So schnell kann es kommen! Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, wie kurzlebig es im Fußball zugeht: Das 1:2 gegen Japan hätte ihn erbracht. Es hat also gerade mal ein Spiel gebraucht, um aus der sowieso schon getrübten Vorfreude auf die WM die Angst vor einem erneuten frühen Aus der deutschen Mannschaft werden zu lassen. Krasser kann ein Absturz nicht sein.
Wenn ich der Hansi wär', würd' ich mich gedanklich erst mal noch nicht mit meinem Arbeitsplatz befassen. Der ist zwar gehörig in Gefahr, falls am Sonntag nach dem Spiel gegen Spanien der Abschied aus Katar schon besiegelt sein sollte. Aber bis zum Anpfiff ist die Zeit einfach zu knapp, um über anderes als die Lösung der sportlichen Probleme in meiner Mannschaft zu grübeln. Eigentlich.
Noch ist ja auch nichts verloren. "Denkt positiv, Jungs", würde ich meinen Spielern sagen, "Sonntag ist genau der richtige Zeitpunkt, um es den Spaniern mal wieder zu zeigen." In der Nacht vorher würde ich keine Videos mehr über den Gegner studieren, sondern mir noch mal ernsthafte Gedanken machen, wie ich die Jungs in der Abschlussbesprechung von ihrer Stärke überzeugen könnte. Hinten leichte Tore zulassen und vorne sich mit dem Abschluss schwertun: Da muss schon jedes meiner Worte genau sitzen, um derartige Schwächen ins Gegenteil zu verkehren. Und, wichtigste Voraussetzung: Ich muss natürlich das richtige Personal auf den Platz schicken.
Auch wenn ich der Hansi wär', könnt' ich vielleicht jedoch nicht verhindern, dass mir Gedanken kommen, die ich im Zuge meiner Spielvorbereitung überhaupt nicht gebrauchen kann. Zum Beispiel daran, dass bei allen Vorteilen einer flachen Hierarchie es notwendig ist, dass ein Team einen Anführer hat – und der meinem Team schon lange fehlt. Oder daran, dass die Mannschaft womöglich nicht besser ist, als sie zuletzt gezeigt hat. Auch die WM-Qualifikation war schließlich kein rauschendes Spektakel meiner Elf.
Und dann das Gezanke mit der Fifa. Ich würde ja nicht laut sagen, wie nervig das ist. Es ist ja auch richtig, dass wir uns mit dem Verband anlegen, doch es tut uns einfach nicht gut. Zumindest jetzt nicht. Die Konkurrenz vor allem aus dem nicht-europäischen Raum feixt sich was, und wir stehen wie die Deppen da. Wenn es schon auf dem Rasen nicht richtig läuft, sind die Störgeräusche außerhalb des Platzes noch schwerer zu ertragen oder gar auszublenden.
Wenn ich der Hansi wär', würd' ich an das Gute glauben – so schwer es im Moment auch fällt. So schnell, wie am Mittwoch alles schlecht geworden ist, kann es am Sonntag wieder gut werden. "Jungs", würde ich vor dem Spiel sagen, "ein Erfolg über die Spanier würde uns zurück ins Rennen bringen. Und viel Aufwind geben für die folgenden Aufgaben." Vielleicht ist das Japan-1:2 bereits der frühe WM-Tiefpunkt der DFB-Elf gewesen. Und wenn nicht? Daran würd' ich als Hansi nicht denken.