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Bayern gegen Dortmund Die neue Macht im deutschen Fußball

Vor dem Bundesliga-Spitzenspiel der Bayern gegen Dortmund fällt auf: Der Rekordmeister aus München verliert an Einfluss. Dortmund ist das neue Machtzentrum des deutschen Fußballs, meint Jean-Julien Beer.
29.03.2023, 05:00 Uhr
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Die neue Macht im deutschen Fußball
Von Jean-Julien Beer

Viele Jahre war es im deutschen Fußball so: Die reichen Bayern standen an der Spitze und bestimmten mit ihren Alphatieren Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge alles mit, was in der Bundesliga oder der Nationalmannschaft wichtig war. Heute ist es anders: Der FC Bayern steht nicht mehr an der Spitze der Bundesliga, diesen Platz hat Borussia Dortmund übernommen.

Die Münchner ziehen auch nicht mehr alle Strippen. Auch das macht inzwischen Dortmund. Nur reich sind die Bayern noch – wenn auch seit dieser Woche weniger, weil die Trennung von Julian Nagelsmann und die Verpflichtung des neuen Trainers Thomas Tuchel ein Vermögen kostet.

Wenn am Sonnabend das Spitzenspiel der Bundesliga in rund 200 Länder übertragen wird, geht es nicht nur um Sieg oder Niederlage in den 90 Minuten. Der Klassiker Bayern gegen Dortmund ist diesmal auch ein Kräftemessen abseits des Rasens. Denn hinter den Kulissen hat sich die Macht in eine Richtung verschoben, die mit Münchner Dominanz rein gar nichts mehr zu tun hat. Der mächtigste Mann des deutschen Fußballs ist kein früherer Nationalspieler, sondern ein Unternehmer aus dem Sauerland: Hans-Joachim Watzke, 63 Jahre, seit knapp zwei Jahrzehnten Geschäftsführer von Borussia Dortmund.

Mourinho und Flick im Freundeskreis

Watzke war der Mann, der die Borussia vor der Insolvenz rettete und neu aufbaute. Anfangs war er ein unbekanntes Gesicht unter Größen wie Hoeneß, Rummenigge, Reiner Calmund und dem verstorbenen Rudi Assauer. Heute ist von diesen Mächtigen nur noch Watzke im Amt – und er hat es mit steigendem Selbstbewusstsein ganz nach oben geschafft, mit direktem Zugang zum Kanzleramt und in die Chefetagen großer Medienunternehmen sowie mit einem Freundeskreis, zu dem Stars wie José Mourinho und Jürgen Klopp gehören.

Inzwischen ist Watzke nicht nur Geschäftsführer der Borussen, sondern auch Aufsichtsratschef der Deutschen Fußball-Liga und Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Als Hansi Flick nach der Weltmeisterschaft in Katar ins Wanken geriet, war es Watzke, der über die Zukunft des Bundestrainers entschied. Flick musste bei ihm und dem farblosen DFB-Präsidenten Bernd Neuendorf antreten. Danach verkündete Watzke generös, dass „der Hansi eine zweite Chance verdient hat“. Vom FC Bayern saß niemand am Tisch, obwohl die halbe Nationalmannschaft aus München kommt. Auch als die überforderte Donata Hopfen als Ligachefin zurücktrat, sprach Watzke zur Fußballnation.

Hoeneß und Rummenigge grummeln in München

Alle Macht geht von „Aki“ aus – so wird Watzke seit seinen Zeiten als Spielmacher in der Amateur-Oberliga gerufen. Seinen Aufstieg begleiteten verbale Scharmützel, denn er beherrscht Provokation und Diplomatie gleichermaßen – mit einem gewissen Unterhaltungswert. Dem Kontrahenten Rummenigge attestierte er einst „einen hohen Wert auf der nach oben offenen Heuchel-Skala“. Und in Anspielung auf die Steueraffäre von Hoeneß betonte er: „Wir in Dortmund zahlen Steuern, das macht ja auch nicht jeder.“

Im Profifußball stieß Watzke in ein Machtvakuum, das er klug und verantwortungsbewusst ausfüllt. Das ist auch ein Grund, warum kein Bayer mitwirkt: Neben einem Watzke bleibt nicht viel Platz. Auch wenn die Altvorderen wie Hoeneß und Rummenigge grummeln, bald werde der FC Bayern wieder mehr Verantwortung für den Fußball übernehmen – ihre Nachfolger in München, die Vorstände Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic, scheuen sich. Einem wie Watzke sind beide in Sachen Netzwerk und Auftreten einfach nicht gewachsen.

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Auch Bayern-Präsident Herbert Hainer tut sich schwer. Zuletzt beschwerte er sich, wie unfair es für seine Bayern in der Champions League sei, dass die Konkurrenten aus Paris oder Manchester viel mehr Geld hätten. Als wäre genau das nicht seit einem Jahrzehnt das Dilemma der Bundesliga: Die reichen Bayern, die immer Meister werden, weil alle anderen nicht mithalten können. Watzkes Dortmunder sind auf dem Weg, das zu ändern. Gewinnen sie das Spitzenspiel in München, wäre das ein großer Sieg. Bayern kämpft um seinen Status. Als Titelfavorit - und als wichtigster Klub im Land.

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