Es war über viele Jahre eine lieb gewonnene Tradition, dass die Eisbären auch mal ihren Käfig in Bremerhaven verlassen und auf die Bürgerweide kommen. Bis zum Bundesligaabstieg im Mai 2019 waren die Basketballer aus der Seestadt regelmäßig zu Gast in der Bremer ÖVB-Arena. Angefangen mit dem Pokal-Viertelfinalspiel gegen Alba Berlin am 1. März 2006, hat der langjährige Erstligist bis dato 26-mal in Bremen gespielt. Die größte Kulisse gab es dabei im März 2011, als 10.120 Zuschauer zum Derby gegen die Artland Dragons aus Quakenbrück strömten. Später wurden die Spiele in Bremen sogar als Eventserie unter dem Titel "Hanse-Games" mit jeweils drei Partien pro Saison vermarktet.
Es waren Spiele gegen große Klubs. Gegen die Branchenführer der Liga wie Brose Bamberg, Alba Berlin oder den FC Bayern, der im Herbst 2018 als amtierender deutscher Meister und Pokalsieger an die Weser kam und immerhin 6300 Zuschauer anlockte. Das persönliche Highlightspiel von Adrian Breitlauch fand zwei Jahre zuvor im November 2016 statt: Damals gewannen die Eisbären das Nordduell gegen Oldenburg vor 8600 Zuschauern nach Verlängerung mit 97:92. Der Trainer hieß seinerzeit Sebastian Machowski, Point Guard war Jordan Hulls, Topscorer Karvel Anderson. Breitlauch erinnert sich noch mit Gänsehaut an diesen stimmungsvollen Auftritt. "Das sind Spiele, die herausstechen, das sind ganz besondere Momente", sagt das Bremerhavener Eigengewächs, das im Sommer nach zweijähriger Abstinenz zu seinem Heimatverein zurückgekehrt ist.
An diesem Sonnabend um 19 Uhr bestreiten die Eisbären nun erneut eine Partie in der ÖVB-Arena; Gegner sind die Tigers aus Tübingen. Der Rahmen ist dabei kleiner als noch zu Erstligazeiten. Und auch der Gegner ist nicht mehr so namhaft. Im vierten Jahr spielt Bremerhaven jetzt in der Pro A. In der Vorsaison hatte der Klub nach zweieinhalb Jahren Pause erstmals wieder an der Bürgerweide Station gemacht. Dabei gab es Ende Oktober gegen den späteren Absteiger Ehingen Urspring vor 769 Zuschauern einen klaren 116:84-Sieg. Die zweite, an Weihnachten geplante Partie gegen die Nürnberg Falcons wurde Pandemie-bedingt kurzfristig zu einem Geisterspiel und fand deshalb in Bremerhaven statt.
Zum Freimarkt treffen die Eisbären jetzt in Bremen also auf den letztjährigen Hauptrundenmeister und Play-off-Gegner Tübingen. Der Gegner sei das Beste, was die Pro A aktuell zu bieten habe, sagt Bremerhavens Geschäftsführer Nils Ruttmann über den Gast, der mit vier Siegen aus vier Spielen in die Saison gestartet ist und zurzeit die Tabelle anführt. Für Ruttmann hat die Partie gleich in doppelter Hinsicht eine große Bedeutung. Sportlich, weil sich die Eisbären nach dem jüngsten Auswärtssieg in Jena und mit nun vier Punkten in der oberen Tabellenhälfte festsetzen wollen. Wirtschaftlich, weil man sich auch den Unternehmen in Bremen präsentieren und neue Partner als Sponsoren hinzugewinnen will. "Wir wollen ein tolles Event bieten, Begeisterung schüren und zeigen, dass die Eisbären noch da sind", sagt Ruttmann. "Wir wollen uns Bremen als Markt wieder erschließen."
Der Zuspruch, so schildert es der Geschäftsführer, sei dabei spürbar besser als noch vor Jahresfrist. Viele Firmen hätten das Angebot genutzt und auch Logen angemietet. Zudem habe man bis zur Wochenmitte bereits mehr als 800 Tickets im Vorverkauf abgesetzt; aus Bremerhaven werden sich gleich zwei große Fanbusse auf den Weg machen. Jetzt hofft man noch auf die Abendkasse, auf die Laufkundschaft. Darauf, dass viele Sportfans das Basketballspiel mit einem Besuch auf dem Freimarkt verbinden.
"Ich würde es tun", sagt Eisbären-Kapitän Robert Oehle. Er kennt die Atmosphäre in der Arena aus dem Vorjahr. Er war es, der beim 116:84 gegen Ehingen unter anderem den 100. Korb der Eisbären erzielt hat. Und er war einst auch schon als Gegner mit den Rockets aus Erfurt in Bremen zu Gast. "Das ist eine wirklich tolle Halle", sagt der Center, der nun mit seinem Team auch für ein tolles, ein unterhaltsames Spiel sorgen möchte. Der Kontrahent aus Tübingen sei dabei eine "enorme Aufgabe", sagt der mit 130 Bundesligaeinsätzen erfahrenste Eisbär. "Tübingen ist im Kern zusammengeblieben, die Mannschaft ist eingespielt und weiß, was sie tut", sagt Oehle. Der frühere U 20-Nationalspieler sagt aber auch: "Wir haben aus den Play-offs im Frühjahr noch eine Rechnung offen."
Für Adrian Breitlauch geht es vor allem darum, den jüngst gezeigten Aufwärtstrend mit einer guten Leistung zu bestätigen und Werbung in eigener Sache zu machen. "Wir wollen Interesse wecken und zeigen, dass die Eisbären wieder Spaß machen", sagt der 29-Jährige. Die Stimmung im Team sei gut. "Wir wollen die positive Energie mitnehmen und Tübingen einen großen Fight liefern", sagt Breitlauch und ergänzt: "Ich habe ein gutes Gefühl."
Das gilt auch für Headcoach Steven Key, der das neu formierte Bremerhavener Team zuletzt ebenfalls im Aufwind sah. Der Amerikaner war beim Auswärtssieg in Jena vor allem mit der Leistung in der Defensive zufrieden. Jetzt gelte es, einen guten Matchplan zu entwickeln und sich bestmöglich auf Tübingen einzustellen. "Wir werden noch härter verteidigen und sehr fokussiert sein", sagt Key. "Wir werden unser Bestes geben und hoffen, dass uns die Fans aus Bremerhaven und Bremen in diesem Heimspiel unterstützen."