Horst Beer gilt als Ikone des deutschen Tanzsports. Er ist die Galionsfigur seines Vereins, sein Name ist eng mit der TSG Bremerhaven verknüpft. Vater Helmut Beer hat vor 50 Jahren diesen Verein mitgegründet, Sohn Horst Beer sorgte später als Tänzer, Trainer und Choreograf für zahlreiche Titelgewinne und überregionale Aufmerksamkeit. Über Jahrzehnte hinweg stand der Name Horst Beer bei der TSG für Kontinuität und Erfolg. 14-mal wurde Beer als Trainer Weltmeister mit der Lateinformation, zehnmal Europameister, gar 20-mal deutscher Meister. Den letzten großen Triumph in der Ära Beer feierte die TSG mit dem Titelgewinn bei der WM in eigener Halle im Dezember 2007.
Es war ein Triumph, der zugleich einen Wendepunkt markierte. Denn zum ersten (und einzigen) Mal hatte es in dem Jahr zwei Weltmeister gegeben. Aufgrund exakt identischer Wertungen musste sich die TSG damals den Titel mit dem Grün-Gold-Club aus Bremen teilen. Also mit eben dem Nachbarschaftsrivalen, der inzwischen im Formationsbereich unter der Regie von Trainer Roberto Albanese weltweit zur neuen Nummer eins aufgestiegen ist.
Für die TSG Bremerhaven indes ging es nach der WM bergab. Im Mai 2008 verkündete Horst Beer seinen Abschied – es war ein Abschied mit Folgen: Nur wenige Wochen nach seinem Rücktritt löste sich die erfolgreiche A-Formation auf. "Der Schritt war vorauszusehen", sagt Horst Beer. Ihm sei klar gewesen, dass sein Abschied einschneidende Konsequenzen haben würde. Immerhin war er über viele Jahre hinweg Motor und Magnet zugleich gewesen. Ohne Beer fand sich der amtierende Weltmeister aus Bremerhaven im Sommer 2008 plötzlich in der Regionalliga wieder. Die Entwicklung, sagt Horst Beer heute, habe ihn nicht überrascht. Verhindern wollte er diese Entwicklung aber auch nicht, denn dazu hätte er als Formationstrainer weitermachen müssen. "Für mich war das Thema aber durch, ich stehe dazu", sagt Horst Beer. "Ich war satt und wollte andere Sachen ausprobieren."
Horst Beer, Inhaber der gleichnamigen Tanzschule Beer in Bremerhaven, hat andere Dinge ausprobiert. Der 63-Jährige, der 1985 mit seiner heutigen Frau Andrea den Europameister- und Weltmeistertitel im Paartanzen gewann, ist seit 2011 als Bundestrainer für Lateinpaare im Deutschen Tanzsportverband tätig. Und er ist als Präsident gewissermaßen auch Markenkern der TSG Bremerhaven, die im Formationssegment immer noch der erfolgreichste Klub der Welt ist und in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiert.
Ein Teil dieser Feierlichkeiten ist die Ausrichtung der deutschen Meisterschaft der Formationen an diesem Wochenende in der Bremerhavener Stadthalle. 14 Jahre sind seit dem letzten Titelgewinn vergangen. Jahre des Neuanfangs, in denen es auf und ab ging für die TSG. Seit 2017 aber ist Bremerhaven wieder zurück in Liga eins und hat sich dort inzwischen auch etabliert. Er sei stolz auf diesen Wiederaufbau, sagt Horst Beer. Mit "Matrix" landete die TSG bei der DM 2017 gleich auf Rang vier und bestätigte diese Platzierung mit "The Wall" auch bei den Titelkämpfen in Hamburg 2019. Passend zum Jubiläum präsentiert Bremerhaven nun mit "Time Machine" eine Zeitreise durch fünf Jahrzehnte, es ist eine Hommage an die erfolgreiche Vergangenheit.
Auch diese neue Choreografie hat Horst Beer entwickelt. Er habe immer noch Spaß daran, sagt er, "ich bin immer noch auf der Suche nach neuen Bewegungen und neuen Moves". Ob Frisuren oder Klamotten, "wir haben früher schon so einige verrückte Sachen gemacht", sagt Horst Beer. Die Reise durch 50 Jahre TSG sollte indes kein Potpourri werden. Alte Dinge wieder auffrischen? Nein, das sei nicht sein Ding, sagt er. Aus den Choreografien vergangener Tage hat er sich deshalb fünf Momente herausgegriffen. Er hat sich bei "Sahara" bedient, bei "Olympia", "Music", "Miami" und der "West Side Story". Hat diese Momente mit aktueller Musik kombiniert und völlig neue Schrittkombinationen kreiert. "Es muss wirken wie aus einem Guss", sagt der "Tanz-Beer", das sei ihm wichtig.