Die Inflation gilt als eine der Urängste der Deutschen. Sie wird im Juni voraussichtlich bei 7,6 Prozent liegen, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in einer ersten Schätzung mitteilte. Man merkt es an der Tankstelle, beim Blick auf die Nebenkostenabrechnung oder an der Kasse im Supermarkt – Benzin, Gas und Lebensmittel sind in den vergangenen Wochen teurer geworden. Ihre Ursache hat die gestiegene Inflationsrate unter anderem im Krieg in der Ukraine.
Eigentlich sollte die Inflation bei rund zwei Prozent liegen. Dies bezeichnet die Europäische Zentralbank (EZB) mittelfristig als ideal für die Konjunktur. Der EZB-Rat kündigte deshalb in seiner Sitzung am 9. Juni an, die Leitzinsen im Euroraum im Juli um 0,25 Prozentpunkte anheben zu wollen. Im September solle dann ein weiterer Zinsschritt folgen. "Es dauert jedoch, bis ein Effekt bei der Inflation da ist", erklärte Hartmut Arendt von der Bundesbank, die diese Woche im Rahmen einer deutschlandweiten Roadshow mit ihrem Ausstellungstruck auf dem Rathausplatz in Delmenhorst Halt gemacht hat. Arendt sprach vom einem "Timelag von ein bis anderthalb Jahren".
Wieso es so lange dauert, verdeutlichte der Fachmann an der Kettenreaktion, die durch die Zinserhöhung angestoßen wird. Zunächst sorge die Leitzinserhöhung dafür, dass Geschäftsbanken bei der Notenbank einen höheren Zins zahlen müssen. "Sie werden dann ihre Zinsen für Kunden erhöhen", erklärte Arendt. Angesichts dessen würden diese Kunden wiederum überlegen, ob sie tatsächlich einen neuen Kredit zu höheren Zinsen aufnehmen, um sich beispielsweise ein neues Auto zu kaufen. "Die Kreditnachfrage geht zurück. Dann wird auch weniger eingekauft. Es sinkt somit die Güternachfrage", erklärte der Fachmann. Das habe letztlich zur Folge, dass Unternehmen die Preise für ihre Güter nicht mehr erhöhen.