Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Bundestagswahl 2025 SPD in Delmenhorst mit einer Stimme vor der AfD

Die Bundestagswahl 2025 ist entschieden: Im Wahlkreis 28 hat CDU-Kandidat Bastian Ernst gewonnen. In Delmenhorst und den Kreisen Oldenburg und Wesermarsch wurde dabei jedoch sehr unterschiedlich gewählt.
24.02.2025, 14:19 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Gerwin Möller Kerstin Bendix-Karsten

Mit drei Bundestagsabgeordneten war der Wahlkreis 28 Delmenhorst/Landkreis Oldenburg/Wesermarsch in der vergangenen Legislaturperiode in Berlin vertreten. Damit ist es nun vorbei. Bei der Wahl am Sonntag schaffte nur der gebürtige Delmenhorster Bastian Ernst als Direktkandidat der CDU den Einzug in den Bundestag. Sowohl Christian Dürr (FDP) als auch Christina-Johanne Schröder (Grüne) scheiterten trotz guter Platzierungen auf den jeweiligen Landeslisten.

Gegen 22.37 Uhr hatten am Sonntag alle 328 Wahllokale des Wahlkreises 28 die Stimmzettel ausgezählt. Danach stand fest, was sich bereits den ganzen Abend über angedeutet hatte: Der CDU-Kandidat Bastian Ernst holt das Direktmandat mit 29,29 Prozent vor dem zweitplatzierten SPD-Bewerber Hamza Atilgan (26,49 Prozent). "Die Freude ist riesig", kommentierte Ernst das Wahlergebnis gegenüber dem DELMENHORSTER-KURIER. Er tritt damit in die Fußstapfen von Astrid Grotelüschen, die vor ihrem Rückzug aus der Bundespolitik bei den Bundestagswahlen 2009, 2013 und 2017 dreimal hintereinander den Sieg holte. Sie gehörte auch zu den ersten Gratulanten auf der CDU-Wahlparty in der Alten Bülterei in Ganderkesee.

Freude bei der CDU, aber mit Wermutstropfen

Der CDU-Kreisverband sieht sich durch den Sieg in seiner Wahl des Direktkandidaten bestätigt. "Wir hatten gehofft, dass es funktioniert", erklärte der Vorsitzende André Tiefuhr im Gespräch mit unserer Redaktion. Selbstbewusst ergänzte er: "Das war abzusehen." Dass sein Sieg keine Selbstverständlichkeit gewesen sei, betonte unterdessen Ernst. Getrübt wurde seine Stimmung lediglich durch die guten Ergebnisse der AfD – sowohl bei den Erst- als auch Zweitstimmen. „Das ist eine Katastrophe. Da müssen wir uns alle an die Nase fassen“, merkte er an.

Zu verdanken hat der CDU-Mann seinen Sieg vor allem den Wählern im Landkreis Oldenburg. Dort holte Ernst bei den Erststimmen 31,48 Prozent und lag damit mehr als sieben Prozentpunkte vor Atilgan und fast 15 Prozentpunkte vor AfD-Direktkandidat Kay-Helge Kanstein. Betrachtet man die Stadt Delmenhorst, sieht es hingegen etwas anders aus. Dort siegte Ernst nur mit knappem Vorsprung (27,32 Prozent) vor dem SPD-Mann (26,12 Prozent) und AfD-Mann (23,93 Prozent). In der Wesermarsch hatte der SPD-Kandidat aus Nordenham sogar die Nase vorn. Atilgan kam dort bei den Erststimmen auf 31,08 Prozent, Ernst nur auf 27,34 Prozent.

In Delmenhorst liegen drei Parteien dicht beisammen

Ähnlich wie bei den Erststimmen sieht es auch bei den Zweitstimmen aus. Im gesamten Wahlkreis 28 liegt die CDU mit 26,13 Prozent (plus 3,53 Prozentpunkte gegenüber 2021) vor der SPD mit 23,81 Prozent (minus 10,49 Prozentpunkte) und der AfD mit 19,53 Prozent (plus 11,53 Prozentpunkte). In der Delmestadt lieferten sich die drei Parteien indes ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Auf jeweils 23,70 Prozent kamen SPD und AfD. Am Ende hatten die Sozialdemokraten (9942 Stimmen) genau eine Stimme mehr als die AfD (9941 Stimmen). Die CDU holte 23,24 Prozent und landete auf dem dritten Platz. Im Landkreis Oldenburg liegt die CDU hingegen mit 28,46 Prozent klar vor der SPD mit 22,07 Prozent und der AfD mit 17,26 Prozent. In der Wesermarsch ist es genau umgekehrt. Dort landet die SPD mit 26,64 Prozent vor der CDU (24,66 Prozent) und der AfD (19,95 Prozent).

Lange hatte SPD-Mann Atilgan am Sonntagabend auf der Wahlparty im Kulturzentrum Begu in Lemweder auf ein Wunder gehofft. Doch das blieb am Ende aus. Als Grund sieht Atilgan auch den kurzen Wahlkampf, er wurde erst im Dezember von seiner Partei aufgestellt. Das schlechte Ergebnis der SPD erklärt er sich mit den weltweiten Krisen und der ungleichen Vermögensverteilung in Deutschland. Das habe einen Vertrauensverlust verursacht – zuungunsten der regierenden SPD.

Delmenhorsts SPD-Chef Lars Konukiewitz gesteht die bittere Niederlage seiner Partei ein, "der CDU ist zu gratulieren". Für die Stadt Delmenhorst sei wie schon zur Europawahl festzustellen, dass SPD, CDU und AfD drei ähnlich große Balken im Diagramm bilden. Um wieder nach vorne zu kommen, die nächste Abstimmung ist die Kommunalwahl, müssten bei der SPD jetzt die Weichen gestellt werden.

Christina-Johanne Schröder, Bundestagsabgeordnete der Grünen, billigt Friedrich Merz zu, von den Wählern einen Auftrag erhalten zu haben. Und zwar den, die Gesellschaft nicht weiter zu spalten. Den Grünen attestiert sie, nur geringe Verluste zu verzeichnen. „Wir werden wahrgenommen als eine verantwortungsvoll agierende Partei“, sagte die 41-Jährige aus Berne. Im Wahlkreis 28 liegt sie bei den Erststimmen mit 9,82 Prozent auf dem vierten Platz. Bei den Zweitstimmen erreichen die Grünen 10,01 Prozent. Lange sah es für Schröder gut aus, dass sie ihr Mandat fürs Parlament verteidigen kann. Am Ende ist sie jedoch denkbar knapp gescheitert. Über die Landesliste ziehen die ersten acht der Grünen in den Bundestag ein. Schröder steht auf Platz neun.

Delmenhorster FDP ist schlecht auf Berlin zu sprechen

Besonders bitter verlief der Wahlabend für die FDP und ihren Direktkandidaten Christian Dürr, der bei den Erststimmen auf 5,56 Prozent kommt. 4,91 Prozent erzielen die Liberalen im Wahlkreis 28 bei den Zweitstimmen. Kommentieren wollte dieses Ergebnis am Wahlabend offenbar niemand, per Handys war niemand zu erreichen. Am Morgen danach beklagte FDP-Kreischef Claus Hübscher eine Wählerwanderung von der FDP zur AfD von rund 800.000 Stimmen. Hübscher ist auf die Parteiführung schlecht zu sprechen, er beklagt Fehler beim Verlassen der Ampelkoalition. Auch die Zustimmung zur Merz-Initiative, als AfD-Stimmen fürs Thema Abweisung von Flüchtlingen in Kauf genommen wurden, kritisiert Hübscher. "Die Grube, in die die FDP gestürzt ist, haben die Berliner uns gegraben", sagt er verärgert. In die Bezeichnung "Berliner" schließt er Parteichef Christian Lindner genauso ein wie den Ganderkeseer Christian Dürr.

Nicht gereicht hat es auch für den Ganderkeseer Carsten Jesußek, der bei der Bundestagswahl für die Freien Wähler als Direktkandidat im Wahlkreis 28 angetreten ist. Mithilfe von drei Direktmandaten wollte die Partei in Fraktionsstärke in den Bundestag einziehen – und mit ihr Jesußek, der in Niedersachsen auf Listenplatz eins stand. Doch der Plan scheiterte. Selbst Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger landete in seinem Wahlkreis nur auf Platz drei.

Linke blicken hämisch auf BSW

Nicht im Bundestag sitzen wird ebenfalls Christian Suhr, Bundestagskandidat der Linke im Wahlkreis 28. Denn der Huder war von seiner Partei nicht über einen Listenplatz abgesichert. Trotzdem blickte er zufrieden auf das Wahlergebnis. Bei den Zweitstimmen liegt seine Partei im Wahlkreis 28 bei 7,40 Prozent. Die Linke habe von einer hohen Wahlbeteiligung profitiert. Im Wahlkreis 28 lag diese bei 82,25 Prozent. Überhaupt registriert Suhr hohe Zustimmungswerte für seine Partei, im Kreisverband Oldenburg/Delmenhorst habe sie ihren Mitgliederbestand von Dezember bis zum Wahltag verdoppeln können. Der neugewählte Bundestag müsse transparenter werden in seinen Entscheidungsfindungen. Hämisch ist sein Blick aufs Bündnis Sahra Wagenknecht: „Zuerst sah es so aus, als habe das BSW der Linken den Rang abgelaufen“, am Ende habe es für seine Partei gereicht.

Zu den Gewinnern des Wahlabends gehörte AfD-Direktkandidat Kay-Helge Kanstein, obwohl er ebenfalls nicht in den Bundestag einziehen wird. „Ich bin unheimlich stolz auf das Ergebnis", erklärte er im Gespräch mit unserer Redaktion. Damit habe er nicht gerechnet. Er selbst sei davon "ein bisschen geplättet". Das Ziel sei gewesen, mit der SPD auf Augenhöhe zu kommen, das habe er in Delmenhorst geschafft.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)