Die Bedingungen am Sonntag stimmten: Strahlend blauer Himmel, kaum Wind und das Thermometer kletterte auf zehn Grad Celsius am Morgen.
Unter den Hunderten Läufern, die sich für die 42-Kilometer-Distanz beim 14. SWB-Marathon angemeldet haben, ist auch Ruben Heinrich. Der 36-jährige Hildesheimer hat sich monatelang auf den diesen Lauf vorbereitet. Es soll sein erster und einziger Marathon sein. Mehrere Läufe unter der Woche standen auf dem Programm. Auch lange Strecken, wie etwa mehrere Runden um den Maschsee in Hannover.
Es gab während der Vorbereitungsphase auch Rückschläge. Heinrich hatte Sehnenprobleme und eine Erkältung zwang ihn zu einer mehrtägigen Pause.
Doch am Sonntag steht Heinrich auf dem Bremer Marktplatz zwischen anderer Teilnehmerinnen und Teilnehmer und wartet auf den Startschuss um 9.30 Uhr. Sein Ziel: zwischen vier und 4:30 Stunden zu laufen. "Das Wetter ist optimal, ich fühle mich fit und freue mich auf den Lauf", sagt Heinrich, kurz bevor es losgeht. Dass er nervös ist, ist ihm anzumerken.
Damit es am Sonntag optimal läuft, gab es am Abend zuvor noch eine große Portion Nudeln, es ging früh ins Bett und am Sonntagmorgen stärkte sich der 36-Jährige noch mit einer Portion Porridge mit Obst. Auch die Kleidungswahl ist gut überlegt. Heinrich hat sich für lange Lauf-Tights, ein Langarm-Shirt und eine Weste entschieden. "Ich laufe ja keine drei Stunden, da kann es schon kühler werden", sagt Heinrich.
Dann beginnt der längste Lauf seines Lebens. Im Pulk startet Heinrich mit den anderen Teilnehmern. Es geht zuerst kurz durch die Innenstadt und dann an der Weser entlang Richtung Weserwehr. Die Sonne wird langsam wärmer und an der Strecke feuern die Zuschauer die Teilnehmer an.
Das ist es auch, was Läufer, die in Bremen starten, berichten: Die Atmosphäre an der Strecke hilft ihnen, auf den langen Kilometern durchzuhalten oder auch auf den letzten Distanzen noch einmal die letzten Kräfte zu mobilisieren und so das Ziel zu erreichen.
Die 25-Kilometer-Marke im Visier
Bei Kilometer 16 ist Heinrich noch fit und bestens gelaunt. Seine Taktik, um den Marathon erfolgreich durchzustehen: nicht zu schnell am Anfang unterwegs sein, die Kräfte gut einteilen. Damit er das schafft, hat Heinrich eine Pulsuhr dabei, auf der er genau die Zeit im Blick hat und seine Herzfrequenz nicht zu schnell steigt.
Während Jan Knutzen bereits im Ziel ist und erstmals die 2.30-Stunden-Marke geknackt hat, ist Heinrich auf dem Weg zum Universum und nimmt die 25-Kilometer-Marke ins Visier. Seine Vorbereitungen waren genau richtig: Er absolviert auch danach noch die 30-Kilometer-Marke auf der Hemmstraße in Findorff. Aber er weiß, dass der schwerste Teil nun erst kommt: "Ab jetzt ist es nur noch Quälerei".
Schon bei Kilometer drei schlug seine Pulsuhr Alarm. Im Schnitt war Heinrich zu Beginn mit rund 6:10 Minuten auf den ersten 20 Kilometern unterwegs. Ab Kilometer 35 wollte sein Kopf weiter, seine Beine immer weniger. Doch er hat durchgehalten. Auch dank seiner Freundin, die ihn auf dem Rad begleitet hat. Und auch Dank der Zuschauer, die ihn mit Musik oder Klatschen unterstützt haben. "Ein besonderes Erlebnis war es, durch das Weserstadion zu laufen", sagt Heinrich, nachdem er auch die letzten Kilometer bis zum Ziel zurückgelegt hat. Nach vier Stunden, 33 Minuten und 18 Sekunden ist er erneut auf dem Bremer Marktplatz angekommen. Sein Gesichtsausdruck verrät die Strapazen der vergangenen Stunden. Heinrich muss erstmal seinem Körper ein paar Minuten geben, damit dieser vom Lauf- in den Ruhemodus zurückfinden kann.
"Ich bin glücklich, dass ich die Strecke geschafft habe", sagt Heinrich. Ob seine Beine ihm am Tag nach dem Lauf noch gehorchen werden, da ist er sich noch nicht so richtig sicher. Und auch nicht, ob das wirklich sein einziger Marathon bleiben wird. "Ich schlafe erstmal eine Nacht drüber und schaue Morgen mal, wie mein Körper mit dieser Anstrengung zurechtkommt." Die 4:30-Marke scheint ihn aber nicht mehr zu schrecken.