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Betreuungseinrichtung Fröbelschule Anlaufstelle für Integration

In der ehemaligen Fröbelschule in Delmenhorst ist eine Beratungs- und Betreuungseinrichtung für Flüchtlinge und Zugewanderte eingerichtet worden. Betreut wird sie von der Arbeiterwohlfahrt.
25.07.2019, 16:58 Uhr
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Von Alexandra Wolff

Die Flüchtlinge aus der einstigen Gemeinschaftsunterkunft in der Fröbelschule haben jetzt zwar eine eigene Wohnung und Deutsch gelernt und auch die große Sammelunterkunft in der Kaserne hat sich inzwischen aufgelöst. Das heißt aber noch lange nicht, dass den Neuankömmlingen die neue Heimat Deutschland keine Rätsel mehr aufgibt. Wo muss ich mein Kind für die Schule anmelden? Wer hilft mir, wenn ich krank bin? Und wie der Behörden-Dschungel zu durchdringen ist, weiß ja noch nicht einmal jeder Einheimische. Deswegen wurde in der Fröbelschule die Beratungs- und Betreuungseinrichtung für Flüchtlinge und Zugewanderte der Arbeiterwohlfahrt (Awo) eingerichtet. Sie hilft ihnen bei weiteren Integrationsfragen. Die Volkshochschule, die Stadt Delmenhorst und das Oldenburger Interventionsprojekt unterstützen die Awo dabei.

„Als die Bewohner ausgezogen waren, kamen manche von ihnen zurück, weil sie immer noch viele Fragen hatten“, erzählt Doris Fuhrmann, Geschäftsführerin der Awo Delmenhorst. Für Nicht-Deutsche sind teilweise eben selbst diejenigen Dinge schleierhaft, die für Deutsche selbstverständlich sind. So gibt es in vielen anderen Ländern etwa keine niedergelassenen Ärzte, sondern nur Krankenhäuser, in denen die Patienten zu dem entsprechenden Facharzt innerhalb der Klinik geschickt werden. In Deutschland hingegen – so müssen die Flüchtlinge vermuten – scheinen alle ein kleines Graecum zu haben, weil dort offensichtlich jeder weiß, dass Magenspiegelungen der Gastroenterologe und Röntgenaufnahmen der Radiologe durchführt.

15 Mitarbeiter, teilweise auch in Teilzeit, beantworten in der Betreuungseinrichtung die Fragen der Bewohner. „Elf unserer Mitarbeiter beherrschen auch die Sprachen unserer Klienten. Sie sind selbst Syrer, Bulgaren oder Serben“, sagt Fuhrmann. Sie beraten die Flüchtlinge und Zugewanderten nicht nur, sondern bieten ihnen auch Projekte an. „Dabei hat sich gezeigt, dass es sinnvoll ist, sie kurzfristig zu organisieren“, ist Einrichtungsleiterin Gabi Baumgart aufgefallen. „Zuerst haben wir Konzepte für ein Jahr im Voraus geplant, mussten dann aber feststellen, dass sie Antworten auf Fragen lieferten, die unsere Klienten mittlerweile gar nicht mehr hatten.“

So gibt es inzwischen beispielsweise weniger Angebote speziell für Frauen, sondern mehr für Familien. „Die Männer haben sich bei uns regelrecht beschwert, dass unser Kurs für interkulturelles Kochen nur für Frauen war“, erzählt Baumgart. „Früher war das wichtig, Frauen einen eigenen Raum zu bieten, um sie zu stärken. Aber jetzt sind sie hier weitestgehend angekommen und wollen lieber andere Familien kennenlernen.“

Denn neben Info-Abenden zu Themen wie „Weiterbildung und Universität“, „Schulsystem“ und „Sozialversicherung“ mit Übersetzungen auf Arabisch, Türkisch und Farsi bietet die Awo auch Veranstaltungen für „die schönen Dinge für Leib und Seele“ an, wie Fuhrmann es nennt. Beispielweise der bereits erwähnte Kochkurs. Davon unterscheidet sich ein Kurs namens „Interkulturelles Foodstyling“, den die Afghanin Zohre Dana anbietet. „Sie macht aus einer Melone ein Kunstwerk“, umreißt Baumgart die Inhalte des Kurses. An den Info-Abenden und Kursen können auch Deutsche teilnehmen.

Die Beratungen nehmen die Klienten recht unterschiedlich war. Einige kommen jede Woche, andere hatten nur ein einziges Mal eine Frage und brauchen dann erst einmal keine weitere Hilfe, hat Awo-Mitarbeiter Hanna Kas festgestellt. Der Syrer schätzt die Anzahl seiner Klienten auf 50.

Einer, der jeden Tag vorbeikommt, ist Mohammad Rahimi. Aber nicht, weil er sich täglich beraten lässt, sondern weil er an der beruflichen Teilqualifizierung im Malerhandwerk „Berufseinstieg kompakt“ teilnimmt. „Als wir hier eingezogen waren, war alles gelb, dunkel und dreckig“, beschreibt Baumgart den Zustand vor mehreren Jahren. „Mohammad und sein Ausbilder Klaus Seifert haben die Räume hier richtig aufblühen lassen.“ Und nicht nur das. Auch das Backen ist eine Leidenschaft des jungen Afghanen. „Wir haben mehrere Berufe ausprobiert, aber das Malerhandwerk kam richtig gut an“, erklärt Fuhrmann. „Außerdem bieten wir das Projekt auch für angehende Service-Assistenten an. Das ist ein Einstieg in die Pflege.“

Hin und wieder nutzt Rahimi das Beratungsangebot aber doch auch noch. Er ist gerade auf der Suche nach einer Wohnung und Kas sagt ihm, auf was er dabei achten sollte.

Nachdem die Flüchtlinge, die nach der Schließung der Fröbelschule zwischenzeitlich dort untergekommen waren, aus der Unterkunft ausgezogen waren und nach und nach dort die Beratungs- und Betreuungseinrichtung entstand, hat sich das Gebäude ein weiteres Mal verändert. „Die Stadt hat hier ganz schön was investiert“, betont Fuhrmann die gute Zusammenarbeit. Die Büroräume sind in einem Trakt entstanden, der zu Unterkunftszeiten nicht genutzt wurde. In dem Büro, in dem Kas gerade Rahimi berät, stehen außerdem sechs Arbeitsplätze. „Die sind nach Sprachen sortiert“, erläutert Baumgart. Außerdem gibt es verschiedene Seminarräume und weitere Büros. Hinter einer der Türen ist lautes Bohren und Hämmern zu hören. „Hier entsteht ein Werkraum für 'Berufseinstieg kompakt'“, sagt die Einrichtungsleiterin.

Aus den einstigen Zehn-Bett-Zimmern der Gemeinschaftsunterkunft wurden teilweise Abstellkammern, ein Beratungsraum und ein Kinderbetreuungszimmer. „Zur Not können wir dort aber auch wieder weitere Flüchtlinge unterbringen“, sagt Baumgart. „Doch eigentlich gibt es noch genug freie Plätze in der Unterkunft an der Breslauer Straße, der ehemaligen 'Rappelkiste'.“ Nichtsdestoweniger stehen in einer der Abstellkammern noch Betten. Die Gemeinschaftsküche ist weitestgehend so geblieben: „Die nutzen wir jetzt für unsere Koch- und Foodstyling-Kurse“, erläutert Baumgart. „Und unsere Klienten nutzen sie gerne als Treffpunkt.“

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