kamen noch einmal 200 Anhänger zum Saisonabschluss ins Trainingscenter, um sich Autogramme und Trikots zu sichern. Nach Lizenzentzug und Zwangsabstieg sowie zwei Spielzeiten unter dem Einfluss von Corona darf die zuletzt wieder gestiegene Resonanz im Fanlager als Schritt in die richtige Richtung gewertet werden. Für die Eisbären wird es aber wichtig sein, sich weiterhin nahbar zu präsentieren, sich in der Stadt und im Umland an Werbeaktionen zu beteiligen und sowohl auf als auch neben dem Parkett Identifikation zu schaffen.